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Drei Wunder (German Edition)

Drei Wunder (German Edition)

Titel: Drei Wunder (German Edition)
Autoren: Alexandra Bullen
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schwammigen Sohlen bereits umgedreht hatte. »Gehen wir weiter?«
    Olivia folgte Miles um die Ecke und einen schmalen dunklen Flur entlang, der um die ganze Schule herumführte. Die Golden Gate High war eine verblüffende Mischung aus modernem und mittelalterlichem Design, mit einer schlichten Außenarchitektur aus Schiefer und Glas, die die darin liegenden Labyrinthe aus Korridoren und steinernen Bogengängen verbarg. Es wirkte, als hätte man das Gebäude von außen nach innen renoviert, das Vorhaben jedoch irgendwann unterwegs vergessen.
    »Ist gar nicht so schlecht hier, wenn du dich mal daran gewöhnt hast«, sagte Miles, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Olivia lächelte und verbarg dabei ein weiteres Gähnen hinter dem Ärmel ihres Kaschmirpullis. Es war fast, als befänden sich die grundlegenden menschlichen Umgangsformen zur Zeit außerhalb ihrer Kontrolle. Sie konnte schon froh sein, wenn sie es schaffte, zwischendurch ein paar zusammenhängende Worte herauszubringen.
    »Tut mir leid, wenn ich in so was nicht besonders gut bin«, entschuldigte Miles sich und ging etwas schneller. »Es gibt Leute, die das hier offiziell machen. Du weißt schon, Führungen und so«, erklärte er. »Aber eben nicht im Frühling nach den Ferien, noch dazu an irgendeinem Donnerstag, denke ich mal …«
    Olivia nickte, ihre Beine waren steif, und ihre schwarzen Stiefel fühlten sich wie Klötze an, während sie sich Mühe gab, mit Miles’ Tempo mitzuhalten.
    »Wenn wir schon dabei sind«, Miles blieb an einer Ecke stehen, wo der Flur sich unvermittelt mit einem anderen kreuzte, »was treibt dich überhaupt hierher?«
    Olivia spürte, wie eine vertraute Röte sich ihren Hals hinauf ausbreitete. Sie hatte sich damit abgefunden, mit einer Haut gesegnet zu sein, die ihre Gefühle für alle sichtbar machte, und arrangierte ihre rotblonden Locken normalerweise so, dass sie damit ihr Rotwerden verbergen konnte.
    »Ähm, entschuldige bitte«, stammelte Miles. »Ich wollte nicht unhöflich sein. Es ist nur so, dass so spät im Schuljahr sonst nie Neue kommen, und meine Mutter hat mir bloß erzählt, dass ihr umgezogen seid. Sie wusste noch nicht mal, woher.«
    »Boston«, antwortete Olivia knapp und bohrte die Fäuste tiefer in die flaumigweichen Taschen ihres Pullis. Das war ihre Standardantwort, auch wenn es so nicht ganz stimmte. Aber niemand hatte je von dem kleinen Vorort Willis gehört, der, obwohl er nur zwölf Meilen von Boston entfernt war, genauso gut in einem anderen Staat hätte liegen können, so selten wie Olivia in die Großstadt gekommen war.
    »Wow«, sagte Miles und hob seine dunklen, buschigen Augenbrauen. »Ihr seid aber nicht den ganzen Weg mit dem Auto gekommen, oder?«
    »Nein«, antwortete Olivia ein wenig zu laut, denn bei dem Gedanken an eine derartige Reise durch das ganze Land mit ihren Eltern sträubten sich ihr fast die Haare. Sie waren nicht unbedingt der Typ Familie, die solche Wir-spielen-unterwegs-Ratespiele-Reisen unternahm – zumindest nicht mehr. »Wir sind am Wochenende hergeflogen, damit meine Mom gleich anfangen konnte zu arbeiten«, erklärte sie. »Anscheinend hat die Kanzlei ihr ein Angebot gemacht, das sie nicht ablehnen konnte.«
    »Klar«, sagte Miles mit einem nachdrücklichen Nicken, das zeigte, dass er mehr hinter der Geschichte vermutete. »Die Strecke wäre zum Pendeln wirklich weit.«
    Olivia schaffte es, sich ein Lächeln abzuringen, als er sie durch eine weitere massive Glastür nach draußen führte.
    »Willkommen zur Mittagspause«, verkündete er und ließ seine Umhängetasche aus recycelter LKW-Plane von der Schulter rutschen.
    Der Hof hatte die Form eines großen offenen Kreises, und Sonne und Schatten warfen dunkle Tupfer auf das Kopfsteinpflaster. Um die niedrigen Tische und Bänke, die in Gruppen angeordnet waren, saßen oder standen die Schüler und unterhielten sich und lachten.
    »Wo ist denn die Cafeteria?«, fragte Olivia und versuchte, mit zusammengekniffenen Augen durch die bogenförmigen Fenster ins Haus zu schauen.
    »Na ja, da wäre das Depot .« Miles zuckte mit den Schultern, holte eine Orange aus seiner Tasche und begann, sie mit den Fingern zu schälen. »Kleines Café neben der Eingangshalle. Die haben ganz guten Kaffee, frisches Obst, veganes Gebäck, alles Mögliche. Die meisten von uns bringen sich was von zu Hause mit. Wenn ich lange genug Pause habe, gehe ich meistens raus.«
    »Raus?« Zu Hause in Willis durften die Schüler die Schule nur für
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