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Dr. med. Erika Werner

Dr. med. Erika Werner

Titel: Dr. med. Erika Werner
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich weiß. Unter Männern aber kann man etwas weiterdenken. Sie haben doch die Absicht, eines Tages bei mir im dunklen Anzug zu erscheinen …« Professor Rahtenau lachte und goß Bornholm ein Glas Rotwein ein. »Ich gebe heute abend eine kleine Gesellschaft. Sie kommen auch …«
    »Verbindlichsten Dank, Herr Professor.« Dr. Bornholm verbeugte sich im Sitzen und nippte an dem Rotwein. »Wenn Sie vorher bei Petra ein gutes Wort für mich einlegen wollen …«
    »Noch nicht verheiratet, und schon Manschetten vor der Frau!« Rahtenau lachte schallend. »Lieber Bornholm, das fängt ja gleich fröhlich an! Wenn's auch meine Tochter ist … lassen Sie sich nichts gefallen! Frauen sind Raubkatzen, die gern ihre Krallen zeigen … sie beugen sich nur zwei Dingen: Dem harten Dompteur und einem zärtlichen Streicheln. Beides zu verbinden und gut zu dosieren, ist die Kunst des erfolgreichen Ehemannes! Prost! Bis heute abend!«
    Dozent Dr. Alf Bornholm ging nach dieser merkwürdigen Unterredung sehr nachdenklich in sein Oberarztzimmer zurück. Von den Stationen waren die Morgenberichte bereits eingegangen, Röntgenplatten von Neuaufnahmen, Todesscheine von drei Verstorbenen, Krankengeschichten von Neuanmeldungen. Unlustig, immer wieder durch die Gedanken an Petra abgelenkt, ging er die Röntgenplatten durch. Als es klopfte, hörte er es gar nicht. Erst, als Dr. Erika Werner schon im Zimmer stand, sah er fast erschrocken hoch.
    »Ich habe Sie gar nicht gehört!« sagte er und schichtete die Röntgenplatten aufeinander. »Ist etwas Besonderes?«
    »Sie wollten mir die Labors zeigen, Herr Oberarzt.« Erikas Stimme klang steif, ein wenig heiser. Sie zwang sich, nicht an den vergangenen Tag zu denken und an den Zauber, den sie in der einsamen Berghütte wie eine bleibende Wahrheit in sich aufgesogen hatte. Daß es nur ein flüchtiger Hauch von Glück gewesen war, hatte sie nun begriffen, und es war eine große innere Überwindung gewesen, das zu verstehen.
    »Die Labors. Ach ja!« Er erhob sich hinter dem Schreibtisch. »Kommen Sie …«
    »Haben Sie mit dem Herrn Professor gesprochen?«
    »Ich bin nicht dazu gekommen. Er war sehr ungnädig.«
    Sie wußte, daß er log. Ihr schmales Gesicht wurde fast traurig. Ohne Grund, vor sich selbst innerlich erschreckend, spürte sie, wie sie diese unbekannte Petra Rahtenau zu hassen begann.
    »Gehen wir!« sagte Dr. Bornholm.
    In einem kleinen Anbau der Klinik hatte er sich ein Privatlabor eingerichtet. Er betrieb seine Forschungen mit Billigung Professor Rahtenaus, aber ohne finanzielle Unterstützung der Universität, Rahtenau unterstützte ihn indirekt, indem er Bornholm die meisten Gutachten zuschob und fünf Betten der Privatstation zuteilte. Trotz allem aber war das Labor noch in den Anfangsstadien, fast kläglich mit seinen wenigen Instrumenten. Nur die Tierställe waren gut eingerichtet. Hier steckte Bornholm jeden verfügbaren Pfennig hinein. Er hatte sieben Affen, zweiunddreißig Meerschweinchen, dreiundvierzig Ratten und drei Hunde. Sie lebten in sauberen Käfigen, wurden von einem alten Wärter betreut, der als Nachtwächter der Klinik ein kleines Gehalt bezog, und diese Tiere bildeten den wichtigsten Teil der Bomholmschen Forschung: Sie waren die Blutlieferanten für die Frischblutanalysen.
    Dr. Bornholm setzte sich an einen großen Tisch mit einer dicken Marmorplatte, die vorn eine tiefe Rille hatte, die zu einem Abfluß führte. Es war ein Seziertisch. Mit einem leichten Schauern setzte Erika sich neben Bornholm. Vor dem großen, mit weißer Farbe undurchsichtig gestrichenen Fenster, standen in langen Reihen die Reagenzgläser mit Blutproben.
    Der Nachtwächter steckte den Kopf in den Laborraum. Hinter ihm quietschten die Meerschweinchen, pfiffen die Ratten, bellten die Hunde und kreischten die Affen.
    »Nummer siebenundfünfzig?!« brüllte er durch den Lärm.
    »Ja.« Bornholm streifte Gummihandschuhe über, die er aus einer Sterildose nahm. »Ich will Ihnen jetzt zeigen, Fräulein Werner, wie ich hier arbeite. Es ist keine einfache Laborarbeit … es ist Forschung am lebenden Körper! Sehen Sie mich nicht so entsetzt an! Ich weiß, was Sie denken. Vivisektion, Versuche in den KZs, Unmenschlichkeit … wirklich, das war Medizin ohne Menschlichkeit! Aber was ich hier mache, soll einmal Millionen Menschen das Leben retten! Das klingt überheblich, ich weiß … aber das Problem des Blutverlustes ist so brennend in der Medizin, daß man den Gedanken des Tierschutzes nicht über
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