Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drei Wunder (German Edition)

Drei Wunder (German Edition)

Titel: Drei Wunder (German Edition)
Autoren: Alexandra Bullen
Vom Netzwerk:
irgendwelche Exkursionen verlassen.
    »Wir sind hier fast in The Haight«, erklärte Miles und nickte vage hinter sich. »Vielleicht hast du schon mal davon gehört, das ist ein Stadtteil von San Francisco, wo es ’ne ziemlich coole Szene gibt, einige gute Cafés und Imbissläden. Natürlich musst du erst mal an jeder Menge Läden mit Wasserpfeifen und so Kram vorbei, um sie zu finden …«
    Olivia ließ ihren Blick von einer Gruppe von Schülern zur nächsten gleiten. Zu Hause war die Mittagspause wie eine Karte der sozialen Landschaft der Highschool gewesen. Der lange Tisch am Fenster war immer für Olivia und ihre Freundinnen reserviert gewesen. Die Theaterfreaks saßen auf dem Boden. Die Computernerds spielten mit ihrem neuesten Schnickschnack in der Nähe der Salatbar. Die Clowns bewarfen sich vor den Automaten mit fettigen Pommes. Es war jeden Tag das Gleiche, Jahr für Jahr, und es war alles, was Olivia kannte.
    Hier gab es anscheinend keine bestimmten Zonen, und für Olivia sah es aus, als gebe es auch keine Grüppchen oder Cliquen. Jeder war völlig einzigartig und irgendwie auch genau gleich. Es sah aus wie beim Mittagessen der Vereinten Nationen, wo es einen Dresscode gab, der enggeschnittene Jeans, Vintage-Kleider, American-Apparel -Sweatshirts und bedruckte T-Shirts vorschrieb.
    »Hast du keinen Hunger?«, fragte Miles.
    Olivia öffnete den Mund, um zu antworten, wurde dann jedoch vom Geräusch eines vorbeirollenden Skateboards abgelenkt. Sie blickte hoch und sah dem Skater geradewegs ins Gesicht. Er war groß, mit zerzaustem aschblonden Haar und strahlenden grünen Augen, die auf eine Art funkelten, die es Olivia unmöglich machte, irgendwo anders hinzusehen.
    Er lächelte, als ihre Blicke sich trafen, ein langsames, freundliches Lächeln, als kenne er sie von irgendwo her. Olivia merkte, wie ihre Wangen sich erneut röteten, als er sich mit seinen blauen Chucks kräftig anschob. Er rollte einen Steinweg hinab und war kurz darauf hinter einem Seitenflügel des Gebäudes verschwunden.
    »Nein, danke«, murmelte Olivia verträumt, dann riss sie sich zusammen und bemühte sich um mehr Aufmerksamkeit. »Ich meine, nicht richtig. Ich habe schon gegessen.« Das stimmte nicht ganz, aber zumindest halbwegs. Sie hatte zwar nichts gegessen, aber sie war auch nicht hungrig. Das war sie seit Monaten nicht mehr. Ihre Mutter hatte sogar schon eine Bemerkung über ihre vorstehenden Schlüsselbeinknochen gemacht, aber das war Olivia egal. Sie wollte nicht abnehmen – sie war nur nicht mehr am Essen interessiert.
    »Also, hast du sie schon entdeckt?«, fragte Miles und zog eine Tüte Biochips aus seiner vollisolierten Brotbox. Er öffnete die Tüte und hielt sie Olivia hin.
    »Wen entdeckt?«, fragte Olivia und lehnte mit einem höflichen Kopfschütteln ab.
    »Die VIPs«, antwortete Miles zwischen knirschenden Bissen. »Die Promis. Die Sehen-und-Gesehen-Werden.«
    Olivia überflog nochmals mit den Augen den Hof.
    »Sie bemühen sich sehr, nicht aufzufallen«, fuhr er fort. »Und sie würden nie zugeben, wer sie sind. Aber wenn du genauer hinsiehst, wirst du sie entdecken.«
    Olivias Blick blieb schließlich an einem kleinen Tisch hängen, der an einer etwas weiter entfernten Wand stand, teilweise durch die niedrig hängenden Äste einer hellrosa blühenden Magnolie verdeckt. Eine Gruppe von Schülern, die im typischen Boho-Chic gekleidet waren und denen man ansah, dass ihre Eltern Geld hatten, tauschten untereinander Tabletts mit Sushi aus, hantierten mit ihren Essstäbchen und lachten. Auf einer Holzbank saß ein dünner Junge mit rotem Haar in einem schwarz-beige karierten Hemd, die langen Beine vor sich ausgestreckt. Auf seinem Schoß saß ein asiatisches Mädchen mit einem niedlichen Babyface und drehte die roten Locken des Jungen um ihre Finger, deren Nägel lila lackiert waren.
    Auf der Mosaiktischplatte saß ein weiteres, sehr schlankes Mädchen mit auffällig geschminkten Augen und seidigem dunklen Haar im Lotussitz und pickte sich aus einer Müslitüte Verschiedenes heraus, was sie in die Luft warf und mit dem Mund auffing. Sie war der Inbegriff des Zwiebel-Looks: gestreifte Kniestrümpfe über gerippten, blickdichten Strumpfhosen, alles zusammen steckte in abgewetzten Motorradstiefeln. Ein langer Wollpulli war über einem hochgeschlossenen Kleid um die Hüften geschlungen, und ein dünner Strickschal wand sich endlos um ihren Hals und ihre Schultern.
    »Ding, ding, ding«, rief Miles neben Olivia und holte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher