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Dschungelkind /

Dschungelkind /

Titel: Dschungelkind /
Autoren: Sabine Kuegler
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in unserem Gesicht.
    Nun begannen die Fayu-Männer, unsere Haare anzufassen, dann unsere Haut und unsere Gesichter. Sie fingen zu reden an, ihre Stimmen wurden immer lauter vor Aufregung. Die Angst vor ihnen verschwand und machte unserer kindlichen Neugier Platz.
    Nach einigen Minuten kämpften wir uns aus der Menge heraus und liefen zum Hubschrauber. Da bemerkte ich, dass einige nackte Frauen am Rande des Urwalds standen. Sie hatten kleine Kinder auf dem Arm und sahen nicht so wild aus wie die Männer. Langsam ging ich auf sie zu. Doch als ich mich näherte, fingen die Kinder an zu schreien, und die Frauen rannten zurück in den dunklen Wald. Ich schaute ihnen einen Augenblick nach, ging dann aber zum Hubschrauber zurück, wo Papa und der Pilot unser Gepäck abluden. Die Stammeskrieger halfen ihnen, die Last zu unserem Holzhaus zu bringen.
     
    Mein neues Zuhause lag auf einer kleinen Lichtung, gesäumt rechts vom Klihi-Fluss und links vom Urwald. Weil dieses Gebiet regelmäßig überschwemmt wurde, stand das Haus auf mehreren hohen Holzbalken.
    Das ganze Gebäude war mit grünem Draht umwickelt, um Insekten und sonstiges Getier fern zu halten. Dies wäre eine gute Idee gewesen, wenn sie denn funktioniert hätte. Wir hatten nämlich trotz allem immer wieder ungebetene nächtliche Besucher in unserem Haus. Mama ist die ganzen Jahre hindurch oft des Nachts aufgestanden, um auf Ratten- oder Insektenjagd zu gehen. Wer Freude daran hatte, waren die Fayu, weil sie die Beute am nächsten Morgen zum Frühstück essen konnten.
    Ein geschmückter Fayu-Krieger
    Das Innere des Hauses war in zwei große Zimmer aufgeteilt, eines zum Kochen, Essen und Wohnen, das andere zum Schlafen. An das Schlafzimmer grenzte ein kleines Bad. Es gab keine Türen, sondern Tücher, die wir an der Decke befestigt hatten. Wenn eines der Tücher aufgeschlagen war, bedeutete dies, dass wir den Raum betreten konnten, hing das Tuch vor der Öffnung, war der Raum besetzt.
    Zu den wenigen »Luxus-Artikeln«, die Papa eingebaut hatte, gehörten zwei Waschbecken, eines im Bad, das andere in der Küche. Regenwasser wurde aus mehreren Metalltonnen ins Innere des Hauses geleitet, und wir benutzten es zum Trinken und Kochen. Während der Trockenperiode wurde es aber oft problematisch. Dann mussten wir Wasser aus dem Fluss holen und abkochen.
    In der Küche stand ein kleiner Kerosinofen mit zwei Brennern, auf dem wir kochten. Gegenüber an der Wand hatte Papa einfache Bretter befestigt, die als Regale für Pfannen, Töpfe, Teller, Becher und so weiter dienten. Ganz hinten an den Wohnraum grenzte noch ein kleines Zimmer mit einem Tisch und Regalen an der Wand, wo wir unsere Lebensmittel aufbewahrten.
    Auf diesem kleinen Tisch stand ein Kurzwellen-Funk(sprech)gerät, und jeden Morgen, pünktlich um acht Uhr, mussten wir uns mit der Basis in Danau Bira in Verbindung setzen. Da wir keinen Strom hatten, sondern nur eine Batterie und Danau Bira auch nur begrenzt mit Elektrizität versorgt wurde, war dieser Zeitpunkt vereinbart worden, zu dem sich alle, die sich im Urwald aufhielten, täglich melden mussten – aus Sicherheitsgründen. Meldete sich eine Basis oder Station nicht innerhalb von drei Tagen, so wurde ein Hubschrauber losgeschickt, um nachzusehen, ob etwas passiert war.
    Das Schlafzimmer war durch ein langes Tuch in zwei Hälften geteilt; eine Hälfte für meine Schwester und mich, die andere, in der meine Eltern gemeinsam mit meinem Bruder schliefen. Die Betten waren aus langen zusammengenagelten Brettern gebaut, auf denen dünne Schaumstoffmatratzen lagen. Über den Betten waren Moskitonetze befestigt, die wir nachts unter die Matratzen klemmten, um uns vor Mücken und anderen Insekten zu schützen.
    Papa hatte mein Bett und das meiner Schwester Judith genau unter das Fenster genagelt. Er hatte sich wahrscheinlich dabei gedacht, dass es für uns so kühler sein würde, weil das Fenster nur aus grünem Draht bestand. Es war kühler … besonders wenn es regnete. Denn wenn es in den Tropen regnet, dann in Strömen, und so wurden wir öfter nachts wach und waren bis auf die Haut durchnässt. Also standen wir auf, zogen unsere nassen Sachen aus und schlichen uns zur anderen Hälfte des Zimmers zu meinen Eltern. Die dann morgens oft mit drei Kindern in ihrem Bett erwachten anstatt mit nur einem.
    Das »Bad« bestand lediglich aus einem kleinen Waschbecken, einer Fläche aus Zement, auf der wir vor dem Schlafengehen unsere Füße wuschen. Wir hatten auch eine
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