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Dünengrab

Dünengrab

Titel: Dünengrab
Autoren: Sven Koch
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brauchen wir bis dorthin?«
    »Vielleicht noch zehn Minuten. Wenn wir dort sind, werde ich den Motor ausstellen.«
    »Warum?«
    »Wir müssen vorsichtig sein, damit wir niemanden überfahren, der sich dort vielleicht irgendwo festhält. Und wenn sich jemand durch Rufen verständlich machen will, sollte der Motor das nicht übertönen.«
    »Klar«, sagte Tjark.
    »Danke für vorhin«, sagte Ruven.
    »Ich habe zu danken. Für deine spontane Hilfe.«
    Ruven lächelte ein wenig. »Manchmal muss man eben improvisieren.«
    »Ja«, sagte Tjark, der das Lächeln nicht einzuordnen wusste. »Manchmal muss man das.«
    Im nächsten Moment klingelte sein Telefon. Die Landkarte wurde von einem grünen Symbol zum Annehmen des Anrufes und einer Nummer überblendet, die Tjark nicht zuordnen konnte. Jedenfalls war es eine Oldenburger Vorwahl. Tjark nahm das Gespräch an.
    »Klum Onburg, ent H-olf.« Der Empfang war schlecht. Die Stimme krächzte.
    »Hallo?«, rief Tjark und wendete sich von Ruven ab.
    Jetzt wurde der Empfang besser. »Klinikum Oldenburg, guten Abend, spreche ich mit Herrn Wolf?«
    »Ja.«
    »Mein Name ist Peter Wehrmann, ich bin leitender Oberarzt. Ihrem Vater geht es sehr schlecht.«
    Tjarks Herz gefror. »Was?«
    »Es sind Komplikationen aufgetreten. Es wäre gut, wenn Sie sofort kommen.«
    »Ich …« Tjark musste husten. »Ich kann nicht kommen, Sie müssen mir … Sagen Sie mir …«
    »Herr Wolf, wir sollten das persönlich besprechen, und wenn es Ihnen irgendwie möglich ist, sollten Sie so schnell wie möglich ins Klinikum kommen, denn viel Zeit …«
    Mit einem elektronischen Gedudel verabschiedete sich der Akku. Das Display erlosch. Der Wind rauschte. Der Motor ratterte.
    »Alles in Ordnung?«, rief Ruven Tjark zu.
    Tjark starrte auf das nutzlose Telefon. »Ja«, sagte er. »Nein.« Er versuchte, sich zu sammeln. Er steckte das Telefon ein. Seine Hand zitterte. »Der Akku ist leer.« Ja, dachte Tjark. Der Akku ist leer. Nichts anderes konnte der Anruf bedeuten, als dass der Akku leer war und der alte Mann den Dienst einstellen würde.
    »Nimm meins, Tjark«, hörte er Ruven sagen. »Es ist von demselben Hersteller, die GPS -App ist gleich unten rechts.« Er reichte Tjark das Telefon. Der starrte es an wie einen Fremdkörper. »Am besten, du gehst vorne zu Femke. Sie kennt die Route. Ihr ruft mir dann zu, wenn ich den Motor stoppen muss.«
    »Okay.« Tjark nickte geistesabwesend. Der alte Mann würde gehen. Und er konnte in den letzten Augenblicken nicht da sein, denn er musste ein Leben retten. Würde er das verstehen? Vater, dachte Tjark, kannst du das verstehen? Kannst du das?
    »Tjark?« Ruvens Stimme riss ihn ins Hier und Jetzt. »Geh bitte zu Femke und helft mir beim Navigieren.«
    Tjark rutschte an der Bugwand entlang, bis er bei Femke war. Er hielt Ruvens Telefon in beiden Händen und tippte mit dem Daumen auf das Display. Sofort wurde es hell. Ruven nutzte ein Bild von sich und Femke als Hintergrund. Die beiden standen lachend am Strand. Unten rechts war die App für Google Maps. Daneben die für den Kontaktdatenspeicher, die Anruffunktion und die SMS . Oben rechts befand sich eine App mit dem »EagleEye«-Logo. An dem Symbol befand sich eine kleine Sprechblase, in der stand »Alarm2«.
    »War das die Hauptstelle?«, fragte Femke.
    »Was?« Tjarks Finger wanderte auf die Google-Maps-App, zögerte und bewegte sich dann hoch zu der Sprechblase. Als Femke in Ruvens Wohnung eingedrungen war, hatte sie bewusst einen Alarm ausgelöst. Es war logisch, dass der Leiter eines Sicherheitsunternehmens davon benachrichtigt worden war – zum Beispiel mittels einer Nachricht auf seinem Handy. Das blinkende Symbol suggerierte jedoch, dass es zwei Alarme gab und die App noch etwas Dringendes zu sagen hatte. Etwas, das vielleicht erst nach Femkes Eindringen geschehen war. Merkwürdig, dass sich Ruven noch nicht darum gekümmert hatte.
    »Der Anruf gerade. War das die Hauptstelle?«
    »Nein«, sagte Tjark geistesabwesend.
    »Sondern?«, fragte Femke.
    Tjark machte eine abwehrende Geste, als wolle er eine Fliege verscheuchen. Dann dachte er, dass er immer noch behaupten könne, versehentlich auf die »EagleEye«-App gedrückt zu haben, und tippte auf die Sprechblase. Sie öffnete sich. In der Sprechblase stand »Alarm2, 21.52 Uhr, Standort: Bunkertür«.
    Tjarks Herz gefror binnen Sekunden zum zweiten Mal. Er stieß Femke an und hielt ihr das Telefon hin. Sie blickte eine Weile auf das Handy. Dann sah sie Tjark an.
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