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Dunkle Verlockung (German Edition)

Dunkle Verlockung (German Edition)

Titel: Dunkle Verlockung (German Edition)
Autoren: Nalini Singh
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beobachten. Jessamy musste anerkennen, dass der neue Erzengel mit ehrfurchtgebietender Pracht an die Macht gekommen war.
    Im hohen Norden , schrieb sie, tanzen im Winter die Farben am Himmel. Aber als Michaela ihre volle Stärke erreichte, tanzte der Himmel auf der ganzen Welt, über den Tropen ebenso wie über der Zufluchtsstätte, bei Nacht ebenso wie am helllichten Tag. Kräftiges Indigo, leuchtendes Rubinrot, irisierendes Grün. Die Farben verwandelten die Welt in einen Traum.
    Natürlich hatte es auch andere Entwicklungen gegeben, die im Vergleich dazu kleiner, aber nicht weniger wichtig gewesen waren. Sie schrieb sie mit der Distanz der Historikerin nieder, obwohl ihre Seele über einiges, was sie zu Papier bringen musste, stumme Tränen vergoss. Aber sie waren eine langlebige Spezies, Verlust und Trauer gehörten ebenso zu ihrer Geschichte wie die Freude.
    Ihr eigenes sehnsüchtiges Verlangen wuchs. Tag für Tag suchte sie den Himmel nach Galens charakteristisch gestreiften Flügeln ab, obwohl sie wusste, dass er sich mit Raphaels Männern und Frauen auf einem winterlichen Marsch befand, um die Krieger unter den rauesten Bedingungen zu trainieren.
    »Jessamy.«
    Sie hielt im Schreiben inne, nahm die Feder vom Papier und blickte in das hagere Gesicht eines Engels, der fünfhundert Jahre älter war als sie. Er war kein schöner Mann, hatte jedoch die Art von überwältigender Ausstrahlung an sich, die von Zeit und Erfahrung zur Perfektion geschliffen wurde. »Ja?«
    Er streckte ihr die Hand entgegen. »Ich möchte dich an den Himmel tragen.«
    Galen wollte den Frühling am liebsten aus dem Boden stampfen, auch wenn es ihm nichts genützt hätte. Noch mindestens eine weitere Jahreszeit würde er in diesem Territorium verbringen müssen, denn er wollte sichergehen, dass seine Soldaten umsetzen konnten, was er ihnen beigebracht hatte. »Ich werde wiederkommen, wenn es nötig ist«, sagte er zu Raphael, während er an den Klippen auf und ab lief, die sich auf einer Insel jenseits des mächtigen, tosenden Flusses erhoben und einen klaren Blick auf den Turm boten. »Aber ich möchte in der Zufluchtsstätte stationiert werden.«
    »Dagegen habe ich nichts einzuwenden«, sagte Raphael. »Ich brauche mindestens einen meiner hochrangigen Vertrauten, der dauerhaft dort ist.«
    Das Vertrauen zwischen ihnen war gewachsen und hatte eine tiefe Bindung geschaffen. Dennoch fragte sich Galen, ob Raphael ihn in der Zufluchtsstätte unauffällig beobachten lassen würde, weil er nun so viel Macht hatte. Er jedenfalls hätte es getan, und das sagte er Raphael geradeheraus. Der Erzengel hob eine Braue. »Du stärkst mich, Galen. Das macht dich zu einem Angriffsziel. Sei vorsichtig.«
    »Niemand wird mich jemals überrumpeln.« Das war keine Arroganz – er kannte seine Stärken ebenso gut wie seine Schwächen. Dank Jessamy, Dmitri, Jason und Raphael war er nicht mehr ganz unbedarft darin, die raffinierten politischen Intrigen, die selbst einen Unsterblichen das Leben kosten konnten, zu erkennen und geschickt abzuwenden.
    Ein Windstoß blies Raphael das Haar aus dem Gesicht. »Illium wird mit dir zurückfliegen. Er geht ein vor Kummer, wenn er so weit von seiner Sterblichen entfernt ist.«
    »Wäre es nicht besser, ihn hierzubehalten?«
    »Würdest du so entscheiden?«
    Galen dachte an sein reißendes Verlangen, bei Jessamy zu sein, und stellte sich vor, er wüsste, dass ihre Existenz in kaum mehr als einem Wimpernschlag verlöschen würde. »Nein. Es wäre grausam.« Wenn Illium nur diesen Wimpernschlag hatte, sollte er uneingeschränkt ihm gehören.
    Raphael schwieg, aber Galen wusste, dass er ihm zustimmte. Der Erzengel trug zwar eine Form von Grausamkeit in sich, die mit seiner immensen Macht einherging, aber er war auch zu einer Treue fähig, die den Krieger in Galen ansprach. Von diesem Erzengel brauchte Galen kein Messer im Rücken zu erwarten.
    »Tanae«, sagte der Erzengel einige Zeit später, »hat um Erlaubnis gebeten, mein Territorium zu betreten.«
    »Verstehe.« Als Galen in diese blauen Augen blickte, die er sonst bei keinem Sterblichen oder Unsterblichen gesehen hatte, erkannte Galen, dass Raphael die Bitte gewährt hatte.
    Als seine Mutter im Turm eintraf, war sie noch immer die gleiche Frau, die gleiche Kriegerin wie immer, aber er sah sie nun mit anderen Augen.
    Sie stand plötzlich einem Mann gegenüber, der in keinerlei Hinsicht ihre Unterstützung brauchte, schrieb er der Frau, die ihn gelehrt hatte, dass er so,
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