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Dunkle Beruehrung

Dunkle Beruehrung

Titel: Dunkle Beruehrung
Autoren: Lynn Viehl
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wieder in die Akte. »Sehr gute Ausbildung, BWL -Studium an der Brown University, Abschluss mit Auszeichnung. Dann fingen Sie bei CitiCom an, wurden dort Rechnungsprüferin und verdienten prima. Und nach einem Jahr haben Sie gekündigt.« Wieder begegnete sie Ellens verärgertem Blick. »Warum haben Sie einen so guten Job sausen lassen?«
    »Weil es keine Aufstiegsmöglichkeiten gab«, erwiderte Ellen. »Bei Citi kommen Frauen nicht ins höhere Management – das ist ein reiner Männerklüngel.«
    »Sie sind von New York nach Atlanta gezogen, noch ehe Sie hier Arbeit hatten.« Jessa tat, als überflöge sie die übrigen Formulare, und ließ ihr Gegenüber etwas schmoren, bevor sie fragte: »Warum sind Sie zur Arbeitssuche in diese Gegend gekommen?«
    »Ich mochte den Süden immer.« Sie zuckte mit den Achseln. »Das Wetter ist toll, die Landschaft herrlich, und die Leute sind nett.«
    Jessa schloss die Akte. »Traditionsreiche Unternehmen hier wie North & Co. sind noch um einiges konservativer als die in New York. Ich schätze, unser Männerklüngel besteht schon in fünfter Generation.«
    Ellens Lippen wurden schmal. »Was wollen Sie damit andeuten?«
    Sie war so misstrauisch wie abwehrend. Das konnte bedeuten, dass sie all das war, was sie zu sein behauptete – oder auch nicht. »Nur, dass Ihr Ehrgeiz auch hier womöglich an eine Glasdecke stößt.«
    »Ich denke, das geht Sie nichts an, Ms Bellamy«, gab Ellen schnippisch zurück.
    »Ich vergewissere mich im Auftrag meines Kunden, dass Sie wirklich das sind, was Sie zu sein behaupten, und sich deshalb als Mitarbeiterin eignen.« Jessa lächelte kühl. »Im Moment geht mich alles an, was Sie betrifft.«
    »Ja, natürlich. Verzeihung.« Die kaum wahrnehmbaren Falten um Ellens Mundwinkel glätteten sich wieder. »Zu erfahren, dass ich durchleuchtet werde – oder wie man das nennt –, war ein Schock für mich. Dann hieß es, ich müsse sofort herkommen oder ich sei für den Posten von vornherein ungeeignet. Das hat mich unglaublich eingeschüchtert.«
    »Sie brauchen keine Angst zu haben. Jetzt ist alles ausgestanden.«
    Ellen lächelte. »Wirklich? Mehr muss ich nicht tun?«
    »Nein.« Jessa stand auf. »Es freut mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, hierherzukommen und die Formulare auszufüllen.« Sie streckte ihr die Rechte entgegen.
    »Danke.« Ellen Farley gab ihr die Hand.
    Zwielicht
.
    Jessa stand in einem billigen Hotelzimmer. Der Geruch von Zigarettenrauch, Schweiß und Sex erstickte sie fast, während sie auf die beiden sah, die sich eng umschlungen auf dem abgewetzten Teppichboden krümmten. Sie waren nicht ganz entkleidet, doch der Hintern des tief gebräunten Mannes schimmerte weiß und bewegte sich hin und her, während er mit wilder Leidenschaft in Ellen Farley stieß.
    Jessa spürte, wie ihr die Lust der beiden in den Kopf kroch – und nicht nur die Lust, sondern alle ihre Gedanken. Während Ellen sich der immer stärkeren Erregung überließ, standen die Gedanken ihres Liebhabers Max im Widerspruch zu seiner Begeisterung.
    »Wir werden reich sein, Baby«, keuchte er, packte dabei ihre pralle Brust durch die feuchte Seidenbluse und grub seine Finger in die weiche Fülle. »Stinkreich. Wir müssen keinen Tag mehr arbeiten.«
    Max Grodan war bereits reich, wie Jessa wusste. Reicher als reich. Er konnte Ellen verlassen und zehn Leben führen, ohne auch nur in einem davon zu arbeiten – und er hatte sich sehr angestrengt, damit sie genau das nicht entdeckte.
    Ellen stöhnte. »Und wenn sie mich kriegen? Diesmal finden sie raus, wer es war, und ich lande im Gefängnis, Max.«
    »Ellen Farley geht nur in den Knast, wenn sich jemand die Mühe macht, sie auszugraben.« Max spielte mit der Zunge an ihrem Hals. »Judy Tulliver fährt mit mir und fünf Komma neun Millionen Dollar nach Rio.«
    Das Bild in Max’ Kopf war ein flaches Grab, aber es war leer. Doch dann stieß er Ellens schlaffen Körper hinein.
    Sonnenlicht.
    Jessa ließ die Hand ihrer Besucherin los, lächelte und sah ihr nach, als Ellen das Büro verließ. Kaum war die Tür geschlossen, sank sie auf ihren Stuhl und begrub das Gesicht in den Händen. So saß sie, bis die ärgsten Erschütterungen, die ihre Vision ihr bereiteten, nachließen und sie an etwas anderes denken konnte als daran, Ellen nachzulaufen und sie anzuflehen, sich unbedingt von Max fernzuhalten.
    Das durfte sie nicht. Nicht hier und jetzt.
    Mit zitternder Hand nahm sie den Hörer und rief ihre Mitarbeiterin an.
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