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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher
Autoren: Stephen King
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wahrscheinlich tun. Haben wir viel zu lange nicht mehr gemacht.«
    »Du hast jemand im Büro, oder?«
    »Mhm.«
    »Gut. Wir sehen uns dann am Samstag um zehn. He, vielleicht nehmen wir den Scout. Der braucht mal Auslauf. Wie wäre das?«
    »Das wäre toll.«
    Henry lacht. »Packt dir Carla immer noch dein Lunchpaket, Jonesy?«
    »Ja, das macht sie.« Jonesy schaut zu seiner Aktentasche hinüber.
    »Was hast du heute? Thunfisch-Sandwich?«
    »Eiersalat.«
    »Mmmm. Okay, ich leg jetzt auf. SSAT, klar?«
    »SSAT«, pflichtet Jonesy bei. Vor einem Studenten kann er ihren alten Freund nicht bei seinem richtigen Namen nennen, aber SSAT geht in Ordnung. »Wir sprechen uns später.«
    »Und pass auf dich auf. Das ist mein Ernst. « Die Ernsthaftigkeit ist nicht zu überhören und ängstigt ihn ein wenig. Doch ehe Jonesy etwas erwidern kann (und was er sagen sollte, da Defuniak in der Ecke sitzt und zusieht und lauscht, weiß er ohnehin nicht), hat Henry schon aufgelegt.
    Jonesy betrachtet den Hörer für einen Moment nachdenklich und legt dann ebenfalls auf. Er blättert in seinem Terminkalender, und am Samstag streicht er Drinks bei Dekan Jacobson durch und schreibt Absagen – mit Henry nach Derry, D. besuchen darunter. Doch das ist eine Verabredung, die er nicht einhalten wird. Am Samstag wird er an alles denken, aber nicht an Derry und seine alten Freunde.
    Jonesy atmet tief ein und wieder aus und richtet seine Aufmerksamkeit dann auf seinen lästigen Elf-Uhr-Termin. Der Junge rutscht unbehaglich auf dem Stuhl hin und her. Er weiß durchaus, weshalb er hierher zitiert wurde, vermutet Jonesy.
    »Also, Mr. Defuniak«, sagt er. »Ihrer Akte nach kommen Sie aus Maine.«
    »Äh, ja. Aus Pittsfield. Ich …«
    »In Ihrer Akte steht auch, dass Sie Stipendiat sind und sich bisher gut geschlagen haben.«
    Der Junge, das sieht er, ist mehr als nur besorgt. Er ist den Tränen nah. Herrgott. Es ist nicht einfach. Jonesy hat noch nie einen Studenten des Schummelns beschuldigen müssen, aber allzu lange unterrichtet er ja auch noch nicht, und deshalb geht er davon aus, dass es nicht das letzte Mal sein wird. Er hofft nur, dass es nicht zu oft vorkommen wird. Denn es ist hart; Biber würde Kackorama dazu sagen.
    »Mr. Defuniak – David –, wissen Sie, was mit einem Stipendium geschieht, wenn der Stipendiat beim Schummeln erwischt wird? Sagen wir mal, bei einer Prüfung in der Mitte des Semesters?«
    Der Junge zuckt zusammen, als hätte ihm gerade irgendein unter dem Stuhl verborgener Scherzbold einen leichten Stromschlag in den dürren Arsch gejagt. Jetzt bibbern seine Lippen, und die erste Träne, ach Gott, da läuft sie seine milchbärtige Wange hinab.
    »Das kann ich Ihnen verraten«, sagt Jonesy. »Solche Stipendien verfallen. Das passiert mit ihnen. Schwups, und sie lösen sich in Luft auf.«
    »Ich … ich …«
    Auf Jonesys Schreibtisch liegt eine Mappe. Er schlägt sie auf und nimmt eine Prüfung über europäische Geschichte heraus, eine dieser Multiple-Choice-Ungeheuerlichkeiten, auf welche die Fakultät in ihrer immensen Unweisheit beharrt. Oben drüber steht mit den schwarzen Strichen eines IBM-Bleistifts (»Kreuzen Sie deutlich an, und radieren Sie vollständig, wenn Sie etwas tilgen müssen«) der Name DAVID DEFUNIAK.
    »Ich habe mir Ihre Leistungen im Seminar angesehen; ich habe Ihren Aufsatz über den Feudalismus im mittelalterlichen Frankreich noch einmal quergelesen; ich habe mir Ihre Mitschriften angesehen. Sie haben sich zwar nicht mit Ruhm bekleckert, haben sich aber wacker geschlagen. Und mir ist bewusst, dass Sie das hier nur als Pflichtkurs absolvieren. Ihre wahren Interessen liegen nicht in meinem Gebiet, nicht wahr?«
    Defuniak schüttelt stumm den Kopf. Die Tränen auf seinen Wangen schimmern im tückischen Mittemärzsonnenschein.
    Auf Jonesys Schreibtisch steht ein Karton Taschentücher, und er wirft ihn Defuniak hin, der ihn trotz seiner Verzweiflung sauber auffängt. Gute Reflexe. Mit neunzehn ist die Verdrahtung noch straff gespannt und alle Verbindungen schön solide.
    Warte mal ein paar Jahre ab, Mr. Defuniak, denkt er. Ich bin gerade mal siebenunddreißig, und bei mir schlottert es schon hin und wieder.
    »Vielleicht haben Sie noch eine Chance verdient«, sagt Jonesy.
    Ganz langsam und bedächtig knüllt er Defuniaks Prüfbogen, der verdächtig makellos ist, eine Eins-plus-Arbeit, zusammen.
    »Vielleicht waren Sie am Tag der Prüfung ja krank und haben gar nicht daran teilgenommen.«
    »Ich war
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