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Dreimal Liebe

Dreimal Liebe

Titel: Dreimal Liebe
Autoren: Carina Bartsch
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Radiohead. Ich habe mir das Lied angehört.« Langsam schüttelte sie den Kopf. »Ich finde nicht, dass du dich so fühlen solltest. Niemals.«
    Joel betrachtete ihr Gesicht, ließ sich einnehmen von dem Zauber ihrer durch die Kälte geröteten Wangen und verlor sich im Anmut ihrer Augen. Selbst wenn Joel Weltfrieden schaffen, ein Heilmittel für Aids finden, alles Geld und die Ressourcen dieser Welt gerecht verteilen würde – neben Hailie käme er sich immer noch wie ein Widerling vor.
    Ein Hupen ertönte jäh und Hailie blickte kurz über ihre Schulter. »Ich muss«, sagte sie.
    Joel sollte wohl Nicken, doch das tat er nicht. Stattdessen schwieg er und lenkte seine Augen wieder auf den MP3-Player. Seine Finger strichen über das weich angeraute Plastik. »Wo finde ich das Fach für die Batterien?«, fragte er.
    »Nirgendwo. Es funktioniert mit einem Akku, den man aufladen muss.«
    Seine Stirn legte sich kaum merklich in Falten. »Aber wie soll ich das machen?«
    Erneutes Hupen drang von draußen in die Halle.
    Hailie biss sich auf die Unterlippe, sah von der Tür zu Joel und holte schließlich einen gefalteten Zettel aus der Hosentasche. Sie betrachtete ihn selbst eine Weile, dann nahm sie Joels Hand, öffnete sie, legte den Zettel hinein, und schloss sie wieder. Für einen Moment ließ sie die Hand auf seiner liegen. Erst als es abermals hupte, sah sie zu ihm auf. »Du musst zu mir kommen, wenn du ihn aufladen willst.«
    Ihr Blick in seine Augen war so durchdringend, dass Joel nicht einmal zu blinzeln wagte. Langsam ging Hailie rückwärts, entfernte sich mit jedem Schritt ein bisschen mehr von ihm. Als sie mit dem Rücken gegen die Tür stieß, blieb sie, untermalt von dem nächsten Hupen, noch einen Augenblick stehen. Dann drückte sie mit hängenden Schultern die Klinke nach unten und verschwand nach draußen.
    Joel sah ihr nach, wie er es schon einmal vor vier Wochen getan hatte. Erst nach einer Ewigkeit fühlte er wieder die Wärme, die Hailie auf seiner Hand zurückgelassen hatte. Er öffnete sie, nahm den Zettel und faltete ihn langsam auf.
    Hailie Miles
    7314 192 nd Street
    Fresh Meadows, NY 11366
    Bitte.

Nachwort
    Weil ich oft gefragt werde, wie meine Geschichten entstehen, möchte ich gerne für all jene, die es interessiert, diese Frage gleich im Nachwort beantworten.
    »Wenn man Farben schmecken könnte«
    Blindheit ist ein Thema, das mich schon öfter beschäftigt hat. Wenn ich auf mich selbst achte, dann merke ich, dass ich mich wahnsinnig auf mein Augenlicht verlasse. Genau das bringt mich immer wieder zu der Frage, was wäre, wenn ich es nicht hätte und wie Menschen damit umgehen, die es, sei es von Geburt an oder durch einen Unfall, nicht besitzen. Ich wollte diese Thematik nicht nur oberflächlich durchdenken, sondern mich richtig in eine blinde Person hineinversetzen, und das kann ich am besten, wenn ich viel Zeit mit dieser Person verbringe. Beim Schreiben findet genau das statt. Fiktive Charaktere sind wie enge Freunde, die mich eine Weile in ihren Kopf und ihr Leben blicken lassen.
    »Wenn man Farben schmecken könnte« ist für mich eine Art modernes Märchen, das widerspiegelt, was ich allen Menschen wünsche, die anders sind als andere.
    »Kein greifbarer Gegner«
    Vor mehreren Jahren ist meine Mutter an Brustkrebs erkrankt. Sie hatte großes Glück und es geschafft, den Krebs zu besiegen. Dieses Glück hat leider nicht jeder. Als ich sie damals im Krankenhaus besucht habe, ist mir einmal im Flur ein junges Pärchen entgegengekommen. Ein junger Mann mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm, daneben seine Frau, höchstens Anfang dreißig und deutlich vom Krebs gezeichnet, so sehr, dass man ihr ansehen konnte, dass sie nicht mehr gesund wird. Ich habe die drei noch ein paarmal im Besucherzimmer gesehen, unbeabsichtigt, weil ich daneben saß, Gesprächsfetzen mitangehört, und den Mann später auf dem Gang stehen und weinen sehen.
    Mich hat das wochenlang verfolgt, und so inspirierte es mich schließlich zu der Kurzgeschichte von Jan und Sonja.
    »Die vergessenen Kinder von Brooklyn«
    New York ist eine wahnsinnig faszinierende Stadt; ich glaube, so geht es ganz vielen, wenn sie an die hell erstrahlende Wolkenkratzermetropole jenseits des Großen Teiches denken – so auch mir. Bekanntermaßen weiß man aber, dass Licht nur in Begleitung von Schatten existieren kann, und genau diesem Schatten wollte ich mich widmen. Der Charakter von Joel entstand in meinem Kopf und es war, als hätte er
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