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Dunkle Symphonie der Liebe

Dunkle Symphonie der Liebe

Titel: Dunkle Symphonie der Liebe
Autoren: Christine Feehan
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Palazzo hineinkam. Dass sie
ihn nie fragte, wie es ihm gelang, in ihr Haus und ihr Musikzimmer
einzudringen, zeugte von ihrer Besessenheit.
    Antonietta merkte es immer
sofort, wenn Byron den Raum betrat, obwohl er nie ein Geräusch machte. Ihre
Familie ahnte nicht, wie oft er spät am Abend in ihrem Musikzimmer erschien und
bis in die frühen Morgenstunden bei ihr blieb. Er redete kaum, sondern hörte
ihr einfach nur zu, aber manchmal spielten sie auch Schach oder unterhielten
sich über Bücher oder das Tagesgeschehen. Diese Stunden, in denen sie mit ihm
zusammensaß und dem Klang seiner Stimme lauschte, liebte sie am meisten.
    Er hatte sehr gute, fast schon
altmodische Manieren und sprach einen Akzent, den sie nicht richtig einordnen
konnte. In ihrer Phantasie malte sie sich aus, er wäre ein ritterlicher Prinz,
der ihrem Ruf folgte, wann immer sie sich von ihrer mädchenhaften
Vorstellungskraft mitreißen ließ. Er fasste sie so gut wie nie an, hatte aber
nichts dagegen, wenn sie ihn berührte, um seinen Gesichtsausdruck zu ertasten.
Jedes Mal, wenn er sich mit ihr in einem Raum aufhielt, raubte er ihr den Atem.
    Die Musik schwoll unter ihren
Fingern zu einem Crescendo aufgewühlter Emotionen an. Byron. Der Freund ihres
Großvaters. Der Rest ihrer Familie beäu gte ihn mit Argwohn und verhielt sich
ihm gegenüber eher zurückhaltend, wenn nicht sogar unfreundlich. Die meisten
ihrer Verwandten verließen den Raum, wenn er eintrat. Sie hielten ihn
anscheinend für gefährlich, und Antonietta musste sich insgeheim eingestehen,
dass sie Recht haben könnten, obwohl er zu ihr nie anders als sanft und
liebenswürdig war. Sie spürte das Raubtier, das sich hinter Byrons ruhiger
Fassade verbarg, das auf der Lauer lag, alles beobachtete, abwartete, bevor es
zuschlug. Dieser Eindruck übte einen nur noch größeren Reiz auf sie aus. Byron
- ihr unerreichbarer Traum. Der gefährliche dunkle Prinz, der im Schatten
lauerte ... und sie beobachtete.
    Antonietta musste über den
Unsinn lachen, den sie sich zusammenreimte. Nach außen präsentierte sie der
Welt ein bestimmtes Bild von sich, das der selbstbewussten, berühmten
Konzertpianistin und Komponistin. Sie träumte Träume voller Leidenschaft und
verwandelte jeden einzelnen davon in die ergreifenden Klänge ihrer Musik, um
das Feuer auszudrücken, das tief in ihrem Inneren brannte, wo niemand es sehen
konnte.
    Ihre Finger jagten über die
Tasten, flatterten und schmeichelten, um der Musik ein Eigenleben zu einzuhauchen.
Was dann geschah, kam ohne jede Vorwarnung. Einen Moment noch war sie völlig in
ihre Musik vertieft, und im nächsten presste sich eine derbe Hand auf ihren
Mund und zerrte sie von der Klavierbank.
    Antonietta kippte nach hinten
über, holte aber trotzdem mit beiden Händen aus, um das Gesicht ihres
Angreifers zu treffen. Erst jetzt fiel ihr auf, wie bleiern ihr Körper war,
schwer und kaum in der Lage, ihren Anweisungen zu folgen. Statt fest
zuzuschlagen, ruderte sie hilflos mit den Händen in der Luft. Sie hatte den
Eindruck, dass ihr Gegner sehr kräftig war und nach Alkohol und Pfefferminz
roch. Er drückte ihr einen Lappen auf Mund und Nase.
    Antonietta würgte und schlug um
sich, um dem übelriechenden Lumpen zu entkommen. Sie konnte sich nicht mehr richtig
bewegen; ihr war schwindelig und schwarz vor Augen, als würde sie gleich in
Ohnmacht fallen. Sofort gab sie ihre Versuche, sich zu wehren, auf und sackte
wie eine Stoffpuppe in sich zusammen, um den Eindruck zu erwecken, das
Bewusstsein bereits verloren zu haben. Das Tuch wurde weggenommen, und ihr
Angreifer hob sie hoch.
    Sie spürte, dass sie getragen
wurde und dass der Mann schwer atmete. Dass ihr Herz wie verrückt hämmerte.
Dann waren sie draußen in der Kälte und dem schneidenden Wind. Die See toste
und krachte laut an die Felsen, und feine Gischt besprühte ihr Gesicht.
    Es dauerte ein paar Momente,
ehe sie merkte, dass sie nicht alleine waren. Sie hörte eine Männerstimme,
undeutlich und unzusammenhängend. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Ihr
Großvater, zweiundachtzig Jahre alt und sehr gebrechlich, wurde mit ihr
zusammen den Weg zur Klippe hinaufgeschleppt. Antonietta, die fest entschlossen
war, nicht zuzulassen, dass ihm etwas zustieß, wappnete sich innerlich, indem
sie tief einatmete, um ihre Lungen mit Sauerstoff zu füllen, und sammelte ihre
Kräfte. Im Geist begann sie, sich seinen Namen wie ein Gebet vorzusagen, eine
Litanei der Stärke: Byron. Byron. Ich brauche dich.
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