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Drachenblut 01 - Die Väter

Drachenblut 01 - Die Väter

Titel: Drachenblut 01 - Die Väter
Autoren: Thomas Herzberg
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hinaufgeklettert,
um auf den schmalen Weg vor der Burg hinabschauen zu können. Und tatsächlich!
Dort stand er - aufrecht im Sattel sitzend - mit einem Gesicht, als ob er die
Welt von allem Unheil befreit hätte. Siegfried!
    Edward
konnte sich seiner Gefühle nicht erwehren - aber wozu auch? Er hasste seinen
missratenen Stiefbruder, seitdem er ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Schon in
der Wiege hatten alle ihre schützenden Hände über ihn gehalten. Jeder mochte
ihn, jeder hatte ein freundliches Wort für ihn übrig und alle wollten an seiner
Entwicklung teilhaben. Edward hingegen wurde in der Regel von mitleidvollen
Blicken begleitet. Man zollte ihm Respekt, allein schon deshalb, weil er der
rechtmäßige Erbe des Grafen war, aber mögen wollte ihn niemand so recht. Er
hatte keine Ersatzmutter, keinen Lehrer, der sich aufopfernd um ihn gekümmert
hätte. An jedem einzelnen Tag seiner Kindheit hatte er sich nur ungeliebt und
überflüssig gefühlt. Und dort unten stand nun der Mann, dem er all sein Leid zu
verdanken hatte ...
     
    »Siegfried,
mein Bruder«, begann Edward theatralisch, »du bist zurückgekehrt und hast, wie
ich bereits vernahm, dem Drachen den Garaus gemacht.«
    Siegfried
zuckte innerlich zusammen. Ausgerechnet Edward hieß ihn willkommen. Wo war der
Graf und warum war die Zugbrücke noch immer nicht heruntergelassen, damit sie
endlich in das Innere der Burg gelangen konnten?
    »Edward!
Ich hatte deinen Vater erwartet - wo ist er?«
    »Er
ist ein wenig unpässlich, deshalb hat er mich geschickt, um den großen Helden
gebührend zu empfangen.«
    »Und
warum lasst Ihr uns dann nicht hinein? Sollen wir hier vor den Mauern der Burg
unser Lager aufschlagen?«
    »Natürlich
nicht«, rief Edward freundlich zurück, »wir haben eine Überraschung für euch
und diese wird noch vorbereitet. Wir konnten ja nicht ahnen, dass unser Held so
schnell die Mauern seiner heimischen Burg erreicht.«
    Siegfried
schwieg zunächst und wandte sich zu Gunther um: »Ich habe ein seltsames Gefühl.
Du könntest mit deinen Befürchtungen Recht haben, lieber Knappe.«
    »Ich
habe Edward nie zuvor so freundlich erlebt, Sire. Womöglich meint er es ja
wirklich gut mit uns.«
    Jede
weitere Überlegung wurde vom lauten Rasseln der Ketten unterbrochen, mit denen
man nun die schwere Zugbrücke hinabließ. Kurz keimte in Siegfried sogar
Hoffnung auf. Vielleicht käme es ja doch wie erhofft und man erwartete sie
bereits mit reichlichen Speisen und erlesenen Weinen, um sie gebührend zu feiern.
Gespannt würde die ganze Burg auf seine Berichte warten - seinen Mut und seine
Abenteuerlust bewundern.
    Als
dann aber eine ganze Schar von Rittern über die Brücke geritten kam, lösten
sich diese Hoffnungen in Wohlgefallen auf. »Schnell«, rief er Lucy, Gunther und
seinem neuen Knappen Jacob zu, »zurück in den Wald!«
    Schon
als sie ihre Rösser wandten, war zu sehen, dass auch in diese Richtung keine
Flucht mehr möglich war. Zuhauf eilten ihnen mächtige Schlachtrösser entgegen,
deren Reiter keineswegs einen freundlichen Eindruck machten. In Siegfrieds Kopf
rotierte es. Um sich selbst machte er sich kaum Sorgen. Aber wie sollten Lucy,
Jacob und sein einbeiniger Knappe einer solchen Lage entrinnen. Ohne noch viel
darüber nachzudenken, rammte er seinem Pferd die Sporen in die Flanken und
galoppierte auf die erste Gruppe der Angreifer zu. Er schwang sein Kurzschwert
in weiten Kreisen, denn das mächtige Schlachtschwert war schlichtweg zu schwer,
um es, auf einem Ross reitend, sinnvoll einzusetzen. Sein erster Hieb traf
einen Ritter in Höhe der Schulter und ließ dessen kompletten Arm in den Sand
hinabfallen. Der Zweite durchschlug den Halspanzer eines weiteren Angreifers
und ließ diesen ebenso wie einen Sack vom Pferd krachen. Siegfried riss scharf
an den Zügeln und wollte gerade sein Ross wenden, als er im Rücken von einer
stabilen Lanze getroffen wurde, um wie eine Feder aus dem Sattel gehoben zu
werden. Schnell rappelte er sich wieder auf, um seinen Angreifern so wenig wie
möglich Angriffsfläche zu bieten. Als er zur Burg hinübersah, da schien ihn
sämtliche Kraft augenblicklich zu verlassen. Er sah Lucy, die gleich von einer
Handvoll Rittern gehalten wurde. Jacob lag am Boden und auch Gunther hatte man
vom Pferd gerissen, um ihn in den Staub zu drücken. Jetzt sah er auch Edward
und einen riesigen Ritter, dessen Namen er nicht kannte, der ihm zuvor jedoch
in seiner Ausbildung mehrfach über den Weg gelaufen
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