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Dunkle Spiegel

Dunkle Spiegel

Titel: Dunkle Spiegel
Autoren: M Rucket
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jetzt und hier noch stehen zu dürfen, anstatt leblos und mit einer Kugel im Kopf dort unten zu liegen.
    Doch meine Freude darüber, dass ich noch lebte, sollte sich schon im nächsten Augenblick in blankes Entsetzen verwandeln. Denn erst jetzt erkannte ich, was das für eine Pistole war, die er da umklammert hielt: es war meine eigene! Er musste sie dort unten im Werkskeller gefunden und an sich genommen haben.
    Nur langsam begriff ich die Ausmaße meines Glücks, denn ich hatte noch nie eine Fehlzündung bei meiner Waffe gehabt! Nicht in all diesen Jahren!
    Bei dem Gedanken wurden mir die Knie ganz weich.
    Langsam ließ ich meinen Blick über den Parkplatz gleiten, und entdeckte jetzt auf der linken Seite eine andere Gestalt, die dort am Boden lag, sich aber gerade langsam aufrichtete.
    Ramirez.
    Sein Gesicht war schmerzverzerrt, doch als sein Blick Gumblers Körper und dann mich erfasste, grinste er sogar und hob sogar den Daumen in die Höhe, wie er es in dieser Nacht schon einmal getan hatte.
    Ich wollte schon aus der Tür treten und zu meinem Freund gehen, als dieser plötzlich ruckartig den Blick abwandte und ernst an mir vorbei starrte. Dann erst vernahm ich verschwommen das Knirschen von Kieselsteinen und sah nach rechts. Dort stand in einigem Abstand, und etwas von den Bäumen verdeckt, ein roter Pickup, dessen Fahrertür offen stand. Direkt daneben kniete im Schatten eines kräftigen Baumes ein Mann. Sein graues, langes Haar, die Lederweste über dem karierten Baumwollhemd und seine scharfen Gesichtszüge wirkten auf mich indianisch. Die Ärmel seines karierten Baumwollhemdes waren hochgekrempelt, so dass man seine sehnigen Arme mit einer Vielzahl von Tätowierungen und mehrere Narbe gut erkennen konnte. Im Gürtel steckten noch zwei kleinere Messer mit kunstvoll verzierten Griffen. Auf dem Knie ruhte ein Präzisionsgewehr mit einem Schalldämpfer und einem Zielobjektiv, das noch immer auf Karl Gumbler gerichtet war.
    Der Mann verharrte bewegungslos und beobachtete mit kleinen, ruhigen Augen über den Lauf hinweg den scheinbar toten, bewegungslosen Körper am Boden.
    Die Sekunden vergingen.
    Und das Blut breitete sich langsam auf dem Asphalt immer weiter aus.
    Immer wieder wanderte mein Blick zwischen dem Kopfgeldjäger und Karl Gumbler hin und her. In meinem Gehirn rotierten die Gedanken. Der Polizist in mir wusste genau, was jetzt zu unternehmen war. Schließlich war hier gerade ein Mord geschehen! Auch wenn dieser indianisch wirkende Mann nicht den Eindruck machte, als hätte er gerade einen Menschen erschossen. Trotzdem gab es auch für solche Fälle Vorschriften. Aber so sehr ich auch versuchte, meine Glieder zu bewegen oder den Mund zu öffnen - ich war einfach nicht in derLage dazu. Lediglich meine Augen waren noch beweglich und übermittelten die unglaublichen Bilder an das Gehirn, wo sie aber zunächst nur zur Kenntnis genommen, aber nicht verarbeitet wurden.
    Die schwachen Sonnenstrahlen eines neuen Tages zeigten sich verstohlen am Horizont und überfluteten die Szene mit einem unpassend freundlichen Licht. In der Ferne erklang das Heulen der Sirenen, die sich schnell näherten.
    Erst jetzt erhob sich der Mann mit der Waffe langsam. Er drehte den Kopf und sah zu mir herüber. Aber in seinem Gesicht war nicht die geringste Regung zu erkennen. Seine Augen blickten mich ausdruckslos und verschlossen an, und er zeigte nicht die Spur von Nervosität oder Unruhe. Dann drehte er sich um, stieg ohne Eile in seinen Pick-Up und ließ den Motor an. Noch einmal fiel sein Blick auf Karl Gumblers Körper, wo der kleine Teich aus Blut in diesem ersten, zaghaften Tageslicht rötlich zu leuchten begann.
    Dann setzte er den Wagen langsam zurück und fuhr davon.
    War ich nur zu geschockt? Oder einfach noch zu benommen, um sofort die Verfolgung dieses Mannes zu veranlassen, der hier ja ganz offensichtlich einen Auftragsmord ausgeführt hatte? - Ich konnte es nicht erklären, aber ich starrte einfach nur noch lange in die Richtung, in der der Pick-Up verschwunden war. Eine innere Stimme flüsterte mir zu, dass es so wohl auch richtig war - auch wenn sich ein anderer, aber sehr viel leiserer Teil in mir sofort dagegen wehrte.
    Aber ich musste zugeben, dass ich auf alle Fälle eine plausible Erklärung für mein Verhalten haben würde: der ewige Schlafmangel, die kräftezehrende Jagd sowie die Verletzungen, die ich mir im Kampf zugezogen hatte. Aber niemandem durfte ich von diesem Gefühl erzählen, das mich in diesem
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