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Du lebst nur zweimal

Titel: Du lebst nur zweimal
Autoren: Ian Fleming
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halten, sonst wäre sein Stock wie ein Streichholz durchschlagen worden - und gerade in dessen Länge lag seine ganze Hoffnung. Blofeld machte einen plötzlichen Ausfall, sein rechtes Knie beugte sich nach vorn. Bond wich nach links aus, aber um Zentimeter zu kurz; die Schwertspitze glitt über seinen Brustkorb und hinterließ eine Blutspur. Ehe Blofeld zurückweichen konnte, hatte Bond den mit beiden Händen gefaßten Stock seitlich gegen dessen Beine sausen lassen. Blofeld fluchte und schlug erfolglos nach Bonds Waffe. Dann griff er wieder an, und Bond konnte sich in der Mitte des Zimmers nur ducken, den Schlägen ausweichen und seinen Gegner durch kurze, schnelle Ausfälle in Schach halten. Aber er mußte vor der zischenden Klinge immer weiter zurückweichen. Blofeld, der den Sieg witterte, machte jetzt einige blitzschnelle Schritte und stieß wie eine Schlange zu. Bond sprang zur Seite, sah seine Chance und holte mit dem Stock aus. Er traf Blofeld an der rechten Schulter. Blofeld schrie auf: Sein Schwertarm! Bond ging zum Angriff über, stieß immer wieder mit seiner Waffe zu und erzielte auch einige Körpertreffer, aber eine von Blofelds Paraden schnitt von Bonds Stock den lebenswichtigen halben Meter zusätzlicher Länge wie einen Kerzenstumpf ab. Blofeld erkannte seinen Vorteil sofort, griff an, machte ungestüme Ausfälle, die Bond nur parieren konnte, indem er gegen die breite Seite des Schwertes schlug, um es von sich abzulenken. Doch jetzt war der Stock durch den Schweiß seiner Hände schlüpfrig geworden, und zum erstenmal spürte er den kalten Hauch der Niederlage im Nacken. Blofeld schien das zu fühlen, denn er stürmte plötzlich nach vorn, um Bonds Verteidigung zu unterlaufen. Bond schätzte die Entfernung zur Wand hinter sich ab und sprang rückwärts. Dennoch fühlte er die Schwertspitze quer über seinen Bauch streichen. Durch seinen Anprall gegen die Wand hinter ihm wieder nach vorn geschleudert, unternahm er einen Gegenangriff, stieß das Schwert mit seinem Stock zur Seite, ließ seine Waffe fallen, stürzte sich mit ausgestreckten Armen auf Blofelds Hals und umklammerte diesen mit beiden Händen. Einen Augenblick lang stießen die beiden schweißtriefenden Gesichter fast zusammen. Der Knauf von Blofelds Schwert hämmerte in Bonds Seite. Bond spürte die Schläge kaum. Er drückte mit den Daumen zu, drückte, und drückte, hörte das Schwert klirrend zu Boden fallen, spürte Blofelds Finger und Nägel, die sein Gesicht zerkratzten und seine Augen zu erreichen suchten. Bond zischte durch die zusammengebissenen Zähne: »Stirb, Blofeld, stirb!« Und plötzlich hing dessen Zunge heraus, die Augen verdrehten sich nach oben; der Körper sackte zusammen. Doch Bond ließ ihn nicht los, kniete sich hin, die Hände um den kräftigen Hals verkrampft, sah nichts, hörte nichts in seinem Blutrausch.
    Langsam kam Bond wieder zu sich. Der Kopf des goldenen Drachen auf der schwarzen Seide spie Feuer gegen ihn. Er löste seine schmerzenden Hände vom Hals und stand auf, ohne noch einmal in das blau-rote Gesicht zu sehen. Er taumelte. Mein Gott, wie sein Kopf schmerzte! Was mußte jetzt noch getan werden? Er versuchte sich zurückzuerinnern. Er hatte doch irgendeine schlaue Idee gehabt. Was war es nur? Ach ja - natürlich! Er hob Blofelds Schwert auf und ging wie im Traum durch den engen Gang in den Folterraum. Er schaute zur Uhr auf. Fünf Minuten vor Mitternacht. Da war der Holzkasten, schlammbespritzt, neben dem ^ron, auf dem er gesessen hatte. Er ging hinüber und zerschlug den Kasten mit einem Schwertstreich. Ja - der große Ventilverschluß, den er erwartet hatte! Er kniete nieder und drehte, bis er völlig geschlossen war. Was würde jetzt eintreten? Das Ende der Welt? Bond rannte durch den Gang zurück. Jetzt mußte er hier heraus, von diesem Platz verschwinden! Aber sein Fluchtweg wurde von den Wächtern versperrt! Er riß einen Vorhang zur Seite und schlug das Fenster mit dem Schwert ein. Davor befand sich eine Balustrade, die um das ganze Stockwerk zu laufen schien. Bond sah sich nach einem Kleidungsstück um. Es gab nur Blofelds kostbaren Kimono. Kaltblütig riß er ihn von der Leiche, warf ihn sich über und befestigte die Schärpe. Er sah auf Irma Bunt hinunter. Sie atmete schwer. Bond ging zum Fenster und kletterte hinaus, wobei er darauf achtete, mit den bloßen Füßen nicht in die Glasscherben zu treten.
    Er hatte sich geirrt! Die Balustrade war kurz und an beiden Enden abgeschlossen. Er
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