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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie
Autoren: Nuala O'Faolain
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umschloss, war spindeldürr gewesen. Und für mich kam jetzt wieder die schwerste Lektion, welche die Zeit uns lehrt: dass die anderen so wenig helfen können, wenn einem das Herz wehtut. Ich konnte nicht zu Leo sagen: Bitte, trauere doch mit mir darüber, dass Liebhaber älter werden. Ich konnte nicht sagen: Wenn ich dir so nahe bin, sehne ich mich verzweifelt nach jemandem, dem ich wirklich nahe sein kann.
    Man muss erwachsen werden. Man darf anderen keinen Schmerz zufügen.
    Das war mein Problem. Ganz allein trug ich die Erinnerung an all das, was früher gewesen war. Die Erinnerung daran, wie viel Glanz und Schönheit ich mir für die Welt ausgedacht hatte,
als ich noch jung war und glaubte, dass ich durch die Leidenschaft der Sinne das Reich der Unendlichkeit betreten könnte. Damals kam es mir manchmal so vor, als würde ich von der Erde abheben, ins Universum aufsteigen und vor lauter Wesenheit leuchten. Ich hatte nie gefragt, wer oder was ich war. Ich hatte alles für möglich gehalten.
    Ach, gib es mir zurück!, flehte ich in den stummen, schattendunklen Raum. Ach, gib es mir zurück! Gib mir mein Leben zurück, damit ich es noch einmal leben kann, mit dem Wissen, das ich jetzt habe. Gib mir noch einen Anfang.
    Das Telefon neben mir setzte zum Klingeln an, und ich nahm ab, bevor es Leo aufweckte.
    »Ja, hallo?«, flüsterte ich.
    »Rosie, was ist denn mit dir los?«, rief Min in den Hörer. »Hat die Katze deine Zunge verschluckt?«
    Bell sprang von meinem Schoß herunter. Bestimmt hatte sie die Stimme ihrer eigentlichen Chefin erkannt.
    Min wollte unbedingt ein bisschen Klatsch und Tratsch hören. Sie behauptete, niemand habe ihr irgendetwas erzählt. Folgende Punkte fand sie besonders spannend: a) Wer war auf der Beerdigung? b) Wie viele Leute waren es insgesamt? c) Wie ging es Peg?
    Die Antwort auf a) lautete: Alle. Die Antwort auf b): Sehr, sehr viele.
    Ja, die Öffentlichkeit in Kilbride war einigermaßen entsetzt gewesen, als sich herausstellte, dass Mr. Colfer das Haus seinen drei Kindern zu gleichen Teilen vermacht hatte. Pegs Schwester und Bruder boten es bereits zum Verkauf an, ehe ihr Vater unter der Erde war. Ein Schild stand im Garten, als der Trauerzug dort vorbeikam.
    »Nein!« Min konnte es nicht fassen.
    »Aber Peg hat das alles sehr gut gelöst. Sie hatte ja schon einen Anwalt – sie wollte Monty verklagen, weil er ihr Leben
ruiniert hat. Aber dann hat sie sich mit ihm darauf geeinigt, dass die Arbeiter den Bungalow beim Flughafen im Eiltempo fertigstellen, und er hat ihr das Haus überschrieben. Sie hat sämtliche Möbel aus Colfers altem Haus mitgenommen, damit ihr Bruder und ihre Schwester sich nirgends hinsetzen können. Jetzt wohnt sie in dem neuen Haus, und mein Hund ist draußen bei ihr. Sie überlegt, ob sie gerichtlich gegen Monty vorgehen soll, weil er sein Heiratsversprechen nicht gehalten hat, was ich ja nicht besonders emanzipiert finde, aber sie hat zu Tessa gesagt, bei diesem Mann ist ihr nichts zu primitiv. Du wirst es nicht glauben, aber sie hat die Adresse der neuen Ehefrau herausgefunden und ihr geschrieben, sie soll aufpassen, weil Monty immer solche Blähungen hat. Das hat sie jedenfalls Tessa erzählt.«
    »Weil er was hat?«, fragte Min.
    Jetzt hatte ich ein Problem – ich konnte Min gegenüber nicht das Wort »furzen« benutzen.
    »Du weißt schon.« Ich suchte nach einer Umschreibung. »Wenn man Bohnen isst – und dann gibt man Geräusche von sich.«
    Schweigen.
    »Es kommen Gase aus dem Körper«, fuhr ich verzweifelt fort. »Verstehst du?«
    »Das hat Peg der Frau geschrieben?«, fragte Min ungläubig. »Aber sie ist doch eine Dame!«
    »Zurzeit überhaupt nicht. Als Monty ihr im September gesagt hat, dass es aus ist zwischen ihnen, da hat sie eine Wespe in eine Streichholzschachtel gesteckt und ihm geschickt, und die Wespe kam rausgeflogen und hat Reeny gestochen. Das hat mir Reeny bei der Beerdigung erzählt. Peg hat ein Stückchen Thunfisch in die Schachtel getan, damit die Wespe nicht verhungert.«
    Min seufzte wehmütig. »Daheim passieren immer die tollsten Sachen.«
    »Und – wie sieht’s bei euch aus?«

    »Markey ist komplett verrückt!«, antwortete sie fröhlich. »Mir fallen die Füße ab. Hast du das gewusst – als das Zentrum von Seattle immer wieder überschwemmt war, haben sie einfach ein neues Zentrum über das alte gebaut und das alte darunter gelassen. Sie haben sich nicht die Mühe gemacht, die Gebäude abzureißen. Das ist alles noch da,
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