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Dr. Gordon wird Vater

Dr. Gordon wird Vater

Titel: Dr. Gordon wird Vater
Autoren: Richard Gordon
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selbst
aus?»
    Er war entsetzt. «Unsinn, Alter. Die
Natur hat mich zum Junggesellen bestimmt.»
    «Rede dir nur das nicht ein. Die
Heiratsregister sind voll von euch.»
    Grimsdyke blies nachdenklich eine Kette
Rauchringe in die Luft.
    «Ich gebe zu, es ist eine antisoziale
Einstellung. Aber allerlei berühmte Gesellen haben es abgelehnt, Frauen um sich
zu sehen — Beethoven, Blaubart und so weiter. Natürlich bin ich ein
begeisterter Bewunderer des weiblichen Geschlechts. Aber alles zu seiner Zeit.
Da du jetzt übrigens über die Studienzeit hinaus bist», fügte er hinzu, mich
interessiert ins Auge fassend, «wirst du wohl eine ganze Menge über die Weiber
wissen?»
    «Nun, ich weiß eine ganze Menge über
ein einziges.»
    «Großer Gott, so spät ist’s schon?»
rief er, plötzlich auf die Beine springend. «Ich muß Onkelchen anrufen. Er ödet
mich ja ein bißchen an, aber es ist einfach meine Pflicht, von Zeit zu Zeit dem
alten Knaben das Herz wärmen zu gehen.»
    Grimsdyke litt am chronischen Wahn, Dr.
Farquarsons Lieblingsneffe zu sein, obgleich ihn sein Onkel noch freundlich
beurteilte, wenn er ihn als «diese verpatzte Mutation auf der Zuchttafel der
Familie» bezeichnete.
    «Außerdem will ich mir sein großes
Messingfernrohr, das über dem Kamin hängt, ausborgen», erklärte er. «Kolossal
nützlich, um vorbeifahrende Schiffe, Möwen und so weiter auszumachen. Falls ich
ihn überzeugen kann, daß ich es nicht verpfänden will.»
    «Ihr könnt euch nicht vorstellen, was
eine gute hausgemachte Mahlzeit für jemanden bedeutet, der größtenteils auf
eine Diät von Gasthaus-Sandwiches gesetzt ist», sagte er kurz darauf, als er
sich an der Gartentüre von Nicky und mir verabschiedete. Er hatte uns
mitgeteilt, er müsse seinen Onkel erwischen, bevor der liebe Alte zu seinem
Golf spiel aufbrach.
    «Ich freue mich immer, einen von
Richards alten Freunden zu bewirten, Gaston», sagte meine Frau.
    Er verneigte sich tief und küßte ihr
die Hand.
    «Und wenn ich mir die Bemerkung
erlauben darf, Nicky, du siehst besser aus denn je. Und ebenso dein Alter. Muß
wohl an der Gartenarbeit liegen. Ich allerdings krieg immer schreckliche
Rückenschmerzen, wenn ich nur am Schaufenster eines Blumenladens vorbeigehe.»
    Er ließ seinen Bentley an, Modell 1930.
    «Und nun hinaus in die weite See!»
schmetterte er. «Sorgt euch nicht, ihr kriegt eine Ansichtskarte von mir. Per
Flaschenpost.»
    Als er so wieder seinem sorglosen
Junggesellendasein entgegenbrauste, kein komplizierteres Problem im Kopf, als
wo er sein nächstes Bier trinken werde, erfaßte ich, wie sehr unsere Wege
auseinandergelaufen waren. Unwillkürlich gab’s mir einen neidvollen Stich. Doch
der dauerte nur so lange, wie sich der Qualm seines Auspuffs im milden
Nachmittagslüftchen hielt.

2
     
    «Richard»,
fragte mich Nicky, als wir ins Haus gingen, «möchtest auch du eine Seereise
antreten?»
    «Na, du kennst doch den alten
Seemannsspruch», erwiderte ich munter. «Sobald ein Mann einmal einer
Schiffsbesatzung angehört hat, kann er sein Leben lang keine Dampfpfeife hören,
ohne sehnsuchtsvoll an seinen Koffer zu denken.»
    Da brach sie zu meinem Erstaunen in
Tränen aus.
    «Nicky, Liebling!» rief ich. Ich legte
meinen Arm um sie. «Was ist denn los, um Himmels willen? Ich hab doch nur Spaß
gemacht.»
    «Es war — ach, ich weiß nicht mehr.»
Sie trocknete sich hastig die Augen am Tischtuch. «Es war wohl die Art, wie du
Grimsdyke nachblicktest, als er wegfuhr.»
    «Also auf Ehre, Liebste — so etwas wäre
mir nie in den gekommen. Hab den Anker verschluckt, wie es heißt. Und dieses
Instrument kann man verteufelt schwer wieder ausspeien.»
    «Richard, Liebster...»
    Sie sah mich todernst an.
    «Du willst wirklich nicht davonlaufen
und mich allein lassen?»
    «Dich allein lassen? Kommt doch gar
nicht in Frage! Wer hat dir um Gottes willen diesen Floh ins Ohr gesetzt?
Zumindest jetzt noch nicht», fügte ich hinzu, als ich sie schwach lächeln sah.
«Laß mir noch ein bis zwei Jahre Zeit. Außerdem muß man sich auf See gewöhnlich
selber die Socken waschen.»
    «Verzeih mir, Richard», sagte sie und
begann die Teller aufeinanderzuschichten. «Ich war wirklich eine dumme Gans.»
    «Wir wollen nicht mehr darüber reden.
Schneuz dich, und wir machen das Geschirr fertig. Weißt du übrigens, wie
Grimsdyke so etwas erledigt? Er stellt die Teller in die Badewanne und dreht
den Wasserhahn auf, bevor er sich schlafen legt.»
    Dieser Zwischenfall hatte
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