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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1
Autoren: PeP eBooks
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Erinnerung. »So geht’s auch nicht!«, sagt Schlomo und beendet den Zustand, hängt den Hörer wieder ein.
    Und siehe da, es scheint, als habe das Telefon »begriffen«. Zwei Tage bleibt es still. Es ist Wochenende. Vielleicht hat es seine Lektion gelernt.
    Man atmet auf.
    Leider zu früh gefreut. Am Montagmorgen beginnt der Spuk aufs Neue.
    Die Familie resigniert. Offenbar ist man machtlos. »Wir sollten uns nicht so regen auf deswegen!«, sagt Mamele beschwichtigend.
    Sie versucht es mit Ohrstöpseln aus Wachs, aber da bei jedem Telefonklingeln der Sittich erschreckt und ohrenbetäubend los- kreischt, nützt das wenig, außer man deckt das Tierchen zu. Aber das bringt keiner übers Herz, außer zur Nachtzeit.
    Inzwischen gibt es so etwas wie eine schweigende Übereinkunft. Man redet über diese Sache einfach nicht mehr. Es klingelt eben. Das ist lästig wie Wespen im Sommer oder eine tropfende Nase im Winter. –
    Sie sind bei den Wiederaufnahmeproben für den »Bar Kochba« im Concordia; die erste Aufführung im neuen Haus soll in zehn Tagen stattfi nden. Schlomo ist mit Verve bei der Arbeit und treibt das Ensemble mit seinem Tempo und seiner Intensität unbarmherzig vorwärts. Dementsprechend erschöpft ist er auch, wenn man endlich spät am Abend am Spittelmarkt ankommt. Mit einem Becher warmer Milch mit Honig und Muskat hat sich der Hauptdarsteller diesmal schlafen gelegt, als sei er Mames kleiner Junge – das hatte Selde ihrem Kinderstar verordnet, wenn er zu überdreht war nach einer Aufführung.
    Er muss schlafen. Sie geht in ihr Zimmer, wird noch etwas lesen. Alles ist ruhig. Doch auch in dieser Nacht beginnt das Teufelsding im Flur seine Töne auszuspucken.
    Leonie richtet sich im Bett auf. Ihr Herz klopft bis zum Hals. Sietastet nach dem Lichtschalter in ihrem Zimmer. Sie steht auf und geht hinaus auf den Flur. Niemand regt sich. Vielleicht haben Mendel und Selde einfach die Bettdecken über den Kopf gezogen. Und der Sittich in seinem Bauer ist still und schläft.
    Entschlossen streckt sie die Hand aus, nimmt den Hörer ab. »Hier spricht Leonie Lamedé«, sagt sie fest. »Was wollen Sie? Hören Sie auf, uns zu belästigen. Schlomo Laskarow zu belästigen.«
    Einen Augenblick das Schnaufen. Dann eine fahle Stimme, die sich anhört, als würde jemand durch ein Tuch reden. »Judenhure. Was passiert, wenn ein Haus brennt? Weißt du’s?« Und dann folgt eine Reihe von unfl ätigen Beschimpfungen. Sie hängt den Hörer ein, lehnt sich für einen Augenblick an die Wand. Sie bebt am ganzen Leib.
    Zu Schlomo! Ja, er ist wach geworden und sitzt aufrecht im Bett.
    »Elies Rachmones! Hat er mit dir .., geredet?«
    Sie nickt, kann zunächst nichts sagen. Schmiegt sich in seine Arme, klammert sich an ihn. Er hält sie ganz fest.
    »Was .., was sagt er zu dir?«, flüstert sie. Er dreht unruhig den Kopf, als wolle er sich aus einer Schlinge befreien. »Dies dumme Interview«, sagt er. »Es haben eben doch welche zugehört. Die Falschen. Und meinen letzten Satz, den, wo der Techniker abbrechen musste – den mit dem Haus –, sie verdrehen ihn mir nun. Im mer und immer wieder diesen Satz. Du weißt ja, ich wollte sagen: Wenn ein Haus brennt, muss man doch löschen. Aber sie haben mich über die erste Hälfte nicht hinauskommen lassen .., «
    Er löst sich von ihr, hält die Hände an die Schläfen, beginnt zu ihrem Entsetzen, sich hin und her zu schaukeln, wie die Gläubigen mit den Seitenlocken im Scheunenviertel.
    »Es geht immer ums Feuer. Brandstifter. Wir sind die Brandstifter. Aber ehe wir alles anstecken, sollen wir es sein, die brennen. Manchmal auch: Ich soll brennen«, fügt er hinzu. Die Stimme versagt ihm.
    Leonie schlingt wieder die Arme um ihn, zieht seinen Kopf an sich. Er macht sich frei, versucht ein Lachen.
    »Es sind alberne Drohungen, aber trotzdem nehmen sie mich ganz schön mit. Entschuldige.«
    »Aber was will der von dir?«
    Schlomo zögert. Dann sagt er: »Keine Ahnung.« Aber es klingt unecht.
    Sie fühlt sich furchtbar hilfl os. Neben dem Bett steht der halb geleerte Becher mit der Milch. »Trink noch einen Schluck!«, flüstert sie.
    »Wenn es kalt ist, schmeckt es nebbich nicht«, sagt er. »Und wenn es eine Haut hat, muss ich davon kotzen.« Dann schiebt er sie zurück, fasst ihr Gesicht in beide Hände und sieht ihr forschend in die Augen. »Was hat dieser Meschumed, dieser Schurke, zu dir gesagt?«
    »Judenhure. Und ob ich weiß, was passiert, wenn ein Haus brennt. Und was dann kam
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