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Dunkle Visionen

Dunkle Visionen

Titel: Dunkle Visionen
Autoren: Heather Graham
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immer geliebt hatte. Immer. Und Madison wusste, dass er
sie
ebenfalls liebte.
    Wie Roger und Kyle hatte auch Jordan Tränen in den Augen.
    Dann hörte sie die Sirenen. Und sah, wie sich das Foyer wenig später mit Polizisten füllte. Roger ging weg. Sie sah noch mehr Leute aus ihrer Familie, ihre Schwester und ihre Stief- und Halbgeschwister, die betreten im Wohnzimmer herumstanden.
    Die Mädchen, Jassy und Kaila. Jassy, die Tochter ihres Vaters aus erster Ehe, war hübsch und zierlich, eine dunkeläugige Blondine. Kaila war Madisons einzige richtige Schwester. Sie und Kaila hatten genau wie Lainie rote Haare und blaue Augen.
    Ihre anderen Brüder waren ebenfalls anwesend. Trent, der Sohn ihres Vaters aus zweiter Ehe, hatte sandfarbenes Haar und Jordans durchdringende dunkle Augen. Rafe, Rogers Sohn aus erster Ehe, war zwanzig und vom Typ her völlig anders als Roger und Kyle; seine Augen waren silbergrau und sein Haar schimmerte in einem nordischen Blond. Wie alle anderen stand auch er blass und schweigend da, mit erschrockenem Gesichtsausdruck und Tränenspuren auf den Wangen.
    Kaila, die nur ein Jahr jünger war als Madison und ihr wie ein Ei dem anderen glich, begann plötzlich laut aufzuschluchzen. Ihre Knie gaben nach, aber Rafe legte fürsorglich einen Arm um sie, bevor sie hinfallen konnte.
    Plötzlich fiel Madison alles wieder ein.
    Sie schrie und schrie und fing an zu zittern. Im Haus waren Sanitäter, und noch während sie schrie und herumstotterte und hysterische Erklärungen abzugeben versuchte, kam irgendjemand mit einer Spritze und stach ihr die Kanüle in die Armbeuge. Sie hörte, wie jemand sagte, dass sie jetzt auf keinen Fall von der Polizei vernommen werden könnte und selbst wenn, was hätte es noch für einen Sinn? Dann begann das Beruhigungsmittel zu wirken, und wieder senkte sich Dunkelheit auf sie herab.
    Diesmal wachte sie im Haus ihres Vaters auf. Kyle saß auf ihrer Bettkante. Sie hörte ein leises Schluchzen aus dem Zimmer nebenan. Eine ihrer Schwestern.
    „Meine Mutter ist tot“, flüsterte sie.
    Überrascht hob Kyle den Blick. Er schaute sie mitfühlend an und nickte.
    „Irgendjemand hat sie getötet, Madison. Es tut mir so Leid. Dein Dad ist drüben bei Kaila, aber ich kann ihn holen, wenn du …“
    „Ich habe es gesehen, Kyle.“
    Er verengte die Augen.
    „Ich habe es
gesehen
.“
    „Was meinst du damit, du hast es gesehen? Du warst im Flur. Ist der Mörder an dir vorbeigerannt? Hast du gesehen, wer es getan hat?“
    Sie schüttelte den Kopf und suchte nach den richtigen Worten, um das zu beschreiben, was sich ereignet hatte. Die Tränen schossen ihr in die Augen. „Sie hatte Angst, schreckliche Angst. Sie sah das Messer. Ich sah es auch. Ich spürte es.“
    „Madison, du warst etliche Meter von ihrem Zimmer entfernt, als wir dich fanden. Warst du denn bei ihr drin?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Dann kannst du auch nichts gesehen haben.“
    „Doch. Ich habe das Messer gesehen.“
    „Und wer hat sie getötet?“
    „Das weiß ich nicht. Ich konnte das Gesicht nicht erkennen. Ich habe nur das Messer gesehen. Wie es runtersauste. Und ich habe es gespürt. Ich konnte spüren, wie es sie durchbohrte.“ Sie begann wieder zu zittern und in sich hineinzuschluchzen. Ihre Mutter war umgebracht worden, und es fühlte sich an, als ob sich eine Million winzig kleiner Messer in ihr Herz bohrten. Lainie war egoistisch gewesen und eigensinnig und rücksichtslos, aber sie war ihre Mutter gewesen, diejenige, die sie gehalten, die sie umsorgt, die mit ihr gelacht hatte, die den Kopf über sie geschüttelt und sich die Zeit genommen hatte, im letzten Februar mit ihrer Schulklasse aus Pfeifenreinigern rote Herzchen für den Valentinstag zu basteln. Ihre Mutter war tot, und sie glaubte nicht, dass sie das ertragen konnte.
    Kyle sagte jetzt nichts mehr. Er saß auf ihrer Bettkante und nahm sie ungeschickt in den Arm, während sie weinte. Irgendwann kam ihr Vater und löste Kyle ab, und sie weinte immer noch. Sie versuchte, ihrem Vater zu sagen, dass sie das Messer gesehen, dass sie gespürt hatte, wie Lainie gestorben war.
    Ihr Vater war sanft und zärtlich, und er tat so, als ob er ihr glaubte, aber sie wusste, dass er es nicht tat.
    In den nachfolgenden Tagen und Wochen setzte die Polizei alles daran, den Mordfall aufzuklären. Man unterzog Lainies Ehemann sowie ihren Ex-Ehemann endlosen Verhören, weil es nach Meinung der Polizei durchaus wahrscheinlich war, dass einer von beiden der
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