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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis
Autoren: Licia Troisi
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sich selbst. Warum musste ausgerechnet er solch ein Leben abbekommen, fragte er sich wütend, während ihm Tränen übers Gesicht liefen. Und er heulte wie ein kleines Mädchen und fühlte sich dadurch nur noch erbärmlicher als zuvor.
    » Komm, so schlimm kann es doch nicht sein …«
    Er fuhr herum und sah in die freundliche Miene einer blonden, jungen Frau. Sie trug einen Pagenschnitt und sah sehr hübsch aus, mit ihrem runden, ein wenig kindlichen Gesicht und dieser Stupsnase, die mit Sommersprossen besprenkelt war. Verständnisvoll lächelte sie ihn an.
    Mattia richtete sich auf, während ihm schlagartig bewusst wurde, dass er mitten in einer der peinlichsten Situationen seines kurzen Lebens steckte. Doch während er sich noch aufrappelte, hatte sie schon in ihre Lederjacke gegriffen und ein Päckchen Papiertaschentücher hervorgeholt, das sie ihm nun reichte.
    » Komm, wisch dir die Tränen aus dem Gesicht. Es gibt Schöneres als einen Mann, der weint.«
    Sie zwinkerte ihm zu, und ihr Gesicht wirkte dabei so sympathisch, dass es Mattia fast gelang, sich nicht zu schämen.
    Sie setzten sich auf eine Bank am Flussufer. Friedlich zog das grüne Wasser vorüber, bildete hier und da seltsame Strudel, über deren Ursache sich keiner der beiden Gedanken machte. Hin und wieder trieb ein abgestorbener Ast oder eine Plastiktüte vorbei.
    Alles war eigenartig ruhig, fast wie erstarrt, und Mattia fühlte sich plötzlich ganz entspannt.
    » Du darfst das nicht so ernst nehmen«, sagte die Frau, den Blick auf den Fluss gerichtet.
    Im Profil sah sie noch hübscher aus. Sie mochte bestimmt schon zwanzig sein, alt, verglichen mit Mattia, der gerade mal zwölf war.
    » Das mit Giada, meine ich«, fügte sie hinzu, während sie ihm das Gesicht zuwandte.
    Mattia stockte der Atem.
    » Mädchen in ihrem Alter sind alles kleine Zicken. Die haben noch keine Ahnung … Und dann diese Macke, unbedingt mit viel älteren Typen was anzufangen … kindisch, findest du nicht?«
    Mattia merkte, dass sein Mund offen stand, und schloss ihn rasch. Wie konnte diese Frau von seinen Gefühlen für Giada wissen?
    » Ich weiß eine ganze Menge, Mattia .«
    Jetzt erschrak er richtig. Verwirrt sprang er auf und schaute sich suchend um. Wer hatte ihr seinen Namen verraten? Den konnte sie unmöglich wissen. Er hatte sie noch nie vorher gesehen. Oder hatten sie sich schon mal getroffen?
    » Verfolgst du mich? Spionierst du mir nach?«
    Sie lächelte ihn weiter an. » Das ist schwer zu erklären. Sagen wir, ich bin so eine Art Fee …«
    Die Antwort war unsinnig, doch seltsamerweise fand Mattia sie ganz einleuchtend. Obwohl ihm klar war, dass dies alles nicht wahr sein konnte, war er doch nur allzu gern bereit, sich in diesen Traum hineinziehen zu lassen. Es war doch nichts dabei, mal mit offenen Augen zu träumen, zumal wenn man so niedergeschlagen war wie er und sich nach einer ganz bestimmten Sache verzehrte. Wenig später war er vollkommen verzaubert. Verwirrt, ja das auch, aber vor allen Dingen belustigt, plötzlich neben einer Fee zu sitzen. Gern ließ er sich darauf ein, auch wenn er sich das wahrscheinlich alles nur einbildete. Allein schon, dass dieses Mädchen so hübsch war und trotzdem mit ihm redete, zeigte schon, dass es sich bloß um eine reine Fantasie handeln konnte.
    » Ich bin gekommen, um dir zu helfen«, sagte die junge Frau nun, wobei sie die rechte Hand aus ihrer Lederjacke zog und sie Mattia reichte. » Ich heiße Nidafjoll, aber du kannst mich einfach Nida nennen.«
    Mattia schüttelte ihr die Hand, die kalt wie Eis war, doch dabei strahlte sie so betörend über das ganze Gesicht, dass Mattia sich nichts dabei dachte.
    » Weißt du, Mattia, dein Problem ist«, fuhr sie fort und richtete den Blick wieder auf das Wasser, » dass du zwar jede Menge Grips besitzt, aber dein kluger Kopf sitzt eben auf einem Körper, der … wie soll ich sagen … etwas zu wünschen übrig lässt. Dein Geist macht Höhenflüge, aber du selbst kommst dir vor wie ein Felsbrocken, der fest am Boden klebt. Hab ich recht?«
    Mattia nickte ernst. Das stimmte haargenau.
    » Da ich eine Fee bin, erkenne ich ganz klar, dass du ein wirklich toller Junge bist. Die anderen aber sehen nur dein Äußeres, und deswegen kriegen sie nicht mit, was alles in dir steckt.«
    Mattia seufzte. Zum ersten Mal fühlte er sich ganz verstanden.
    » Doch nehmen wir einfach mal an, ich könnte da was machen und dir einen Körper schenken, der deinem Geist entspricht, einen Körper,
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