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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)
Autoren: Alice Alderwood
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über ihre Wange. Janica konnte die raue Hornhaut an seinen Fingern spüren. Die Hand glitt tiefer, über ihren Hals, die Schulter, blieb schließlich auf der Rundung ihrer Brust liegen. Sanft knetete er den weichen Hügel, kniff ein wenig die vor Kälte und Angst ganz harte Spitze. Janica hielt den Atem an. Was machte Nadif da!
    Der Mann seufzte und ließ Janica los.
    »Verdammt, welch Verschwendung!«, sagte Nadif noch einmal, bevor er sich verbeugte.
    »Ihr seid sehr tapfer, Prinzessin!«
    Er bückte sich, nahm das zerknüllte Kleid auf, drehte sich um und ging zu seinem Pferd. Aber Nadif stieg nicht auf, um davonzureiten. Der Kommandant der Palastwache ließ sich ganz gemächlich auf einem Felsbrocken nieder und blickte zu Janica herüber. Er wollte also tatsächlich zusehen, wie der Drache sein Abendessen einnahm!
     
    Janica hätte vor Furcht und Verzweiflung am liebsten laut gebrüllt, aber hier draußen war außer Nadif niemand, der sie hätte hören können. Und selbst wenn, wer hätte schon den Mut, sich einem solchen Untier wie dem Drachen entgegenzustellen!
    Die Prinzessin bibberte inzwischen vor Kälte. Mit dem Abendrot war ein kühler Wind aufgekommen, der erbarmungslos an den Felsen der Himmelsberge entlangpfiff. Janicas Haut kräuselte sich in uraltem Reflex, doch da gab es kein Haar, das sich zum Schutz vor den Unbilden der Witterung aufstellen konnte. Sollte sie etwa erfrieren, bevor sie aufgefressen wurde? Mochte das Drachenbiest Gefrierfleisch?
    Zumindest Janicas Füße steckten noch in den wenig wärmenden, aber seidenweichen Pantöffelchen, die ihr die Hofdamen im Raum der Erwartung angezogen hatten. Welch ein Irrsinn! Wütend stampfte Janica auf, denn wütend war sie inzwischen. Sollte doch der verdammte Drache an den verdammten Pantoffeln ersticken! Sie zerrte an den Fesseln, aber das hatte nur zur Folge, dass der Strick schmerzhaft in ihre Handgelenke schnitt. Janica testete ihre Bewegungsfreiheit aus. Mit winzigen Tippelschritten konnte sie sich um den Pfahl herum bewegen. Das war keine Option, einem riesigen Drachenmaul zu entkommen. Vielleicht ließ sich das Seil am Pfahl durchreiben?
    Janica begann, mit dem Strick an dem Holz zu rubbeln. Das war nicht einfach, konnte sie doch zwangsläufig nicht sehen, was sie hinter ihrem Rücken tat. Vor allem war ihr klar, dass es unsinnig war. Es musste Stunden dauern, ein solches Hanfseil durchzuwetzen. Wo nur der Drache blieb? Janica wünschte sich das Ende dieser unwürdigen Szenerie herbei, wie auch immer dieses Ende aussehen mochte. Plötzlich verdunkelte sich der rosenfarbene Abendhimmel. Janica sah auf, und die Kälte auf ihrer Haut erreichte ihr Herz.

5.Kapitel: Das Ungeheuer landet
     
    Der Drache schwebte mit einer gewissen Eleganz nieder. Er setzte zuerst mit den Hinterbeinen auf, legte leicht die Flügel an und berührte nun auch mit den Vorderbeinen die Erde. Dann faltete er in aller Ruhe die Schwingen mit den Flughäuten auf seinem Rücken zusammen. Vom Scheitel seines unförmigen Kopfes über den langen Hals und den Rücken bis zum fetten Schwanz zogen sich dornige Auswüchse, seine Schuppen hatten die braungrüne Farbe eines modderigen Tümpels - und das Untier stank auch so, irgendwie nach Fäulnis und verdorbenem Fisch. Kurz gesagt, der Drachen war stockhässlich. Dieser Anblick bewahrte Janica vor der drohenden Ohnmacht. Ihre Vorstellung von dem Ungeheuer und die Wirklichkeit klafften so weit auseinander, dass sie das Biest mit offenem Mund anstarrte und vergaß, dass sie jetzt sterben musste.
    Nadifs Pferd stieg in angstvollem Wiehern auf und riss an seinen Zügeln. Der Kommandant versuchte vergebens, die entsetzte Kreatur zu beruhigen, der Wallach trat mit seinen Hufen nach ihm, zerrte und schlug aus. Endlich rissen die Gurte und gaben das Pferd frei, das augenblicklich in panischer Flucht davonstob. Der Drache hatte seinen Kopf tief zur Erde gesenkt und schien das kleine Drama um den Soldaten und sein Reittier äußerst interessiert beobachtet zu haben. Er schnaufte ein wenig, wobei kleine Flammen aus seinen Nüstern quollen. Nadif suchte rasch Deckung hinter einem Felsblock.
    Das Drachenhaupt ruckte jetzt zu Janica. Das gelbe Auge mit der geschlitzten Reptilienpupille war fast so groß wie die Prinzessin. Und es zwinkerte. Nicht wie ein Mensch, der sein Lid nach unten schob, der Drache ließ seine Nickhaut von unten nach oben schnellen.
    »Jetzt friss mich endlich auf!« Janica wand sich im Mut der Verzweiflung und versuchte,
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