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Dr. Stefan Frank - Halt dich an mir fest!

Dr. Stefan Frank - Halt dich an mir fest!

Titel: Dr. Stefan Frank - Halt dich an mir fest!
Autoren: Stefan Frank
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sie.
    Was für ein nettes Lächeln er hat, dachte sie und fühlte sich unwillkürlich an ihren Vater erinnert. Ihren Vater, dem sie immer hatte vertrauen können. Mit dem sie immer über alles geredet hatte.
    Isabell trank noch einen Schluck, dann stellte sie den Becher ab.
    „Wissen Sie“, meinte sie nach kurzem Zögern. „Kummer habe ich eigentlich keinen, aber mir ist etwas Merkwürdiges passiert. Etwas, was mich wirklich sehr beschäftigt.“
    Und dann begann sie, ihm von der rätselhaften Erbschaft und dem Gespräch mit ihrer Mutter zu erzählen.
    Aufmerksam hörte Dr. Frank ihr zu, und als sie dann den Namen des Mannes nannte, der ihr sein Vermögen vermacht hatte, schaute er sie überrascht an.
    „Johannes Baldenau?“, sagte er. „Was für ein Zufall! Mein Gott, die Welt ist wirklich klein. Ich kenne Herrn Baldenau … das heißt, ich kannte ihn. Er hat gleich bei mir um die Ecke gewohnt – na ja, mehr oder weniger –, und er war mein Patient. Ich habe ihn bis zu seinem Tod betreut.“
    „Sie kannten ihn?“, wiederholte Isabell verblüfft. „Wissen Sie dann eventuell auch, warum er mir alles hinterlassen hat? Hat er das vielleicht irgendwann einmal erwähnt?“
    Sie dachte unwillkürlich, dass es vielleicht doch nicht nur ein Zufall war, dass sie diesen netten Arzt hier im Zug getroffen hatte. Jetzt schämte sie sich fast, dass sie ihn anfangs so böse angeschaut hatte.
    Dr. Frank schüttelte den Kopf.
    „Nein, tut mir leid“, erwiderte er. „Mit keinem Wort. Wir haben über das Thema nie gesprochen, und ich habe auch nie wirklich darüber nachgedacht, wer nun sein Erbe antreten wird. Ich hätte spontan auf zwei weitläufige Verwandte getippt, die Söhne irgendeines entfernten Cousins.“
    Der Grünwalder Arzt verzog unwillkürlich das Gesicht. Er kannte Benno und Korbinian Fürsterer. Die beiden Brüder hätten gegensätzlicher nicht sein können. Benno mochte er ganz und gar nicht, und er wusste, dass auch Johannes Baldenau nicht viel von dem jungen Mann gehalten hatte.
    „Benno ist ein Geier“, hatte sein Patient einmal gesagt, obwohl er sonst kaum über seine Verwandten sprach. „Seit er weiß, wie krank ich bin, hockt er da und wartet darauf, dass ich abkratze und er seine Klauen in alles schlagen kann. Aber im Gegensatz zu diesen Aasfressern, die ein zwar unschönes, aber nützliches Geschäft verrichten, ist er ein vollkommen unnützer Mensch. Einer, der immer nur auf Kosten anderer lebt. Ein Schmarotzer.“
    Nun, offensichtlich hatte Johannes Baldenau dafür gesorgt, dass Benno leer ausgehen würde.
    „Herr Baldenau war weder verheiratet, noch hatte er Kinder“, fuhr Dr. Frank fort, dann stutzte er plötzlich. „Allerdings, wenn ich Sie mir genauer anschaue, dann entdecke ich eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm. Doch, wirklich“, fügte er hinzu, als Isabell den Kopf schüttelte. „Sie sehen ihm tatsächlich mehr als nur ein bisschen ähnlich. Vielleicht sind Sie ja seine Tochter.“ Er lachte. „Zumindest in Romanen wäre das doch so, oder?“
    „Unmöglich“, erwiderte Isabell sofort. „Das ist absolut unmöglich. Ich weiß, wer mein Vater ist. Jan Tiberius, so steht es in meiner Geburtsurkunde. Ich kam ein halbes Jahr nach der Hochzeit meiner Eltern zur Welt. Mein Vater war bei meiner Geburt dabei; es gibt Fotos, auf denen er mich im Kreißsaal in den Armen hält und so stolz dreinschaut, dass man lachen muss, wenn man die Bilder sieht.“
    „Also keine adoptierte Tochter?“
    Wieder schüttelte sie den Kopf.
    „Nein, nie im Leben. Mein Vater ist mein leiblicher Vater. Obwohl …“, sagte sie dann und lächelte, „… früher habe ich manchmal im Scherz behauptet, ich müsse adoptiert sein, weil ich so ganz aus dieser Familie herausfalle. Ich meine, weil ich so dunkel bin und meine Eltern beide blond. Alle sind sie blond, auch meine Großeltern.“
    Doch Isabells Lächeln verschwand, als ihr plötzlich eine Szene einfiel, an die sie schon ewig nicht mehr gedacht hatte: Vierzehn oder fünfzehn musste sie damals gewesen sein, und wieder einmal hatte sie mit ihrem Vater Witze darüber gemacht, dass sie sich kein bisschen ähnlich sahen.
    „Vielleicht war’s ja der Postbote“, hatte sie flapsig gesagt, und er hatte nur gelacht, doch ihre Mutter war unvermittelt ausgeflippt und hatte eine Riesenszene veranstaltet.
    Isabell war beleidigt in ihr Zimmer gestürmt, aber sie hatte noch gehört, wie ihr Vater versucht hatte, Lydia zu beruhigen. Doch ihre Mutter hatte sich
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