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Dunkelerde: Gesamtausgabe

Dunkelerde: Gesamtausgabe

Titel: Dunkelerde: Gesamtausgabe
Autoren: Alfred Bekker
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genauso wie auch die vergessenen Sprachen ihrer Vorväter, verdingte mich als Heiler und Gelehrter. Dann stieß ich bei meinem Studium magischer Schriften auf Dokumente, die mir die eigentliche Wahrheit erzählten. Ich begriff mehr und mehr, dass ich mich überhaupt nicht mehr auf der Erde befand, sondern auf einer Welt namens Dunkelerde. Es war für mich erschreckend und faszinierend zugleich. Und so erfuhr ich auch, dass ihr alle - bloß Schatten seid!”
    „Schatten?” Schon wieder diese dumme Unterstellung. Was meinte der verruchte Magier denn damit?
    Koschna runzelte ärgerlich die Stirn.
    „Du kannst es nicht begreifen. Deshalb erkläre ich dir nur soviel: Viele Jahrtausende in der Zukunft, von jetzt aus gerechnet, gibt es weltweit eine Organisation von Alchimisten, ein magisches Netz. Sie haben erkannt, dass jedwedes Ding auf Erden, ja, die Erde selber... einen Schatten wirft. Sie nennen diesen Schatten treffend Dunkelerde und sind von dem wahnsinnigen Gedanken beseelt, Dunkelerde sozusagen Leben einzuhauchen, denn Dunkelerde ist ein toter Schatten, mehr nicht. In einer gewaltigen magischen Anstrengung gelingt ihnen das unmöglich Erscheinende und somit entsteht die Welt, die du kennst - parallel zu der Zukunft der Erde, auf der du dich hier und jetzt befindest. - Begreifst du das?”
    Koschna schüttelte wahrheitsgemäß den Kopf. Ihn schwindelte. Ja, wie hätte er das jemals begreifen sollen, wenn ihm erklärt wurde, nur der Schatten eines Menschen zu sein, der selber längst tot war? Dabei fühlte er sich persönlich doch so völlig lebendig...
    „Ich erkläre dir das nur deshalb, weil du es wissen musst, denn du kann nicht lange hier existieren. Deshalb musst du mir helfen.”
    „Was meinst du damit?”
    „Wenn du hier auf Erden bleibst, wirst du nach Ablauf einer unbestimmten Zeit wieder ein toter Schatten. Es wäre das endgültige Ende von dir - für immer.”
    „Stimmt das wirklich oder willst du mir nur Angst einflößen? Dabei ist es gar nicht nötig, denn ich will dir durchaus helfen, um nicht hier bleiben zu müssen.”
    „Sehr löblich”, meinte der Magier zynisch und fuhr fort: „Also gut, ich berichte dir weiter von damals und behellige dich nicht weiter mit Details, die nicht nötig sind: Ich fand auch Schriften, die von der Existenz einer 'Rolle der Geheimen Worte' kündeten. Mit Hilfe dieser 'Geheimen Worte' konnte ich hoffen, einen ähnlich mächtigen Zauber zu entfalten, wie mit dem grünen Juwel. Wer am Ende sogar beides besitzt, das grüne Juwel und die Rolle der Geheimen Worte, so hieß es in einem alten Text, der halte die absolute Macht in den Händen. Die Macht über die Zeit. Mehr noch sogar: Ich würde mit beidem zusammen Dunkelerde beherrschen und das vollbringen, was die Alchimisten nicht schafften, weil sie sich bei diesem Versuch auf Dunkelerde letztlich selber vernichteten: Die Magie von Dunkelerde wieder abziehen und sie mir zunutze machen, um die Welt zu beherrschen. Begreifst du, Barbar, der du nur ein Schatten bist, mehr nicht: Ich wäre Gott persönlich!” Er sah in diesem Augenblick aus wie ein Wahnsinniger - und das war er in seinem Bestreben, Gott selbst zu werden, auch mit Sicherheit...
    „Ich begreife dabei nur eines und das genügt: Nur darum wolltest du unbedingt hier her zurückkehren”, murmelte Koschna.
    Der Magier beherrschte sich wieder und tat ganz normal: „Leider ließ man mir keine Gelegenheit, das grüne Juwel wieder an mich zu bringen. Ein ungemütlicher Mob kreiste mich sogleich nach meiner Ankunft ein. Ähnlich ist es dir ja wohl auch ergangen, Barbar?” Barasch-Dorms Augen verengten sich. „Diese Hundesöhne haben mir die 'Rolle der geheimen Worte' entwendet, während ich bewusstlos war!”
    „Aber für eine Rückkehr in mein Zeitalter und auf meine Welt reicht das Juwel?”
    „Ja, aber ich will trotzdem... beides! Sonst wären sämtliche Bemühungen umsonst gewesen.”
    Nach eine Pause fragte Koschna: „Was glaubst du, hat man mit uns vor?”
    „Man hält uns für Dämonenabkömmlinge und wird uns töten. Und zwar auf eine Weise, die jegliches Nachleben wirksam verhindert, wenn man den Glauben der Hiesigen für bare Münze nimmt!”
    „Und wie soll das geschehen?”
    „Man wird uns bei lebendigem Leib mumifizieren!”
    „Bei Pruschkar! Und ich werde ein Barbar geschimpft!”
     
    *
     
    Ein paar Tage vergingen. Die Verpflegung im Kerker war alles andere als nahrhaft. Sie verhinderte aber, dass ein Gefangener den vorzeitigen
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