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Dunkle Verlockung (German Edition)

Dunkle Verlockung (German Edition)

Titel: Dunkle Verlockung (German Edition)
Autoren: Nalini Singh
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waren überaus schön, der Himmel am Tage kristallklar und des Nachts mit funkelnden Diamanten übersät. Jessamy verbrachte diese Jahreszeit in den Armen eines Kriegers, der ihr täglich zuflüsterte, dass sie alles für ihn war. Dennoch fiel es seinem verwundeten Herzen so schwer, zu begreifen, dass ihre Liebe zu ihm nicht der flackernden Flamme einer Kerze glich, sondern so dauerhaft war wie die Sonne.
    Dann kamen die ersten zarten Knospen des Frühlings. Jessamy seufzte von Herzen auf, als sie die Welt zu neuem Leben erwachen sah, aber es war auch eine schwere Zeit, weil sie Abschied von ihren Freunden nehmen musste, die sie im Turm gefunden hatte. Schwer, aber nicht schmerzlich, denn nun war sie nicht mehr in der Zufluchtsstätte eingesperrt, und dadurch war dieser Ort für sie kein Gefängnis mehr, sondern ihr richtiges Zuhause.
    Am Morgen ihres Aufbruchs küsste ihr Trace die Hand, als niemand sie beobachtete. »Wenn du je genug von ihm haben solltest, brauchst du deine reizenden Augen nur in meine Richtung zu wenden.« Schamlose Worte, die aber echte Wärme ausdrückten.
    »Danke für deine Freundschaft.« Er war ein wichtiger Schritt auf ihrem Weg gewesen, und sie würde ihn nie vergessen. »Wenn du das nächste Mal in der Zufluchtsstätte bist, wirst du mich besuchen.«
    »Nur wenn du deinem Barbaren die Waffen abnimmst und ihn zur Sicherheit festbindest.«
    Bei der Erinnerung an dieses Gespräch musste sie lächeln, als sie sich kurz darauf auf die Zehenspitzen stellte, um mit den Lippen Raphaels Wange zu streifen. »Ich werde dein Land wieder besuchen kommen. Es hat jetzt einen Platz in meinem Herzen.«
    »Warte diesmal nicht so lange.« In seinen unerbittlich blauen Augen lag ein düsterer Hauch von Kummer, und sie wusste, dass er über ihren Abschied traurig war, dieser erbarmungslose Erzengel, den sie einst in den Arm genommen hatte, wenn er mit angeschlagenen Knien zu ihr gekommen war. »Die Stadt wird wachsen, aber solange ich hier herrsche, wird es dir freistehen, den Himmel und die Ländereien in der Umgebung des Turms zu erkunden.« Er ließ sie los, und sie trat zurück – in die Arme des Mannes, der sie nach Hause fliegen würde. »Pass gut auf sie auf, Galen.«
    Galen antwortete nicht, seine Miene machte deutlich, dass diese Anweisung keine Antwort verdiente. Raphael lachte, und in diesem seltenen Klang lag das verblassende Echo des winzigen, blauäugigen Jungen, der das geliebte Kind zweier Erzengel war. Neben ihm stand stumm und wachsam Dmitri. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, und ausnahmsweise erreichte es auch seine Augen. »Gute Reise.«
    Unmittelbar nach Dmitris Worten sausten die beiden Engel vom Dach des Turms hinunter und wurden von zwei Engelsgeschwadern in perfekter Formation zur Grenze eskortiert. Wenngleich Jessamy der augenscheinliche Grund für diese Vorführung war, wusste sie doch, dass eigentlich der Respekt gegenüber Galen die Staffel antrieb. Ihr Herz war erfüllt von Stolz auf diesen Mann, ihren Mann, der sich seinen Platz erkämpft hatte – allen zum Trotz, die versucht hatten, ihn zu ersticken und zu zerstören.
    Seine Mutter hatte erneut geschrieben. Sie hatte ihn wieder dazu gedrängt, in Titus’ Land zurückzukehren und die schlechtere Position anzunehmen, um dort »seine Fähigkeiten zu verbessern«. Dieser subtile Angriff auf Galens Selbstvertrauen hatte Jessamy in Rage versetzt, doch er hatte nur den Kopf geschüttelt und gesagt: »Sie hat Angst, Jess.« Das tiefe Verständnis in seinen Augen hätte all jene überrascht, die nur seine harte, ungehobelte Oberfläche kannten.
    Also hatte sie ihre eigene Wut unterdrückt und die Hand an seine Wange gelegt. »Möchtest du sie sehen?« Tanae war seine Mutter – Jessamy konnte dieses emotionale Bedürfnis verstehen, zumal sie selbst ein Kind war, das seine Eltern trotz des oftmals schmerzlichen Schweigens zwischen ihnen liebte.
    »Ja.« Eine ruhige Kraft ging von ihm aus, als er den Brief beiseitelegte. »Aber ich werde ihrer Anerkennung nicht mehr hinterherjagen. Sie kann ihren Stolz überwinden und zu mir kommen.«
    Während des Fluges hoffte Jessamy, dass Tanae eines Tages ihren Stolz hinunterschlucken würde, denn auch wenn Galen ihre Anerkennung nicht mehr brauchte, so liebte er sie noch immer.
    »Jess.« Sein warmer Atem, seine vertraute Stimme. »Sieh nur.«
    Sie senkte den Blick und sah im Licht der ersten Sonnenstrahlen einen verschneiten Gebirgszug zum Leben erwachen, der Schnee schien sich unter den
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