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Dr. Gordon wird Vater

Dr. Gordon wird Vater

Titel: Dr. Gordon wird Vater
Autoren: Richard Gordon
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mich
überrascht. Er wollte so gar nicht zu Nicky passen, einer jungen Frau voll
gesunden Menschenverstandes, Produkt einer Ärzteschule in der Nähe St.
Swithins; ich hatte sie kennengelernt, als sie nach Hampden Cross kam, um für
mich zu arbeiten — freilich wechselten wir rasch und für immer die Rollen.
    Die nächsten Tage brachten jenes
trübselige Wetter, das sich oft Ende April einstellt, um eines Briten leise
sich regende Gedanken an Liegestühle und Cricketplatz im Keime zu ersticken;
und meine Neidgefühle, Grimsdyke im Sonnenschein des Mittelmeers Decktennis
spielen zu wissen, vermochte ich nur dadurch einzudämmen, daß ich mir vorstellte,
wie er im Golf von Biscaya heftig seekrank wurde. Bevor er abfuhr, hatte er mir
telephonisch mitgeteilt, er habe sich in einer Maskenleihanstalt mit der
Uniform eines Seeoffiziers ausgestattet, und mich gefragt, wo Steuer- und wo
Badebord sei; er sollte sich am darauffolgenden Nachmittag in Southampton
einschiffen.
    Ich erwartete, zwei bis drei Wochen
nichts von ihm zu hören, och als ich am nächsten Morgen beim Frühstück nach der
Zeitung griff, stieß ich einen Schreckensschrei aus.
    ‘Um Gottes willen, sieh dir das an!»
rief ich Nicky zu. «Grimsdyke sitzt bereits in der Patsche.»
    Auf
der Titelseite der Zeitung war mir eine kleine Schlagzeile ins Auge gesprungen:
ARZT VON VERGNÜGUNGSDAMPFER AUSGESCHIFFT.
    «Nicht er selbst», sagte ich aufatmend
und las:
    «Das Luxusschiff Lady Anne unterbrach vergangene Nacht seine alljährliche Mittelmeerfahrt, um in Falmouth
anzulegen und einen Kranken an Land zu schaffen. Der Patient war der
Schiffsarzt selbst, Sir Hamilton Harberry, ein bekannter ehemaliger Chirurg,
dessen Ordination in der Harley Street sich großen Zuspruchs erfreute. Sir
Hamilton teilte den Reportern bei der Landung mit, seine Erkrankung sei nicht
ernster Natur. Er habe einen Rückfall in ein altes Leiden, dessen Behandlung
auf hoher See zu riskant wäre. Das Schiff setzte danach seinen Kurs fort; Sir
Hamilton wird von seinem Assistenten, Dr. G. Grimsdyke, einem Londoner Arzt,
vertreten.»
    «Das ist das Ende seiner Tage im
Sonnenschein», sagte ich, als ich Nicky die Zeitung reichte.
    «Und das Ende seiner Nächte auf dem
Bootsdeck!» lachte sie.
    «Armer alter Grimsdyke! Zum erstenmal
in seinem Leben wird er außerstande sein, einen Patienten mit der Begründung
abzuschieben, er bedürfe längerer eingehender Spitalsbeobachtung.»
    Die peinliche Lage meines Freundes
wurde am späteren Vormittag durch ein Kabel folgenden Wortlauts von der Lady
Anne erhärtet: wie behandelt man
knöchelverrenkung mumps hexenschuss, worauf ich selbstzufrieden
zurückkabelte: ruhelage isolierung
einreibun.
    Im Laufe der nächsten Tage erhielt ich
weitere Kabel von Grimsdyke, die meinen Rat bei Fällen einholten, die zwischen
Schizophrenie und Hautausschlag variierten, und aus Gibraltar traf ein eilig
hingekritzelter Luftpostbrief ein, in dem er seine Tätigkeit in Ausdrücken
schilderte, gegen die sich Florence Nightingales Berichte aus dem Krimkrieg wie
das neueste Referat eines medizinischen Forschungskongresses lasen.
    «Solang der Junge niemanden umbringt —
und er hat gerade noch soviel Menschenverstand, dies zu vermeiden, glaube ich
—, wird ihm diese Erfahrung mächtig guttun», sagte Dr. Farquarson grimmig.
«Denn jetzt kann er sich zum erstenmal in seinem Leben nicht von der Arbeit
drücken, außer er läßt sich in einem Boot aufs offene Meer hinaustreiben.»
    «Und dabei hat er sich das Ganze als
eine prächtige billige Ferienreise vorgestellt», sagte ich etwas mitfühlender.
«Da wäre er noch besser drangewesen, wenn er sich einer dieser organisierten
Gesellschaftsfahrten angeschlossen hätte.»
    Vierzehn Tage lang hörte ich nichts von
meinem Freund, bis eines Nachmittags das Telephon in der Ordination klingelte;
Grimsdyke rief persönlich vom Hafen von Southampton an.
    «Hallo, Alter!» Seine Stimme klang, als
blicke er nervös über die Schulter. «Ich befinde mich wieder auf terra
firma.»
    «Schön, wieder von dir zu hören.»
    «Kannst du mir vielleicht für ein paar
Tage Obdach gewähren? Es ist absolut notwendig, daß ich eine Zeitlang auf dem
Lande untertauche.»
    «Klar», erwiderte ich. «Vergnügliche
Fahrt gehabt?»
    «Frag nicht so blöd. Hinter mir liegt
eine Fahrt, gegen die das Kon-Tiki-Unternehmen ein Picknick auf der Themse
war.»
    «Das mußt du mir heute abend ausführlich erzählen. Wir erwarten dich zum Dinner.»
    «Hochanständig
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