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Dr. Bottleneck, Urologe aus Leidenschaft

Dr. Bottleneck, Urologe aus Leidenschaft

Titel: Dr. Bottleneck, Urologe aus Leidenschaft
Autoren: Sissi Kaipurgay
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angehängt habe."
Lachend verlasse ich den dunklen Raum. Humor kommt immer gut an, finde ich. Manuel erwartet mich am Tresen, mit vor der Brust verschränkten Armen.
"Sag mal, Richard, wirst du es denn nie leid, diese kleinen Bubis zu vögeln?"
Erstaunt zucken meine Augenbrauen hoch. Ich mustere Manuel und überlege, ob er sich vielleicht doch für mich bücken würde. Gefallen tut er mir schon, wäre da nur nicht dieser Kodex, aber vielleicht ist der ihm unbekannt.
"Darf ich das als Angebot verstehen?", frage ich unschuldig.
Manuel schüttelt den Kopf und lässt mich stehen. Servicewüste Deutschland, ich sag's ja immer wieder. Ich gehe zurück zu dem Tisch, auf dem noch immer die Zeitschrift von Blondie liegt, und setze mich. Nach kurzer Zeit kommt ein junger Kerl, der sich als ‚Manfred, was kann ich Ihnen bringen?' vorstellt. Ich bestelle die Wachtelsuppe und einen großen Salat, muss doch auf meine Figur achten.

Lore probiert gerade einen neuen Lippenstift, als ich nach zwei Stunden aus der Mittagspause komme. Ihr demonstrativer Blick auf die Uhr macht mir kein schlechtes Gewissen, schließlich bin ich der Chef, oder?
"Metallicrosa steht Ihnen", murmele ich, und husche an ihr vorbei wie ein ertappter Schüler.
Ihr Blick folgt mir, ich spüre ihn in meinem Rücken. Schnell schließe ich die Tür zu meinem Zimmer und lehne mich von Innen dagegen, da höre ich schon ihre Schritte. Verdammt.
"Doktörchen, ihr Kaffee", ruft die Sirene.
Ich laufe zum Schreibtisch und lass mich in meinen Sessel fallen, als Lore schon hereingestöckelt kommt, den unvermeidlichen Becher in den Krallen haltend.
"Danke, Lore. Was täte ich nur ohne Sie?", heuchle ich freundlich.
"Selbst Kaffee kochen und Hoden abtasten?", sie lächelt genauso falsch zurück.
Stumm messen wir uns mit Blicken, bis ich meine Wimpern senke. Der Klügere gibt nach, und das bin doch wohl ich, oder?

Die Zahnbürste des Grauens

Dienstags muss ich den Müll rausstellen, deshalb bin ich an diesem Tag immer schlecht gelaunt. Mich bringen eben schon kleine Dinge aus der Fassung, während mich große Katastrophen oft kalt lassen. Richtig schlimm ist heute, dass mich Lore noch vor neun Uhr aus der Praxis anrief und etwas von einem Notfall faselte. Sie klang richtig hektisch, sehr ungewöhnlich. Vielleicht wird sie langsam alt.
Mürrisch lenke ich meinen Hummer in die Tiefgarage, schwinge meinen gestählten Körper aus dem Wagen und eile mit wehenden Rockschößen zum Fahrstuhl. Genau, ich meide Treppen, wo ich nur kann. Die sollen ja Gift für die Knie sein, und ich mag meine eben sehr gern. Der Lift trägt mich in den ersten Stock, wo er mich mit einem dezenten ‚pling' entlässt. Ich liebe diesen Ton, lausche ihm verklärt nach, seufze und öffne dann die Tür zu meiner Praxis.
"Herr Doktor, ein Glück", ächzt Lore.
Ihre Frisur ist verrutscht - huch - es ist eine Perücke. Verwundert betrachte ich die Haarpracht, die schräg auf ihrem Kopf sitzt. Lore rückt die blonde Sensation gerade, beißt sich auf die Unterlippe und winkt unauffällig mit dem Kinn zu dem Ledersofa, das bei mir als Wartezimmer gilt. Dort sitzt sehr steif ein Mittvierziger, der unglücklich in die Gegend starrt.
"Ich geh in mein Zimmer", raune ich Lore zu.
Die verdreht die Augen, was sie meisterlich beherrscht. Ich schleiche mich durch den Flur zu meinem Büro, ziehe schnell den Mantel aus und werfe meinen Kittel über. Professionalität geht mir eben über alles. Mein Monitor ist in Betriebsbereitschaft, ich checke die Daten des Patienten, während ich in meinen Sessel plumpse. Fridolin Weingeist, 45 Jahre alt. Diagnose: indifferente Bauchschmerzen. Aha. Ich grinse - innerlich - während ich auf den Knopf meiner Gegensprechanlage drücke.
"Lore? Würden Sie bitte Herrn Weingeist zu mir bringen?"
"Na endlich", zischt meine Sprechstundenhilfe.
Hm, Lore ist eindeutig überfordert, ich sollte ihr nicht so viel Arbeit aufhalsen. Die Hoden würde in Zukunft also ich übernehmen - oder den Kaffee. Es klopft, Lore stöckelt herein, im Schlepptau Fridolin Weingeist. Der arme Kerl hat kaum noch Haare auf dem Kopf, was mich veranlasst, mir prüfend durch meine eigene Pracht zu fahren. Okay, alles noch da. Ich lächle und blinzle Lore zu, was sie mit einem giftigen Klimpern ihrer falschen Wimpern kommentiert. Hach, wir verstehen uns wortlos. Manchmal liebe ich sie abgöttisch.
"Danke, Lore", sage ich und winke Herrn Weingeist näher.
Der Mann hält sich immer noch sehr gerade, als hätte er einen
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