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Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe
Autoren: Tina Daniell
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entzückt. Das
hatte ihm bisher noch nie jemand erzählt. Einerseits wirkte der
Ort irgendwie weniger phantastisch, wenn die Pferde auf dem
Boden bleiben mußten.
    Andererseits aber lohnte es, sich diese Tatsache zu merken.
Er grabbelte in dem Beutel herum, den er über der Schulter
trug, und zog ein fest zusammengerolltes Pergament, ein
kleines Glas Tinte und eine mitgenommene Feder heraus. Das
Pergament war mit Kommentaren, Plänen und halb oder fast
fertigen Karten jeder Größe und Lage bedeckt. Tolpan suchte
sich rasch eine noch leere Ecke, wo er ein paar wichtige
Beobachtungen hinkritzelte und einen kleinen Plan von der
Gegend zeichnete. Nachdem er die Sachen wieder im Beutel
verstaut hatte, betrat er das Dorf.
    Die Ruhe war überaus wohltuend. Die jungen
Frühlingsblätter der Vallenholzbäume raschelten im leichten
Wind, während kleine Insekten summten und zirpten. Keine
schreienden Esel, keine kreischenden Kinder, keine polternden
Wagen. Eigentlich schien überhaupt niemand dazusein.
    Plötzlich kniff Tolpan die Augen zusammen und sah sich
blitzschnell argwöhnisch um. Seit seiner Ankunft hatte er noch
keinen einzigen Menschen gesehen. Da stimmte doch etwas
nicht. Im Kopf ging er fieberhaft alle Möglichkeiten durch. Die
Leute konnten von Schuppenmonstern, die sich bei Nacht in
die Stadt geschlichen hatten, gefressen oder von
Sklavenhändlern verschleppt worden sein. Vielleicht waren
einfach alle fortgezogen, oder vielleicht waren sie von
Riesenziegenmelkern entführt worden. Bei diesem Gedanken
lief ihm ein Schauer über den Rücken, und er warf nervös
einen Blick über die Schulter.
    Fest entschlossen, die Antwort herauszufinden, wählte
Tolpan einen nahen Baum aus und stieg die steile
Wendeltreppe um den Stamm hinauf. Der Baum trug ein
gemütlich aussehendes Häuschen und einen kleinen Schuppen,
beides durch Hängebrücken verbunden. Er spähte durch das
verrußte Fenster des Hauses, konnte aber im dunklen Inneren
wenig erkennen. Ein Klopfen an der Vordertür wurde nicht
beantwortet, so daß er die Klinke ausprobierte – verschlossen.
Aus einer seiner vielen Taschen holte Tolpan ein Öltuch, in das
eine erstaunliche Sammlung unterschiedlich gebogener Drähte,
Feilen und Schlüssel jeder Art eingeschlagen war. Seine Nase
berührte beinahe die Tür, als er mehrere nachdenkliche
Momente lang durch das Schlüsselloch spähte, um dann einen
Dietrich auszuwählen. Er wollte ihn gerade in das Loch
stecken, als er unten ein Geräusch hörte.
    Tolpan sah nach unten und entdeckte eine Gruppe Leute mit
Körben, die sich lachend unterhielten, während sie die
Hauptstraße entlangliefen. Kurz darauf bogen sie in eine
kleinere Straße ab und waren dann nicht mehr zu sehen.
    So plötzlich, wie es aufgetaucht war, war das Öltuchbündel
wieder verschwunden, und Tolpan raste nach unten.
»He, wartet auf mich!« rief er, aber sie waren schon außer
Hörweite. Mit seinen kurzen Beinen fegte der Kender die
Straße hinunter, um den Korbträgern zu folgen. Er flitzte um
eine Ecke und dann einen kleinen Hang hoch, wo er
schliddernd zum Halten kam.
Hinter der kleinen Anhöhe, auf der Tolpan jetzt stand, war
ein Jahrmarkt! Der Platz war voller Verkaufsstände, Zelte,
Artisten, Bettler und überhaupt voller Leute. Jede Menge Leute
– bestimmt ganz Solace und wahrscheinlich noch ein paar
mehr, überlegte Tolpan.
Er eilte den Hang hinunter und tauchte in die Menge ein. Auf
allen Seiten hörte er Händler lautstark ihre Waren und ihre
Dienste anpreisen. Mit großen Augen sah der Kender hierhin
und dorthin und wieder zurück. Er umrundete einen Esel, als
wie aus dem Nichts zwei Männer mit einem eingerollten
Teppich auf den Schultern auftauchten. Tolpan schlüpfte
zwischen sie und sicherte sich damit einen kleinen Freiraum.
Er reckte den Kopf nach rechts und links, nach vorne und
hinten, blickte hin und her und versuchte vergeblich, alles auf
einmal zu sehen. Eigentlich konnte er sogar nur sehr wenig
sehen außer vorbeilaufenden Körpern und Armen, die
schubsten, zeigten, schleppten, sich berührten, kauften und
verkauften.
Ein drängender Warnschrei ertönte von hinten, und Tolpan
konnte gerade noch einem riesigen Faß ausweichen, bevor es
vorbeidonnerte. Das Ungetüm trieb eine Rinne in den Matsch
und überzog Tolpans Hose mit braunem Wasser. Zwei
erschrockene Männer jagten verzweifelt dem Faß nach; der
eine warnte die Umherstehenden mit lauten Rufen, während
der andere unablässig Flüche ausstieß. Tolpan
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