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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete
Autoren: Sharon Bolton
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Arme hingen locker neben dem Körper. In der linken Hand hatte sie etwas, das ich nicht genau erkennen konnte, nur dass ein schwarzes Stirnband daran war. In der rechten Hand hielt sie eine kleine Pistole.
    »Lass die beiden gehen«, rief ich ihr durch das Gewölbe hindurch zu. »Wir brauchen sie nicht mehr. Hier geht’s jetzt um uns.«
    Ihr Blick zuckte von mir zu dem Mann an meiner Seite. Sie schien zu überlegen, was sie als Nächstes sagen sollte. Ich riskierte es, die Augen von ihr abzuwenden.
    »Mark, nimm Joanna und mach, dass du hier rauskommst«, sagte ich zu ihm. »Sie wird euch laufen lassen.« Ich schaute wieder zu Llewellyn hinüber. »Das wirst du doch tun, nicht wahr?«, fragte ich sie. »Bitte, lass sie einfach gehen.«
    »Ich denke nicht daran«, wehrte Joesbury ab.
    »Ihr müsst jetzt beide an den Rand treten und eure Taschenlampen ins Wasser werfen«, verkündete Llewellyn.
    Als weder Joesbury noch ich uns von der Stelle rührten, verzerrte sich Llewellyns Gesicht wie das eines Kindes, das nicht bekommt, was es will. »Ihr habt drei Sekunden Zeit, die Lampen wegzuschmeißen, bevor ich deinen Freund abknalle«, sagte sie zu mir.
    »Tu’s«, wies ich ihn an, trat vor und hob den Arm.
    Joesbury hielt mich an der Schulter zurück. »Ach, ich glaube, Sie haben jetzt genug mit Ihren Schreckschusskanonen rumgespielt«, rief er ihr zu. »Und glauben Sie bloß nicht, dass ich allein gekommen bin. An jedem Ausgang stehen bewaffnete Polizeibeamte und warten nur auf mein Signal reinzukommen.«
    Joesbury quatschte mal wieder nur Scheiße.
    »Mark«, sagte ich, »ich glaube wirklich nicht, dass das eine –«
    »Dann haben wir ja nicht mehr viel Zeit«, erwiderte Llewellyn. »Lasst die Lampen fallen, sofort.«
    »Mark, bitte tu –«
    »Ohne Licht sitzen wir hier wie auf dem Präsentierteller«, flüsterte er mir ins Ohr.
    »Ich kenne mich hier besser aus als sie«, gab ich leise zurück. »Ich kann uns im Dunkeln hier rausbringen. Sobald sie Licht macht, wissen wir, wo sie ist. Jetzt schmeiß deine Lampe weg, halt dich an mir fest und dann zurück zur Wand.«
    Er knurrte irgendetwas, das ich für Zustimmung hielt, dann flogen erst meine und dann seine Taschenlampe über den Rand der Galerie. Eine Sekunde später hörten wir sie ins Wasser platschen, und dann verschwand alles Licht aus der Welt. Joesburys Hand lag auf meiner Schulter. Wir wichen vom Rand der Galerie zurück, und ich hörte, wie er leise auf Joanna einsprach. Noch ein paar Schritte, und wir hatten die Wand erreicht. Ich streckte den Arm aus und fand Joannas Hand.
    »Langsam gehen, und bleibt zusammen«, wies ich beide an.
    »Warten Sie«, beharrte Joanna. »Sie kann im Dunkeln sehen. Sie hat so ein Nachtsichtgerät. Sie kann uns immer noch sehen.«
    Eine Hand war in meinem Nacken, drückte meinen Kopf nach unten. »Unten bleiben und Gas geben.« Joesburys Mund streifte mein Ohr. »Los jetzt.«
    Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Tief gebückt hastete ich los, so schnell ich es wagte, die eine Hand an der Ziegelmauer zu meiner Linken, mit der anderen hielt ich Joanna fest. Von der Galerie aus, auf der sie gestanden hatte, kam Llewellyn nicht in den Pferdetunnel. Sie würde der Galerie in nördlicher Richtung über die gesamte Breite des Gewölbes folgen müssen, bis in den Kesselraum, wo ich Joanna gefunden hatte. Erst dann konnte sie uns diesen östlicheren Teil der beiden Galerien hinunter verfolgen. Wenn Joanna recht hatte und ihre Entführerin im Dunkeln sehen konnte, würde sie sehr viel schneller vorankommen als wir. Andererseits hatten wir einen Vorsprung.
    Es war unmöglich, sich so schnell vorwärtszubewegen und dabei leise zu sein, also waren wir nicht leise. Drei Paar Füße polterten über die Holzbohlen, und bei dem Lärm konnten wir unmöglich hören, ob jemand uns einholte. Irgendwie zwang ich mich, in Bewegung zu bleiben, obgleich vor mir nichts als Schwärze war. Am Ende der Galerie hielt ich an, um wieder zu Atem zu kommen.
    »Weiter«, kam Joesburys Stimme aus der Finsternis. Rasch bog ich in den Tunnel ein. Drei Meter, und ich hatte die Wahl: nach links, zum Keller des alten Güterschuppens, auf demselben Weg, auf dem ich gekommen war, oder geradeaus, dann wären wir binnen Minuten an dem alten Eisentor, das auf den Treidelpfad hinausführte. Wenn wir da durchkonnten, wären wir sofort in Sicherheit. Wenn nicht, saßen wir wie die Ratten in der Falle.
    Zu riskant. Ich wandte mich nach links, gerade als Joesbury es
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