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Drei Hände Im Brunnen

Drei Hände Im Brunnen

Titel: Drei Hände Im Brunnen
Autoren: Lindsey Davis
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hell. Ich ritt auf die Sonne zu. Sie stand tief über den Sabinerbergen und beschien irgendwo vielleicht einen Schuppen, in dem zahllose Frauen gefoltert, ermordet und zerstückelt worden waren. Das blendende Licht machte mich noch müder, als ich bereits war. Ständig musste ich die Augen zusammenkneifen, was meiner Konzentration schadete. Es machte mich reizbar und todunglücklich. Ich hatte zu viele Stunden damit verbracht, in schmutzigen Geschäften gegen die Zeit anzureiten, um die Welt von Verbrechern zu befreien. Ihnen folgten nur noch schlimmere Verbrecher und nahmen ihren Platz ein, verderbter in ihren Angewohnheiten, rachsüchtiger in ihrem Verhalten.
     
    Auf den Bauernhöfen regte es sich. Ländliche Karren begegneten mir. Die meisten fuhren in die falsche Richtung, auf Rom zu. Kam ich an welchen vorbei, die in östlicher Richtung unterwegs waren, wurde ich von der Durchsuchung frustrierend lange aufgehalten. Wütend wegen dieser Verzögerungen, die ich nicht auszulassen wagte, wurde ich der Netze mit Kohlköpfen und Rüben, Damaszenerpflaumen und leckender Weinschläuche bald überdrüssig. Zahnlose alte Männer, die nach Knoblauch stanken, hielten mich durch ihre langsamen Bewegungen beim Zurückschlagen der Wagenplanen auf. Aufgeregte Jugendliche mit unstetem Blick starrten mich glupschäugig an. Ich fragte sie alle, ob sie von einem anderen Fahrzeug überholt worden waren; jene, die das bestritten, klangen, als würden sie lügen, und die anderen, die meinten, es könne sein, sagten nur das, was ich offensichtlich hören wollte.
     
    Ich hasste die Campania. Ich hasste die Träumer und Tagediebe, die hier lebten. Ich hasste mich selbst. Warum machte ich das hier? Ich wollte Dichter sein, ein Poet, der in einer friedvollen Bibliothek arbeitete, fern von dem Abschaum der Menschheit, aufgesogen von meiner eigenen, irrealen Welt des Geistes. (Finanziell unterstützt von einem millionenschweren Patron, der die Künste liebte. Falco? Keine Chance!)
     
    Bis Mittag war ich schon recht weit gekommen, hatte bereits Aquae Albulae erreicht. Dort endete mein wilder Ritt. Das Maultier ermüdete zusehends. Auch ich war steif und halb tot. Ich war die ganze Nacht auf gewesen, musste mich dringend ausruhen und hoffte nur, dass der Mörder unterwegs ebenfalls Pause machte. Er konnte nicht wissen, dass ich ihm folgte.
     
    Ich brachte das Muli in einem Stall unter und suchte eins der warmen Schwefelbäder auf. Im Becken schlief ich ein. Jemand zog mich heraus, bevor ich ertrank. Zwei Stunden lag ich dann wie tot auf der Bank eines Masseurs auf dem Bauch unter einem Handtuch, während sich die Mücken an meinen bloßen Körperstellen gütlich taten. Zerbissen und total kaputt kam ich zu mir, kaufte mir etwas zu essen und zu trinken und versuchte mein Maultier in einer kleinen Mansio auszutauschen, die frische Pferde für die amtlichen Kuriere bereithielt.
     
    »Meine Reise ist sehr wichtig – für den Staat –, aber ich musste so schnell aufbrechen, dass ich mir keinen Pass geben lassen konnte. Allerdings hab ich das hier in meiner Geldbörse gefunden …« Der Zuständige nahm die Marke, die ich ihm hinhielt, ohne jede Neugier entgegen. In Aquae Albulae schien man sich um so was nicht groß zu kümmern. »Leider ist sie schon abgelaufen.«
     
    Er zuckte mit den Schultern und warf die Marke in eine Schale. »Ja nun, dann muss ich zu den Buchprüfern eben sagen: ›Welcher von den bösen Buben hat mir die denn untergejubelt?‹, und ein dämliches Gesicht machen.«
     
    »Außerdem ist sie auf den Statthalter von Baetica ausgestellt«, gab ich zu.
     
    »Ist bestimmt ein netter Kerl. Der Graue da ist ein gutes Pferd.«
     
    »Danke! Ich hoffe, meine Verstärkung wird bald hier eintreffen. Sagen Sie ihnen, Falco bittet sie, sich zu beeilen, ja?«
     
    Ich aß im Sattel.
     
     
    Sieben römische Meilen später erreichte ich Tibur auf dem Grauen.
     
    Jetzt befand ich mich in einem Dilemma, das auch nur mir passieren konnte: Ich war gekommen, um einen Mann zu fangen, den ich nicht kannte, der an einem mir unbekannten Ort wohnte und in diesem Moment Claudia die übelsten Dinge antun konnte. In Ermangelung irgendwelcher genialer Ideen folgte ich dem einzigen Hinweis, den ich hatte. Obwohl alles dagegen sprach, bog ich hinter dem Heiligtum des Herkules Viktor ab und begab mich zur Villa von Aurelia Maesia.
     
    Die Zeit lief mir davon. Der Nachmittag war bereits fortgeschritten. Weder ein Reiter noch ein Fahrzeug konnten
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