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Drimaxid 04 - Antara

Drimaxid 04 - Antara

Titel: Drimaxid 04 - Antara
Autoren: Timo Bader
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sehen. Diese Gabe bildet die Grundlage für Prophezeiungen, so heißt es.
    Hellsehen , überlegte er. Was passiert in der Zukunft?
    »4356 Sekunden« , mischte sich KAI-ner von beiden in leicht genervtem Tonfall in seinen inneren Monolog ein.
    Erneut strömten verlorene Erinnerungen in Adams Bewusstsein. Diesmal nicht in Form von Bildern, die er sehen konnte, sondern Emotionen, die ihn deutlich spürbar durchzuckten. Ein beklemmendes Gefühl von Klaustrophobie ( Hast du Angst vor dem Aufenthalt in geschlossenen Räumen? , kicherte eine Hexenstimme in seinen Gedanken) und eine unsagbare Furcht vor der Dunkelheit ( Leidest du an Achluophobie? ) breiteten sich in ihm aus.
    Nein. Ich leide an Mechanophobie. Verflucht noch mal: Ich habe Angst vor Maschinen! , antwortete Adam, ohne zu wissen, was das bedeutete.
    »Der Weltraum, unendliche Weiten …« , nörgelte KAI-ner von beiden. »4356 Sekunden … Der Weltraum, unendliche Weiten … 4356 Sekunden …«
    Nach der fünften oder sechsten Wiederholung verstand Adam endlich, was das Neutrum ihm mitteilen wollte. Ich bin nicht von unendlicher Weite umgeben , löste er das Rätsel seiner gegenwärtigen Umgebung, sondern in einem Kleiderschrank eingeschlossen!
    Schlimme Erinnerungen an seine frühe Kindheit überfielen Adam mit einer solchen Wucht, dass er praktisch keinen Widerstand bot. Mühelos drangen sie in ihn ein und tanzten in wirrem Reigen durch sein tiefstes Inneres. Wie ein eisiger Strom durchflutete ihn der Gedanke, eingesperrt zu sein.
    Eine enorme Mannigfaltigkeit gegenteiliger Gefühle stieg in ihm hoch. Grässliche Angst. Terror. Ein starkes Gefühl von Unwohlsein und Ungemütlichkeit. Aber auch ein Hauch von Heimeligkeit und Ruhe.
    Hastig streifte Adam die Erinnerungen wie einen alten Mantel von seinen Schultern, konnte sich aber nicht ganz von seiner Vergangenheit freimachen. Tiefer und immer tiefer versank er im kaleidoskopischen Theater seiner Gedanken.
    Das nächste Kapitel im Buch mit dem Titel ›Adams Weg zur Selbstfindung‹ trug den Titel ›Der Krieg war grausam‹. Abrupt fand er sich auf dem Todesplateau wieder. Vor ihm tobte die erbitterte Schlacht auf ihrem Höhepunkt. Der lauwarme Wind wälzte einen verdorrten Busch über die Ebene aus rostfarbenem Stein.
    Als Adam die Kämpfenden sah, hätte er trotz der ernsten Situation beinahe laut gelacht: Soldaten in militärischen Tarnanzügen kämpften mit tödlicher Verbissenheit gegen … Scherenschnittmänner. Grunzende, springende und rennende Schattenbilder menschlicher Silhouetten. Doch die Schattenrisse hatten nichts Liebenswertes an sich, wie die Schattenspielfiguren in Adams Kindergarten, sondern waren lebende, gewissenlose Tötungsmaschinen.
    Adam blinzelte und das Bild veränderte sich. Zwar blieb die Szenerie dieselbe, doch es schien, als hätte ihm jemand eine Brille auf die Nase gesetzt, mit der er in die Scherenschnittmänner hineinsehen konnte. Hinter den Schablonenfiguren machte er menschliche Wesen aus: schrecklich deformierte Männer und Frauen mit knochenähnlichen Auswüchsen, von unstillbarem Blutdurst erfüllt.
    Mutanten! , kreischte Adams Verstand.
    Schnell blätterte er eine Seite weiter im Buch mit dem Titel »Adams Weg zur Selbstfindung«, doch leider musste er feststellen, dass er bereits am Ende der Geschichte seines Lebens angekommen war. Die Mutanten waren das letzte große Geheimnis auf seinem steinigen Weg ins Nirgendwo gewesen.
    Willkommen in Trojon , begrüßte ihn eine zarte Stimme, die vor langer Zeit – wie Albert – in seinem Kopf existiert hatte.
    Das letzte Puzzlestück fügte sich in die noch verbliebene Lücke ein. Und Adam traf die dritte und letzte seiner multipel gespaltenen Persönlichkeit: Endymion.
    Der undurchsichtige Nebel vor seinen Augen lichtete sich und gab ihm den Blick auf ein bleiches Gesicht frei, das von schmal rasierten Koteletten eingerahmt war und auf dem ein froher Ausdruck lag. Endymions Haare waren zu Zöpfen geflochten und ein Nasen-Piercing schmückte das weibische Antlitz des jungen Mannes.
    Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes , wisperte eine Stimme in Adams Hinterkopf. Im Namen von Adam, Albert und Endymion …
    Adam fühlte sich durch die Worte an einen alten, italienischfranzösischen Film mit dem Titel ›Die drei Gesichter der Furcht‹ erinnert.
    Der Januskopf, den er vor seinem inneren Auge heraufbeschworen hatte, zog sich zusammen, dehnte sich, und gebar ein drittes Gesicht. Die Kelten haben viele Götter
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