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Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Titel: Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
Autoren: Deborah Tannen
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schon der leisesten Andeutung, dass irgendjemand, insbesondere eine Frau, ihnen Anweisungen geben könnte, widersetzen. Eine Frau neigt dazu, eine Bitte, die unbeantwortet bleibt, zu wiederholen, weil sie überzeugt ist, dass der Mann ihrer Aufforderung nachkommen wird, sobald er nur begriffen hat, wie viel ihr daran liegt. Aber ein Mann, der nicht das Gefühl haben will, Anordnungen zu befolgen, zögert die Erfüllung der Bitte vielleicht instinktiv hinaus, um sich selbst zu überzeugen, dass er nur aus freien Stücken handelt. Nörgelei ist das Ergebnis, denn jedes Mal, wenn die Frau ihre Forderung wiederholt, schiebt der Mann die Erfüllung erneut hinaus.

Die verschiedenen Metamitteilungen des Helfens
    Emily und Jacob richteten ihre Hochzeit nach ihren eigenen Vorstellungen aus, aber Emilys Eltern wollten sich an den Kosten großzügig beteiligen. Besorgt, ob auch alles klappen würde, riefen die Eltern häufig an und stellten detaillierte Fragen nach den zu zahlenden Preisen und dem beauftragten Service: Welche Vorspeisen würde es geben? Wie groß wäre die Portion pro Gast? Woraus würde der Hauptgang des Essens bestehen? Würden Sellerie und Karotten an jedem Tisch einzeln serviert? Welche Blumen würden auf den Tischen stehen? Waren alle diese Dinge schriftlich festgehalten worden? Für Emily und Jacob waren diese detaillierten Fragen gleichbedeutend mit der Unterstellung, dass ihre Hochzeit zu einer Katastrophe auszuarten drohe, weil sie unfähig wären, sich allein darum zu kümmern. Als Emily protestierte, antwortete ihre Mutter: »Wir möchten mit euch gemeinsam planen; wir möchten euch helfen.«
    Das Angebot oder die Gewährung von Hilfe hat ähnlich wie die Sympathiebekundung immer etwas Paradoxes. Insoweit das Angebot den Bedürfnissen des Hilfsempfängers entgegenkommt, ist es ein großzügiger Zug, der von Anteilnahme zeugt und persönliche Beziehungen festigt. Doch asymmetrisch gesehen übernimmt derjenige, der die Hilfe gewährt, eine überlegene Position gegenüber demjenigen, dem Hilfe angeboten wird. In Anlehnung an die Terminologie von Gregory Bateson könnten wir die Hilfe als eigentliche Mitteilung  – als die offensichtliche Bedeutung des Vorganges – verstehen. Aber gleichzeitig verbindet sich der Akt des Helfens mit Metamitteilungen  – das heißt mit Informationen darüber, welche Beziehungen zwischen den Beteiligten bestehen, welche Haltung sie zu ihren Worten und Handlungen und zu den Empfängern dieser Worte und Handlungen einnehmen. Mit anderen Worten – die Mitteilung des Helfens lautet: »Dies ist gut für dich.« Aber die faktische Gewährung von Hilfe sendet vielleicht die Metamitteilung: »Ich bin kompetenter als du« – und so gesehen ist die Hilfe vor allem gut für den Helfenden.
    Für die richtige Deutung der Metamitteilungen über Status oder Bindung bei einem bestimmten Hilfsangebot, oder bei irgendeinem anderen kommunikativen Vorgang, ist es wichtig, wie etwas gesagt oder getan wird. Wenn jemand zum Beispiel Anteilnahme ausdrückt, wird der hervorgerufene Gesamteindruck davon bestimmt, welche Worte für die Äußerung gewählt werden, welchen Tonfall man anschlägt und welche Mimik und Gestik die Aussage begleiten. All diese Signale senden Metamitteilungen darüber aus, wie die Kommunikation gemeint ist. Ein »tröstender« Klaps kann den Eindruck von Herablassung verstärken; ein teilnahmsvoller Blick weist vielleicht darauf hin, dass die andere Person schweren Kummer hat; eine mitfühlende Frage, die von einem spontanen Lächeln begleitet wird, könnte stattdessen darauf hindeuten, dass man Gemeinsamkeiten unterstreichen will.
    Die widersprüchlichen Metamitteilungen, die bei Hilfsangeboten häufig mitschwingen, werden besonders deutlich, wenn die Beteiligten aufgrund ihres Berufs in einer hierarchischen Beziehung zueinander stehen. So, wie Eltern oft bei dem Versuch scheitern, »Freunde« ihrer Kinder zu sein, so werden auch Vorgesetzte, die ihren Angestellten freundschaftliche Ratschläge geben wollen, immer wieder feststellen, dass ihre symmetrisch gemeinten Worte durch einen asymmetrischen Filter interpretiert werden.
    Der Leiter einer Wohnanlage für Pensionäre zum Beispiel hatte Verständnis dafür, dass Teile des Pflegepersonals sich über die schlechte Bezahlung beschwerten; auf einer Zusammenkunft hielt er eine Rede, die, wie er glaubte, seine Anteilnahme ausdrückte. Er solidarisierte sich mit den Angestellten und gab zu, dass ihr Gehalt zu niedrig
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