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Du oder die grosse Liebe

Du oder die grosse Liebe

Titel: Du oder die grosse Liebe
Autoren: Simone Elkeles
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allein bin. Ein Mädchen, das ungefähr in meinem Alter ist, steht im Raum und guckt aus dem Fenster. Ihr weißes Kleid bildet einen wunderbaren Kontrast zu ihrer honigfarbenen Haut und ihr Anblick allein lässt mich auf der Stelle innehalten. Sie ist megaheiß, mit lockigem dunklen Haar, das ihr den Rücken hinunterfließt, und einem Gesicht, das mich an einen Engel denken lässt. Sie ist offenbar ein Hochzeitsgast, aber ich habe sie noch nie zuvor gesehen. Ich würde mich auf jeden Fall daran erinnern, wenn es so wäre.
    Ich lasse ein Lächeln aufblitzen. »¡Hola! Yo soy Luis. ¿Quieres charlar commigo?«
    Sie sagt kein Wort.
    Ich zeige auf die Tür. »Mm … la boda va a empezar «, berichte ich ihr, aber die Art, wie sie mit den Augen rollt, macht deutlich, dass ihr das völlig egal ist.
    »Sprich Englisch, Dude «, sagt sie. »Wir sind hier nicht in Mexiko.«
    Oha. Chica mit feurigem Temperament in der Hütte. »Sorry«, sage ich. »Ich dachte, du bist vielleicht Mexikanerin.«
    »Ich bin Amerikanerin«, betont sie, dann hält sie ein krass funkelndes Glitzerhandy hoch und wedelt damit in der Luft herum. »Und ich telefoniere gerade. Es ist ein vertrauliches Gespräch. Macht es dir was aus?«
    Mein Mundwinkel verzieht sich nach oben. Sie mag ja behaupten, eine Vollblutamerikanerin zu sein, aber ich würde mein linkes Ei darauf verwetten, dass auch mexikanisches Blut in diesen kratzbürstigen Adern pulsiert.
    Ich greife mir die arras und werfe ihr ein Lächeln zu. »Heb mir einen Tanz beim Empfang auf, mi chava .«
    Sie beendet das Gespräch mit wem auch immer und verzieht verächtlich das Gesicht. »Oh, du bist einer von denen, die flirten und lächeln, um ein Mädchen zu erobern, und das arme Ding dann fallen lassen, wenn sie es am wenigsten erwartet.«
    »Ach, du hast schon von mir gehört?«, sage ich und zwinkere ihr zu. Sie macht auf dem Absatz kehrt und will das Zimmer verlassen, aber ich strecke den Arm aus, um sie aufzuhalten. »Ich hab nur Spaß gemacht. Nimm das Leben nicht zu schwer, mi chava .«
    Der Engel springt mir ins Gesicht. Sie tut es, um mich einzuschüchtern, aber es heizt mir nur ein. »Wie kannst du es wagen, mir zu sagen, ich solle das Leben nicht zu schwer nehmen? Du kennst mich nicht mal!«
    Ich lasse normalerweise die Finger von Mädchen mit so viel Temperament. Ich bin genug von ihnen begegnet, um zu wissen, dass muy creídas mehr Ärger bedeuten, als sie wert sind. Aber sie haben mich immer fasziniert. Ich kann nichts dagegen machen. Ich schätze, es liegt den Fuentes im Blut, ausgerechnet den Mädchen den Kopf zu verdrehen, die sich auf gar keinen Fall den Kopf verdrehen lassen wollen.
    »Luis, du hältst die Zeremonie auf«, ruft mi’amá lauthals vom Flur aus. Sie kommt ins Zimmer und hebt die Augenbraue bei dem Anblick, der sich ihr bietet. Ich stehe so dicht vor dem Engel, dass ich mich nur eine Idee vorbeugen müsste, um sie zu küssen. »Was geht hier drin vor?«, verlangt sie zu wissen, als wären wir im Begriff, uns die Kleider vom Leib zu reißen, und als sei sie gerade noch rechtzeitig erschienen, um das zu verhindern.
    »Genau, was geht hier eigentlich vor?«, frage ich das Mädchen und bringe sie mit voller Absicht in Verlegenheit.
    Das Mädchen hält sein Handy hoch. »Ich war mitten in einem Gespräch, als er reinkam und mich angebaggert hat.«
    »Das ist mein Sohn. Und du bist …?«, fragt Mamá mit schmalen Augen. Oh, Mann. Sie ist im Verhörmodus. Mi’amá will man lieber nicht begegnen, wenn sie sich in den Kopf gesetzt hat, Informationen aus einem rauszuquetschen.
    »Nikki Cruz«, sagt das Mädchen selbstbewusst. »Mein Dad hat Alex operiert.«
    Von wegen, keine Mexikanerin. Ich hatte recht. Dieser Engel hat mehr als ein bisschen rot, weiß und grünes Blut in seinen Adern. Dr. Cruz war derjenige, der im Krankenhaus die Kugel aus Alex’ Schulter geholt hat, als er damals angeschossen wurde. Der Arzt ist seitdem mit Alex in Kontakt geblieben und hat seinen Werdegang verfolgt.
    Mamá nickt, dann mustert sie Nikki Cruz – die Tochter des Chirurgen – von Kopf bis Fuß. »Die Zeremonie beginnt jeden Moment. Ándale , Luis.«
    Bevor ich mich umdrehe und aus dem Zimmer spaziere, werfe ich Nikki heimlich noch ein total arrogantes Zwinkern/Nicken zu, das ihr Latina-Temperament hundertpro wieder voll zum Brodeln bringen wird.
    Sie zeigt mir den Finger. Es war wohl nicht ihre Absicht, mich zu amüsieren, aber genau das tut es.
    Ich kann den Empfang kaum erwarten. Wie
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