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Duenne Haut - Kriminalroman

Duenne Haut - Kriminalroman

Titel: Duenne Haut - Kriminalroman
Autoren: Franz Kabelka
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Papa, der mir meine Kindheit nahm. Sie, die meine Kinder abholten. Er, der mir die letzte Hoffnung stahl.
    Räuberpolizisten.
    Hilf mir, Golema, meine dicke Freundin! Lass mich jetzt nicht im Stich! Wie soll ich sie ohne dich aushalten, die Folterknechte in den Sozialämtern, in den Gerichten, auf dieser Station?
    Ich habe es schwarz auf weiß. Drei Seiten lang ist ihre Anklageschrift. Wozu noch abwarten und sich quälen? Das Urteil ist längst gefällt.
    Schau mich nicht so treuherzig an mit deinen lehmigen Augen! Ich brauche dein Bedauern nicht. Hilfe brauche ich, Hilfe, um Rache zu nehmen! Wozu ist eine Golema gut, die ihrer Schöpferin nicht helfen kann?
    Auch du wirst mich verlassen. Wie alle anderen. Du wirst mir deine Liebe entziehen, deine Freundschaft kündigen. Und was mich beschützt hat, wird mich erdrücken.
    Fette Verräterin!
    Hau doch ab! Hau ab, ehe ich dich zerschmettere!

28 D AS T EAM
    „Mein dritter Montagmorgen“, sagt Hagen und schenkt sich von der schwarzen Brühe nach.
    „Mein vierter“, sagt Prader. „Herrgott! Wir tun ja gerade so, als hätte mit dem Einzug ins
Sonnblick
eine neue Zeitrechnung begonnen!“
    „Und wenn es so wäre? Was machst du, wenn das da in vierzehn Tagen vorüber ist?“
    Prader zuckt mit der Achsel. „Keine Ahnung. Vielleicht übersiedeln. In ein Land, wo die Sonne nicht zu viel scheint.“
    Hagen hat Praders Vorstellung von Stimmigkeit mittlerweile kapiert.
    „Damit Innen- und Außenwelt nicht zu weit auseinander-klaffen?“
    „Genau.“
    Beide lächeln.
    „Wie auch immer“, sagt Prader, „es wird ein langer Abschied von der Bühne, vielleicht ein endgültiger. Die Bretter, die angeblich die Welt bedeuten … mir bedeuten sie nicht einmal mehr so viel.“ Er schnippt mit den Fingern.
    „Fände ich aber schade.“
    „Was willst du den Leuten Gescheites erzählen, wenn dir selbst der Plan fehlt? Ich brauche eine Art Navigationsgerät für die Zukunft, verstehst?“ Er beugt sich zu Hagen hinüber, als wolle er ihm etwas höchst Vertrauliches mitteilen. „Beim Fiakerstand am Stephansplatz hab ich einmal gehört, wie ein Kutscher geschimpft hat darüber, dass ihm so ein Gfrast doch glatt das GPS gestohlen habe.
Mein nagelneues Navi!
, hat er gejammert.
Es war sicher einer von diesen Nigerianern, die jetzt überall in der Stadt die Sandlerzeitung verkaufen. Schwarze Sandler, na habe die Ehre – weit haben wir’s gebracht im roten Wien!“
    Hagen runzelt die Stirn. „Wofür, bitte, braucht ein Wiener Fiaker überhaupt ein GPS?“
    „Hab ich mich zuerst auch gefragt. Bis mir klar wurde: Zuhause in seiner Garage hat der Mann sicher einen hundsnormalen Kleinwagen stehen, keine Kutsche. Die Moral von der Geschicht, Tone: Es gibt auch ein Leben nach der Arbeit!“
    Sie nippen an ihren Getränken. Prader beäugt Hagen über den Tassenrand hinweg.
    „Und was wirst du machen – mit deiner heißen Braut?“
    „Du meinst die Geschichte mit Marie Therese? Hab ich schleunigst zurückgeschraubt! Ich fürchte, du hast recht gehabt mit deiner Einschätzung.“
    „Ob das so einfach geht?“, meint Prader nachdenklich. „Kann man eine Beziehung beliebig vor- und zurückschrauben?“
    Hagen tut, als hätte er die Frage überhört. „Bei unserem letzten Treffen hat sie mich Willie genannt und sich selbst Winnie. Außerdem musste ich mich als kastriertes Schwein bezeichnen lassen. Das fällt nicht unbedingt unter vertrauensbildende Maßnahmen, oder?“
    „Beckett!“, sagt Prader. „Sie hat wahrscheinlich Beckett zitiert. In einem Stück von ihm kommen jedenfalls ein Willie und eine Winnie vor.“ Vom Inhalt weiß er nur so viel, dass die Frau bis zum Kopf in einen Hügel eingegraben ist und ihr der Mann nicht heraushelfen will.
    „Und wenn er ihr nicht heraushelfen
kann?
“ Hagen steht vom Tisch auf.
    „Zur Musiktherapie?“, fragt Prader.
    „Psychotherapie. Aber vielleicht bringt Dr. Grein mich ja wieder zum Singen.“ Im Vorbeigehen klopft er dem anderen ein
Mach’s gut
auf die Schulter.
    „Glückliche Tage!“, ruft ihm Prader hinterdrein.
    „Hä?“
    „Der Titel des Beckett-Stücks.“
    Komischer Titel, denkt Hagen.
    *
    Im Korridor, exakt an derselben Stelle, wo er ihr vor drei Tagen über den Weg lief, trifft er wieder auf sie. Mit steinerner Miene kommt sie ihm entgegen. Er grüßt. Sie reagiert nicht, schaut durch ihn hindurch, als wäre er aus Glas.
    Als sie an ihm vorüber ist, fröstelt es ihn.
    Ein Zombie, sagt er sich. Ich habe eine lebende Tote
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