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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis
Autoren: Licia Troisi
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Klassenkameraden. Mitleidig hatte er ihn angesehen, als wäre er ein armes Schwein. Aber das war es nicht, was Mattia so wahnsinnig schmerzte, sondern vielmehr das, was er zu hören bekam, als er am Waschraum der Mädchen vorüberging. Eine der Stimmen hatte er auf Anhieb erkannt. Die von Giada.
    Giada war mit Abstand das schönste Mädchen der Klasse, mit ihrem schwarzen Haar, den grünen Augen, dem entwaffnenden Lächeln. Unmöglich, sich nicht in sie zu verlieben. Und in der Tat waren auch alle hinter ihr her. Natürlich dachte sie überhaupt nicht daran, einen Versager wie ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Doch Mattia genügte es bereits, auf ihren Rücken zu starren, wenn sie in der Bank vor ihm saß, und stundenlang ihre wunderschönen langen Haare zu betrachten.
    » Dann gehst du also mit ihm aus?« Die Stimme von Francesca, Giadas bester Freundin.
    » Ich glaub schon, mal sehen, wie es läuft.« Das war sie. Giada. Unverwechselbar, umwerfend, wie sie das S zischeln ließ, wie rund die Vokale bei ihr klangen …
    » Und der kommt dich mit dem Motorrad abholen?«
    » Ja, klar. Ich soll vor der Schule auf ihn warten, hat er gesagt.«
    » Cool … Dann gabelt er dich also hier auf, vor den Augen der ganzen Schule …«
    » Genau.«
    » Und was ist mit deinen Eltern?«
    » Was soll mit denen sein? Die arbeiten doch tagsüber. Und außerdem haben sie absolut keinen Plan, was läuft.«
    » Einen Typ aus der Oberstufe … So ein Glück möchte ich auch mal haben … Aber das kann ich vergessen. Ich krieg höchstens so einen ab wie diesen Streber Mattia.«
    Mattia vor der Tür hatte geseufzt. Er war abgestempelt, fürs ganze Leben, das wurde er nicht mehr los.
    » Was willst du denn mit dem? Den würde ich noch nicht mal nehmen, wenn er der einzige Mann auf Erden wäre.«
    » Klar, ich doch auch nicht … Ich meine ja nur als Beispiel …«
    » So scheiße, wie der aussieht … Und hast du das gesehen heute, dieses zerrissene T-Shirt …? Unmöglich. Hat der denn keine Eltern, die sich um ihn kümmern?«
    » Ach, weißt du das gar nicht? Seine Mutter hat ihn alleine großgezogen … Anscheinend ist sein Vater abgehauen, als sie noch mit ihm schwanger war.«
    » Im Ernst?«
    » Ja, klar! So hat es jedenfalls Martas Mutter meiner Mutter erzählt.«
    » Na ja, dann … kein Wunder, dass er so sonderbar geworden ist … so ohne Vater. Apropos … hast du eigentlich schon mal bemerkt, wie der mich anstarrt?«
    » Ja natürlich. Fast wie ein Perverser.«
    » Also mir macht der richtig Angst. Ich glaub, ich lass mich umsetzen. Das ist so ein ekelhaftes Gefühl, ihn ständig im Rücken zu haben.«
    Ohne mit irgendjemandem noch ein Wort zu wechseln, hatte Mattia das Weite gesucht, hatte sich in der Kabine nur seinen zerschlissenen Rucksack gegriffen und sich noch nicht einmal umgezogen. Zum Glück war Sport immer die letzte Stunde.
    Jetzt war es ihm egal, dass er immer noch diese lächerlichen Sportsachen am Leibe trug. Giada fand ohnehin, dass er beschissen aussah … hatte sie doch selbst gesagt, oder? Eine Jeans anzuziehen würde da bestimmt nicht reichen, um ihn zu einem normalen Jungen zu machen.
    Er fühlte sich traurig, gedemütigt, wütend. Abgekapselt war er von allem und jedem und er hasste die ganze Welt. Er hasste die Schule, wo er so gut war und von jedem Lehrer hörte, was für ein schlauer Kopf er sei. Gut, aber er hatte eben nicht nur einen Kopf, sondern auch ein Herz. Oder zumindest hatte er eines gehabt, vor dieser Sportstunde, bis man es ihm zertrampelt hatte. Und darin war nur Platz für Giada gewesen, für Giada allein.
    Und auf seine Mutter war er sauer, weil sie einfach nichts mitbekam und ihn immer noch wie einen dummen kleinen Jungen behandelte und ihm nur diese hässlichen Klamotten kaufte, Shirts mit Comicfiguren drauf, als gehe er noch in die Grundschule. Er hatte es satt, dieses ständige Knausern, die gebrauchten Bücher, die Kleidung vom Grabbeltisch.
    Als er wütend gegen einen Stein kickte, flog der auch noch, um sein Unglück perfekt zu machen, gegen die Tür eines parkenden Autos. Sofort heulte die Alarmanlage mit voller Lautstärke los. » He, was ist los?!«, rief jemand. Mattia dachte nicht lange nach, sondern rannte los, die Treppen zum Tiberufer hinunter, und dann weiter am Fluss entlang, bis seine Brust zu schmerzen begann und er stehen bleiben musste, um zu Atem zu kommen. Entkräftet beugte er sich vornüber und ließ sich dann einfach fallen.
    So lag er da und ekelte sich vor
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