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Drachenmonat

Drachenmonat

Titel: Drachenmonat
Autoren: Ake Edwardson
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Wiese?«, fragte sie. »Weiß man das?«
    »Der Mond durchschneidet gewissermaßen einen Kreis am Himmel«, sagte ich, »und zwar an einem bestimmten Punkt. Das hab ich in der Bibliothek gelesen. Diesen Kreis nennt man Himmelsäquator.«
    »Himmelsäquator? Was für ein schöner Name.«
    »Ja. Es gibt einen großen Kreis am Himmel, in dem sich die Sonne bewegt. Glaube ich.«
    »Aber warum nennt man es Drachenmonat?«
    »Das hat natürlich was mit Drachen zu tun«, sagte ich, »also mit den Sagen über die Drachen, die daran mitgewirkt haben, die Erde und alle anderen Planeten zu erschaffen. Die mächtigen Drachen. Darum sagt man Drachenmonat. Der drakonische Monat.«
    »Davon hab ich noch nie was gehört.«
    »Der Mond und die Drachen«, sagte ich.
    »Das klingt sehr schön«, sagte Kerstin. »Und der Mond ist auch schön.«
    Und du bist schön, dachte ich. Und wir werden diesen Monat niemals vergessen, solange wir leben.
    »Der Mond hat sogar einen eigenen Tag bekommen«, sagte ich.
    »Weichend«, fragte Kerstin.
    »Montag natürlich!«
    Ein wenig später legte Kerstin ihre Hand in meine. Sie schaute immer noch zum Mond. Er hatte angehalten, genau wie wir, und genau über dieser Stadt.
    »Ich bin aufgeregt wegen morgen«, sagte Kerstin. »Am liebsten möchte ich jetzt gleich fahren. Hier ist es zu ruhig.«
    »Wie meinst du das?-«
    »Es ist so still. Alles ist, wie es sich gehört. Umso schlimmer wird es morgen, nach Hause zu kommen.«
    »Wir nehmen den Bus, und dann sind wir zu Hause«, sagte ich.
    Großmutter hatte gesagt, sie wolle die Fahrkarten bezahlen. In einer Schublade in ihrer Küche gab es auch einen Fahrplan. Der Bus würde um elf Uhr fahren. Um halb eins würden wir zu Hause sein.
    »Was machen wir, wenn wir zu Hause am Busbahnhof aussteigen?-«, sagte Kerstin.
    »Was meinst du? Was willst du machen?-«
    »Ich will sofort nach Hause.«
    »Dann machen wir es so.«
    »Zu Hause zu mir.«
    »Ich komme mit.«
    »Wirklich? Willst du nicht erst zu dir gehen?-«
    »Das kann ich später machen. Aber da ist wahrscheinlich niemand.«
    »Vielleicht ist es bei mir zu Hause genauso.«
    »Deine Mutter wird schon da sein. Sie muss sich doch um Kjell kümmern.«
    Kerstin schaute wieder zum Himmel. Eine Wolke war vor den Mond geglitten. Er schimmerte jetzt wie ein gelblicher Nebel durch eine Gazebinde.
    »Ich muss dauernd an meinen Vater denken, seit wir bei Großmutter sind«, sagte Kerstin. »Das ist doch nicht verwunderlich«, sagte ich. »Ich trag sogar seinen alten Bademantel.« Ich schwieg.
    »Er riecht immer noch nach ihm.«
    »Wirklich?-«
    »Ja, daran kann ich mich erinnern.« Ich nickte.
    »Wenn ich doch bloß etwas von ihm wüsste«, sagte Kerstin. »Nur etwas. Nur ein bisschen, was passiert ist.«
    »Deine Großmutter hat erzählt, dass … dass dein Vater eine Weile auf einem … Jahrmarkt gearbeitet hat.«
    »Was?-«
    Kerstin richtete sich kerzengerade auf. Immer noch hielt sie meine Hand. Jetzt drückte sie sie ganz fest. »Was sagst du da?-«
    Ich erzählte ihr, was ich von Großmutter gehört hatte.
    »Warum hat mir nie jemand etwas gesagte«
    »Sie wussten es wohl selber nicht genau«, sagte ich.
    »Wussten was nicht?-«
    »Ob es stimmte.«
    »Trotzdem! Vielleicht war er es?-«
    Ich antwortete nicht.
    »Auf dem Feld! Der uns nachgelaufen ist!«
    »Das kann nicht sein«, sagte ich. »Warum nicht?-«
    Auch darauf antwortete ich nicht. Ich wusste es ja nicht. »Ich will nach Hause«, sagte Kerstin und stand auf. »Sofort.«
    Großmutter trocknete sich gerade die Hände nach dem Abwaschen ab, als wir in die Küche kamen.
    »Hat Papa auf einem Jahrmarkt gearbeitet?-«, fragte Kerstin. »Nachdem er verschwunden ist«?«
    »Ach, liebes Kind … Sie haben es jedenfalls vermutet. Aber es war nur ein Gerücht.«
    »Welchem Jahrmarkt?«
    »Das weiß ich nicht, Kerstin. Niemand weiß es.«
    »Das glaube ich nicht!«
    »Aber so ist es.«
    »Weiß Mama davon?«
    »Sie weiß nicht mehr als irgendjemand anders«, sagte Großmutter. »Das glaub ich auch nicht.«
    Großmutter sah mich an. »Ich wusste nicht recht, was ich glauben sollte.«
    »Ich will nach Hause«, sagte Kerstin, »jetzt, heute Abend.«
    »Ach, mein Kind … Es fährt doch kein Bus mehr«, sagte Großmutter.
    Kerstin sah mich an.
    »Krister!«, sagte sie. »Er hat gesagt, wir können ihn anrufen. Hast du den Zettel mit seiner Telefonnummer?«
    »Ja, im Portemonee, aber nur von seiner Bekannten.«
    »Hat er nicht gesagt, dass sie weiß, wo sie ihn
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