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Dschungel-Gold

Dschungel-Gold

Titel: Dschungel-Gold
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das man geschlagen hat und das nicht weiß, warum es geschlagen wurde. Sie lag auf dem Sofa, das Gesicht in ein Kissen gedrückt, und ihr ganzer Körper schien sich in ein einziges Zittern aufzulösen.
    Carlos rannte wie ein eingesperrter Kampfstier herum und brüllte durch die Gegend. »Wenn ich den Kerl kriege«, schrie er, »in Stücke reiße ich ihn! In Stücke! Lisa, Kleines, soll ich Antonio im Scheißesee ersäufen? Soll ich …«
    Sie schüttelte den Kopf und weinte weiter. Miguel starrte an die Wand und begriff, daß Worte jetzt keinen Trost bringen konnten. Nur Pedro, der Jüngste, behielt einen klaren Kopf.
    »Das Leben eines Menschen besteht aus Kapiteln«, sagte er. »Nun gut – das Kapitel Tortosa ist abgeschlossen … auf ihn warten neue Lebensabschnitte. Darauf sollten wir uns konzentrieren, nicht auf die Vergangenheit. Im nächsten Jahr wird man fragen: Tortosa? Wer war Tortosa? Ach, der Wunderheiler mit den gebleichten Haaren. Der Spinner, der Tee mischte. – Lohnt es sich überhaupt, darüber zu sprechen?«
    »Er hat mich betrogen!« schrie Belisa und zuckte aus den Kissen hoch.
    »Betrogen?« Carlos ballte die Fäuste. »Hat er dich gevögelt?«
    »Nein!«
    »Dann vergiß es!« Carlos sah ratlos seine Brüder an. Er hat nicht … warum benimmt sie sich dann, als habe er ihr ein Kind gemacht? Die dämlichen Weiber … auch Belisa ist da keine Ausnahme. Weint sich die Seele aus dem Leib, nur weil so ein Kerl, eine stille Liebe, abhaut. Soll einer die Weiber verstehen … »Pedro hat recht: Es gibt Wichtigeres als blondierte Wunderheiler. Nur sein Tee wird mir fehlen. Er hat mir immer gutgetan …«
    Belisa kam nicht zu Dr. Falke. Nicht am nächsten Tag, nicht in den folgenden Tagen. Sie ließ sich überhaupt nicht mehr sehen. Die Goldabrechnungen hatte Pedro übernommen. Suffolk, der sich auf seiner Baustelle verbarrikadierte, wurde nicht angegriffen. Pater Burgos, der Belisa wegen eines Toten sprechen wollte, wurde nicht zu ihr gelassen. Miguel fing ihn ab.
    »Wie geht es ihr?« fragte Burgos mutig.
    Miguel spielte den Gleichgültigen. »Gut«, antwortete er. »Warum fragen Sie, Pater?«
    »Ich habe sie tagelang nicht gesehen.«
    »Die Chefin ist sehr beschäftigt. Neue Projekte …«
    »Am Sonntag war sie auch nicht in der Kirche.«
    »Man kann auch zu Hause beten. Predigen Sie nicht immer: Gott ist überall?«
    »Das stimmt.«
    »Na also, wozu die Frage?!«
    »Es wäre gut, wenn ich sie sprechen könnte.«
    »Kein Bedarf!« Miguel wurde ungeduldig. »Wenn die Chefin mit Ihnen sprechen will, wird sie das sagen.«
    »Gewiß. Grüßen Sie sie von mir.«
    »Nein.«
    »Warum nicht?!«
    »Von Grüßen hat sie die Nase voll! Noch einen schönen Tag, Pater.«
    Später sagte Burgos zu Dr. Falke: »Belisa vergräbt sich wie eine trauernde indische Witwe. Doktor, ich will nicht aufdringlich sein, aber ich glaube, daß du dich um sie kümmern solltest.«
    »Sie hat mich nicht gerufen.«
    »Du weißt, daß sie das nie tun wird. Aber sie wartet auf dich.«
    »Wie willst du das wissen?«
    »Mein Gefühl.«
    »Ich lasse mich ungern hinauswerfen. Ich warte auf ein Zeichen von ihr.«
    »Darauf wartest du schon drei Jahre.«
    »Und wenn – ich habe Zeit. Ich lasse mich von ihr nicht unterkriegen!«
    »Ihr zwei Dickschädel! Dabei kann der eine ohne den anderen nicht mehr auskommen. Warum wagst du nicht diesen kleinen Schritt?«
    »Sie will herrschen. Sie will auch mich beherrschen. Aber ich lasse mich nicht beherrschen.«
    »Dr. Falke, der Macho!«
    »Nein, in ihren Händen wäre ich wie weiches Wachs. Aber diese Hände müßten streicheln und nicht zudrücken. Und darauf warte ich.«
    Ungefähr zehn Tage später brachte eines der Transportflugzeuge Post nach Diwata. Auch ein Brief für Dr. Falke war dabei. Ein Brief von David Tortosa. Er schrieb:
    »Mein lieber Doktor.
    Wenn Sie diesen Brief erhalten, bin ich längst in Manila oder gar schon in Los Angeles. Ich habe die Uniform wieder angezogen, auch wenn ich mich unwohl fühle, sie noch zu tragen. Ich habe versagt, und für einen Offizier ist es schwer, das zu verkraften. Ich muß darüber hinwegkommen, und das wird eine Zeit dauern. Sie werden sich oft gefragt haben, warum ich Diwata so plötzlich verlassen habe, ohne Ihnen einen Grund zu nennen oder mich von Ihnen zu verabschieden. Ein Abschiednehmen hätte auch Wahrheit bedeutet, und das hole ich heute nach. Antonio Pérez hat mir das Leben gerettet, und man bringt keinen Menschen um, dem man sein Leben
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