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Duncans Lady

Duncans Lady

Titel: Duncans Lady
Autoren: Emilie Richards
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gesehen. Und jedes Mal, wenn ich ihn sehe, muss ich an jenen Abend denken.“
    Sie wollte an ihm vorbeigehen. Er griff nach ihrem Arm und bekam nur die Falten ihres grünen Wollumhangs zu fassen. „Wohin sind Sie an dem Abend gegangen? Sie sind einfach verschwunden.“
    „Was hat Geordie gesagt?“ Sie riss sich von ihm los und wandte ihm das Gesicht zu.
    „Er hat Unsinn geredet.“
    „Was für Unsinn?“
    „Dass er von einem Geist gerettet worden sei. Dass der Geist einer Lady in Grün ihm das Leben gerettet habe. Ich habe nicht viel auf sein Geschwätz gegeben.“
    „Ich bin mir sicher, dass Sie das ziemlich durcheinandergebracht hat, so wie Sie über Geister denken.“
    „Warum? Jetzt kann ich ihm doch sagen, wer der Geist war.“
    „Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun, Mr. Sinclair. Es würde ihn nur noch stärker beunruhigen.“
    „Was meinen Sie damit?“
    „Wissen Sie das wirklich nicht? Die Hälfte der Einwohner von Druidheachd hält mich bereits für einen Geist oder eine Hexe oder Fee.“ Sie verzog die Lippen, aber das Lächeln erreichte ihre Augen nicht. „Wenn Sie Geordie erzählen, dass er an jenem Abend Mara MacTavish in den Bergen gesehen hat, wird er absolut sicher sein, dass da Zauberei im Spiel war. Und wir wissen doch beide, dass Sie so etwas niemals verantworten könnten.“

3. KAPITEL
    Osterglocken bedeckten die Hänge um Maras Cottage, und die neugeborenen Lämmer tollten in der Nachmittagssonne herum. Mara saß auf einer steinernen Bank unter der großen Rotbuche und lauschte dem Summen der Bienen, die von Blüte zu Blüte flogen. Dann und wann summte sie ebenfalls, eine Ballade, die ihre Tante ihr beigebracht hatte, als sie ein Kind gewesen war. Das Lied handelte von den Schluchten der Highlands und verlorener Liebe. Vor ihr auf dem Boden lagen ein Dutzend Vliese der frisch geschorenen Schafe in der Sonne.
    Sie war ganz von der Wolle vor sich in Anspruch genommen und bemerkte nicht, dass sie Gesellschaft bekam, bis Guiser neben ihr aufsprang. Sie blickte auf und sah April Sinclair. Sie stand in einiger Entfernung auf einer kleinen Anhöhe gegenüber dem Cottage. Mara konnte das Gesicht des kleinen Mädchens nicht richtig erkennen, aber sie merkte, dass April sich fürchtete, näher zu kommen. Und sie wusste auch, was ihr solche Angst machte.
    „Bleib, Guiser“, sagte sie mit warnender Stimme. Der Hund winselte, machte gehorchte sofort. Mara stand auf und umrundete die Vliese. Das letzte jedoch hob sie hoch und rollte es zu einem ordentlichen Bündel zusammen. Dann ging sie zu April auf die Anhöhe und hielt das Vlies hoch, damit das Mädchen es sah.
    „Es ist nur Schafswolle“, rief sie, als sie nah genug war, damit April sie verstand. „Es ist kein richtiges Schaf. Siehst du?“ Sie deutete in die Ferne, wo die frisch geschorenen Schafe zufrieden grasten. „Sie haben mir ihr Fell gegeben, damit ich Wolle daraus spinnen kann.“
    Kurz vor April blieb sie stehen und wartete. Sie war selbst ein fantasievolles Kind gewesen. Sie wusste, dass April einen Moment brauchte, um diese neue und bessere Erklärung zu verarbeiten. Das Mädchen hatte gedacht, sie hätte ein Dutzend Schafe geschlachtet und irgendwie platt auf den Boden gelegt.
    „Sie sind nicht tot?“, fragte sie schließlich.
    „Aber nein, überhaupt nicht. Den Schafen wächst bereits wieder ein frisches Fell für noch mehr Wolle.“
    „Warum liegen die Felle im Gras?“
    „Damit sie von der Sonne weicher werden. Komm her und fühl einmal.“
    April kam langsam auf sie zu. Immer noch zögerlich blieb sie stehen und streckte die Hand aus. Sie berührte das Vlies mit den Fingerspitzen und ihre Augen wurden groß. „Das fühlt sich witzig an.“
    „Wenn ich damit fertig bin, wird es sich wunderbar anfühlen. Ganz weich und kuschelig, wie ein winziges Lämmchen.“
    „Und was machst du damit?“
    „Im Moment kämme ich die Wolle.“
    „So wie mein Daddy mich kämmt?“
    Mara konnte sich nur schwer vorstellen, dass Duncan Sinclair seiner Tochter liebevoll und geduldig die Haare kämmte.
    Es war inzwischen mehrere Wochen her, seit er sie bei Cameron’s zur Rede gestellt hatte. Seitdem waren ihr die wenigen Minuten immer wieder durch den Kopf gegangen, und von Mal zu Mal wurde sie wütender darüber.
    Sie kannte Männer wie Duncan. Ihr früherer Ehemann, Robert Fitzwilliams, war einer von ihnen. Robbie hatte auch stets gewusst, was das Beste für jeden war. Wie Duncan war er ein sehr attraktiver Mann; ein Mann,
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