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Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Titel: Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth
Autoren: Colin Cotterill
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war unverhofft ein aussichtsloses Unterfangen geworden. Aber es half alles nichts. Ihm blieb keine Zeit und keine Wahl.
    Nach zwei weiteren Sprossen hatte er wieder festen Boden unter den Füßen, und er sah ein letztes Mal zum Mond hinauf, bevor er der Leiter den Rücken kehrte. Es war hoffnungslos. Schon nach einem Meter war mit bloßem Auge nichts mehr zu erkennen. Weder Umrisse noch Schatten. Der mondbeschienene Gang endete an einer schwarzen Wand.
    Wieder kramte er in seiner Tasche, diesmal nach dem Montiereisen, das er mitgebracht hatte, um die Betonplatte anzuheben. Es war eine kleine Waffe, die ihm gegen die Macht, deren verheerende Wirkung er mit eigenen Augen gesehen hatte, wenig nützen würde. Aber er konnte sich daran festklammern wie ein Blinder an seinem Stock: Sie hielt ihm das Unsichtbare vom Leib.
    Er ging vorwärts. Die gewölbten Wände schlossen sich dicht über seinem Kopf und bildeten eine massive Decke. Ein Mensch von durchschnittlicher Größe hätte sich nur gebückt fortbewegen können, doch Siri konnte aufrecht stehen. Wenn er die linke Hand an der Wand entlanggleiten ließ, konnte er mit dem Montiereisen die andere Wand berühren: So schmal war der Tunnel.
    Nach zehn schleppenden, vorsichtigen Schritten machte der Gang eine Linksbiegung, und das Mondlicht erlosch.
Hinter ihm lag nun dieselbe teerschwarze Finsternis wie vor ihm. Er war blind. Plötzlich bekam er es mit er Angst zu tun. Wie hatte er nur so dumm sein können, Logik und gesunden Menschenverstand einfach über Bord zu werfen? Er wusste nicht mehr, was er tat. Im Dschungel hätte er nicht lange überlebt, wenn er die Gesetze der Vernunft so schamlos missachtet hätte.
    Er ging weiter. Mit der linken Hand gabelte er ein Häuflein Passagiere auf, die ihn bissen und in seinen Ärmel krochen: vermutlich rote Ameisen, die ihr Nest verteidigten. Er schüttelte sie lautlos ab, ohne seine Schritte zu verlangsamen. Die Luft roch alt und abgestanden. Der Duft von trockener Erde und moderigen Wurzeln vermischte sich mit anderen, nicht ganz so angenehmen Gerüchen. Keine Frage, hier unten war etwas gestorben, und er hoffte inständig, dass es ein Tier sein möge.
    Langsam, nervös tappte er weiter.
    Die Spitze des Eisens ragte ins Leere. Siri blieb stehen und tastete nach der Wand. Ein zweiter Tunnel. Er zweigte nach rechts ab. Wie weit er wohl schon nach links gegangen war? Und welcher Tunnel führte zum Fluss? Er wartete auf ein Zeichen. Unter all den Toten, die er begraben hatte, war doch gewiss ein dankbarer Geist, der des Weges kommen und ihn in die richtige Richtung lenken würde. Aber da waren nur er, die Finsternis und Stille. Weiter nichts.
    Er bog rechts ab und beschleunigte seine Schritte, denn sein Instinkt sagte ihm, dass die Zeit drängte. Er musste unbedingt zum Fluss hinunter. Er kümmerte sich nicht mehr darum, was er berührte oder worauf er trat. Er stellte sich einen langen, hell erleuchteten Gang vor und marschierte ihn entlang, ohne das Eisen zu Hilfe zu nehmen.
    Als es ihn traf, geschah das so plötzlich und unerwartet,
dass er sofort in Panik geriet. Es umhüllte ihn von Kopf bis Fuß, bedeckte sein Gesicht. Er ruderte wild mit den Armen, schlug mit dem Eisen um sich, fiel rücklings gegen die Wand und strampelte mit den Füßen.
    Er zerrte an dem kalten, wulstigen Etwas rings um Mund und Hals und riss gerade so viel fort, dass er ungehindert Luft holen konnte. Wie ein Kind, das einen imaginären Schwertkampf ausficht, schwang er immer noch das Eisen, doch er traf nichts, hörte nichts und begriff bald, dass er seine Kraft umsonst verschwendete.
    Er hob die Hand und trat einen Schritt vor. Er war gegen eine dicke Schicht aus Spinnweben gelaufen, die den Tunnel versperrte.
    Falls dies eine Prüfung war, hatte sie ihren Zweck verfehlt. Er wartete, bis er sich wieder etwas beruhigt hatte, und befreite sich von den Spinnenfäden. Er fragte sich, ob er bei dem Kampf gegen seinen eingebildeten Angreifer vielleicht zu viel Lärm gemacht hatte. Er wusste es nicht. Hoffentlich hatte ihn niemand gehört.
    Rasch ging er zum Haupttunnel zurück, bog rechts ab und setzte seinen Weg vorsichtig fort. Dass seine Augen sich noch immer nicht an die Dunkelheit gewöhnt hatten, verriet ihm, dass tatsächlich kein Licht von außen in die Tunnels drang. Er hatte völlig die Orientierung verloren. Vom Hauptquartier bis zum Fluss waren es normalerweise höchstens fünf Minuten Fußweg. Für einen alten Mann in einem stockdunklen Tunnel
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