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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher
Autoren: Stephen King
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ist aufgewachsen, ein Mann geworden, musste sich mit weniger zufriedengeben, als man sich erhofft hatte, und man durfte feststellen, dass an der Traummaschine ein großes Schild mit der Aufschrift defekt hängt.
    Im November wird er mit seinen Freunden jagen gehen, und es reicht ihm, sich darauf zu freuen … darauf und vielleicht noch, dass ihm diese besoffene Tussi draußen in seinem Wagen schön langsam und feucht und mit Lippenstift und allem einen bläst. Wer mehr will, handelt sich nur Kummer ein.
    Träume sind was für Kinder.

    1998: Henry behandelt einen Couchmenschen

    Das Zimmer ist schummrig beleuchtet. Dafür sorgt Henry immer, wenn er Patienten empfängt. Er findet es bezeichnend, wie wenigen das anscheinend auffällt. Das liegt wohl daran, denkt er, dass ihr Gemütszustand ähnlich düster ist. Größtenteils behandelt er Neurotiker ( die wachsen förmlich auf den Bäumen, wie er einmal zu Jonesy gesagt hat, als sie, har, har, gerade im Wald waren), und seiner – völlig unwissenschaftlichen – Einschätzung nach fungieren ihre Probleme als eine Art Polarisationsfilter zwischen ihnen und dem Rest der Welt. Je schwerwiegender die Neurose, desto tiefer die innere Dunkelheit. Meistens empfindet er für seine Patienten ein distanziertes Mitgefühl, manchmal auch Mitleid, und nur bei ganz wenigen Widerwillen oder Ungeduld. Und zu diesen zählt Barry Newman.
    Patienten, die Henrys Praxis zum ersten Mal betreten, werden vor eine Wahl gestellt, die sie meistens nicht als solche bemerken. Wenn sie hereinkommen, sehen sie einen angenehmen (wenn auch recht düsteren) Raum mit einem Kamin linker Hand. Er ist mit einem dieser nie abbrennenden Holzscheite versehen, Birkenholzimitat aus Stahl, mit vier geschickt darunter verborgenen Gasdüsen. Neben dem Kamin befindet sich ein Ohrensessel, in dem Henry immer sitzt, unter einer ausgezeichneten Reproduktion von van Goghs »Ringelblumen«. (Henry sagt manchmal zu Kollegen, jeder Psychiater sollte mindestens einen van Gogh im Sprechzimmer hängen haben.) Gegenüber stehen ein Sessel und eine Couch. Henry ist jedes Mal gespannt, wofür sich ein neuer Patient entscheidet. Er ist natürlich lange genug in der Branche tätig, um zu wissen, dass ein Patient später meistens wieder das wählt, wofür er sich schon beim ersten Mal entschieden hat. Das wäre Stoff für einen Aufsatz. Henry weiß das, kann aber die These nicht herausarbeiten. Und außerdem hat er heutzutage sowieso kaum noch Interesse an Aufsätzen und Zeitschriften und Konferenzen und Kolloquien. Früher war ihm das wichtig, aber das hat sich geändert. Er schläft weniger, isst weniger, lacht auch weniger. Eine Dunkelheit ist auch in sein Leben eingezogen – dieser Polarisationsfilter –, und Henry ertappt sich dabei, dass er nichts dagegen hat. Ist das Licht nicht so grell.
    Barry Newman war von Anfang an ein Couchmensch, und bei ihm wäre Henry nie auf den Irrtum verfallen, das hätte irgendwas mit seiner Geistesverfassung zu tun. Die Couch ist für Barry schlicht und einfach bequemer, auch wenn ihm Henry manchmal die Hand reichen und ihm aufhelfen muss, wenn seine fünfzig Minuten um sind. Barry Newman ist ein Meter siebzig groß und wiegt hundertneunzig Kilo. Und deshalb mag er die Couch.
    Barry Newmans Sitzungen sind normalerweise ausführliche, monotone Berichte über die gastronomischen Abenteuer der jeweiligen Woche. Nicht dass Barry ein anspruchsvoller Esser wäre, o nein, Barry ist genau das Gegenteil. Barry isst alles, was sich in seine Nähe verirrt. Barry ist eine Fressmaschine. Und sein Gedächtnis ist, zumindest was dieses Thema anbelangt, ausgezeichnet.
    Henry hat es schon fast aufgegeben, Barry von den Bäumen wegzuzerren, vor denen er den Wald nicht sieht. Teilweise liegt es an Barrys beständigem Verlangen, in aller Ausführlichkeit über Essen zu sprechen, und teilweise daran, dass Henry Barry nicht ausstehen kann und es nie konnte. Barrys Eltern sind tot. Dad starb, als Barry sechzehn war, Mama, als er zweiundzwanzig war. Sie haben ihm einen immensen Besitz hinterlassen, der aber treuhänderisch verwaltet wird, bis Barry dreißig ist. Dann kann er an das Kapital … wenn er in Therapie bleibt. Andernfalls geht das so weiter, bis er fünfzig ist.
    Henry bezweifelt, dass Barry Newman die fünfzig erreicht.
    Barrys Blutdruck (das hat er Henry nicht ohne Stolz erzählt) liegt bei 190 zu 140.
    Barrys Cholesterinspiegel liegt bei 290; er ist eine wahre Goldgrube an Lipiden.
    Ich bin ein
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