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Dornteufel: Thriller (German Edition)

Dornteufel: Thriller (German Edition)

Titel: Dornteufel: Thriller (German Edition)
Autoren: Eva Almstädt
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vermochte.
    Ferland konzentrierte sich wieder auf die Fakten: Wenn jemand unfreiwillig fiel, versuchte er meistens noch, auf den Füßen zu landen; dann brachen nacheinander die Fußknochen, die Beine, die Hüften und die Wirbelsäule. Bei einer zu großen Fallhöhe gelang das meistens nicht mehr, und die Menschen kamen zuerst mit dem Kopf oder dem Rumpf auf. Ferland gab sich einen Ruck und ging um die Frau herum, um ihr ins Gesicht zu schauen. Er musste dem Tod ein Gesicht geben. Das kannte er schon von früheren Fällen. Noch schlimmer als der Anblick der Toten waren die Ungewissheit und das, was die Fantasie dann daraus machte.
    Er umrundete die nach allen Seiten ausgestreckten, verdrehten Glieder und das dunkelrote Rinnsal, das langsam auf einen Gully zufloss. Ferland ging vor ihrem Kopf in die Hocke. Die Kapuze war verrutscht, bedeckte aber immer noch ihr dunkles Haar. Vor wenigen Minuten noch war es bestimmt so schön gewesen, dass es bei dem einen oder anderen Mann den Wunsch geweckt hätte, es zu streicheln. Nun nicht mehr. Es war totes Material. Er fasste eine Haarsträhne, hob sie an und wollte sie zur Seite legen, um ihr ins Gesicht zu sehen – doch Ferland erstarrte in der Bewegung.
    Aufgrund ihrer Stimme und ihres schlanken Körpers hatte er eine junge Frau erwartet. Der Kontrast dazu – der Anblick, den sie bot – ließ ihn erstarren. Aus dem totenblassen, von Altersflecken überzogenen Gesicht starrten ihn zwischen faltigen Lidern zwei starre, hellbraune Augen an. Die Haut der Toten sah so runzelig und schuppig aus, dass sie ihn an die einer Echse erinnerte.

2. Kapitel
    B IHAR , I NDIEN
    Eine etwa zwanzigjährige Inderin in einem leuchtend blauen Sari stand vor der Apartmenttür. Sie hatte die Handflächen zu der indischen Begrüßungsgeste aneinandergelegt und den Kopf leicht geneigt, während sie Julia erklärte, sie werde ihr beim Zurechtfinden in der neuen Umgebung behilflich sein. Ihr Name sei Leela Kumari, Assistentin von Mr. Gallagher, und sie würde Miss Bruck zum Frühstück abholen.
    Anschließend führte sie Julia in einen weitläufigen Innenhof des Geländes von Serail Almond, wo das Garden Restaurant lag. Unter Sonnenschirmen und ein paar Kokospalmen befand sich ein Büfett, um das herum Tische und üppig gepolsterte Stühle standen. Leela steuerte zielstrebig auf einen zur Hälfte besetzten Tisch zu, winkte einem weiß livrierten Kellner, um Tee und Kaffee zu ordern, und stellte die anwesenden Mitarbeiter vor.
    Julia hielt die Chance, vor der ersten Tasse Kaffee schon alle Namen mit den dazugehörigen Gesichtern zu behalten, für gering. Die Kollegen am Tisch waren genau wie sie bei der ICL Thermocontrol GmbH angestellt, die als Dienstleister für die Klima- und Reinlufttechnik bei Serail Almond verantwortlich war.
    »Sie scheinen sich ja keine Sorgen um Ihr Cholesterin zu machen«, bemerkte Gundula Keller, eine rothaarige Schweizerin, als Julia vom Büfett zurückkehrte. Sie lächelte, aber eine ihrer schmalen Augenbrauen schnellte geringschätzig in die Höhe.
    »Gunda ist unser Kaninchen«, warf ein Mann ein, der ihr als Milan Gorkic vorgestellt worden war. »Gemüse, Salat und Obst den ganzen Tag. Wenn sie zur Abwechslung mal was Anständiges essen würde, hätte sie bestimmt auch bessere Laune.« Er spießte ein vor Fett triefendes Würstchen mit der Gabel auf und biss hinein.
    »Ich hoffe, dass mich das viele Salz zum Frühstück etwas munter macht«, sagte Julia. Auf ihrem Teller lag knusprig gebratener Speck, dessen köstlicher Duft ihr in die Nase stieg. »Ich bin erst um halb drei Uhr in der Nacht hier angekommen.«
    »Aus Deutschland, nicht wahr? Woher kommen Sie da?« Milan tunkte das Fett auf seinem Teller mit einem angebissenen Brötchen auf.
    »Aus Hamburg. Und Sie alle?«
    »Slowenien«, antwortete Milan. »Aus der Nähe von Maribor.«
    »Bern«, sagte Gundula.
    »Mobile, Alabama«, nuschelte ein stämmiger Mann namens Barry, ohne von seinen Frühstücksflocken aufzusehen.
    »Bangalore.« Leela lächelte kühl. Sie hatte nur einen Orangensaft vor sich stehen.
    Nach etwa zehn Minuten sah sie auf ihre Uhr. »Wir müssen los, Miss Bruck. Gleich findet eine große Mitarbeiterversammlung statt, zu der Sie auch erwartet werden.«
    Sie führte Julia unter blühenden Jacarandabäumen hindurch zu einem Gebäude, das in den Park ragte wie der Bug eines Kreuzfahrtschiffes. Sie betraten es über eine Art Gangway, die ein Wasserbassin überbrückte. Die Gebäude von Serail Almond
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