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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter
Autoren: Josephine Pennicott
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Jahren wurden, hatte er schließlich nach und nach seine Macht verloren.
    Sie weinte nicht beim Reden, sondern starrte bloß ins Leere, während alter Zorn und Demütigungen ihre Erinnerungen spickten. Betty saß da, hörte zu und nahm die Sturzflut der Worte in sich auf.

KAPITEL 26
Ein perfektes Netz
Pencubitt, Morgen des ersten Weihnachtsfeiertags
    Sadie erwachte kurz vor dem Weckerklingeln im abgedunkelten Zimmer. Ihr Herz klopfte nach dem Alptraum immer noch heftig, und sie brauchte mehrere Minuten, um sich an die Tatsache zu gewöhnen, dass sie sich nicht im Jahr 1936 befand. Zum Glück hatten die Träume im Lauf der vergangenen Wochen nachgelassen, aber sie schrie trotzdem noch manchmal im Schlaf auf und erwachte voll panischer Angst, weil ein Stachelranken-Mann mit verzerrtem Gesicht und knirschenden Zähnen auf sie zugelaufen kam. Oder sie ging im Traum die Kellertreppe hinunter und lauschte dem Fauchen des Teufels, der unten Fleisch und Knochen in Stücke riss.
    Sadie war überzeugt davon, dass der heutige Tag eine ganz wesentliche Rolle dabei spielte, sie vom Trauma der vergangenen zwei Jahre zu erlösen. Zwar hatte Jackie im Poet’s Cottage bereits ein Space Clearing vorgenommen, aber das hier war Sadies Chance, sich selbst zu reinigen, wieder ins Gleichgewicht zu kommen und heil zu werden.
    Am Fuß des Bettes sah sie den Stapel an Geschenken, die sie noch bis spät in die Nacht eingepackt hatte. Daneben lag ihr Laptop mit dem neuen, gerade erst begonnenen Buch: Noch gab es keinen Titel, aber es handelte sich dabei um die Geschichte von Poet’s Cottage. Es war an der Zeit, die Wahrheit zu erzählen – und Sadie wusste, dass sie für diese Aufgabe die Richtige war. Die Worte waren nur so aus ihr herausgeflossen. Außerdem hatte sie bereits eine Idee für ein weiteres Buch, diesmal für eine fiktive Krimi-Liebesgeschichte, die in einem tasmanischen Fischerdorf spielte. Sadie hatte sich seit Jahren nicht mehr so inspiriert gefühlt, und es kam ihr vor, als summe das Haus förmlich vor Glück, weil die Kreativität innerhalb seiner Mauern wieder Blüten trieb.
    Sie ging zum Fenster hinüber, zog die Spitzengardinen zur Seite und blickte hinaus aufs Meer, das in der Morgendämmerung noch kaum zu erkennen war. Sterne sprenkelten den Himmel und verliehen der Szenerie, die Sadie so liebte, eine magische Wirkung.
    Während sie dem Wind und dem Tosen der Brandung lauschte, zwei Geräusche, die sie immer als beruhigend erlebt hatte, dachte sie an vergangene Weihnachtsfeste zurück. Marguerite hatte Weihnachten stets geliebt, und als Sadie noch ein Kind war, hatte sie alles darangesetzt, den Tag so zauberhaft wie möglich zu gestalten. Sadie hatte viele der Traditionen ihrer Mutter übernommen. Dies war für Betty und sie das erste Weihnachten im Poet’s Cottage, und es würde so wunderbar werden wie all die Weihnachtsfeste, die Sadie früher erlebt hatte. Maria hatte sie zum Mittagessen ins Piratennest eingeladen, zusammen mit Simon, Liam und Birdie. Es gab Geschenke auszupacken und zu bestaunen, Kerzen mit Muskat-, Zitronengras- und Weihrauchduft, Anrufe zum Festland waren zu tätigen und haufenweise köstliches Essen zu vertilgen. Sadie wurde vor Aufregung ganz kribbelig beim Gedanken an das brandneue dunkelrote Kleid im Schrank, zusammen mit der passenden Unterwäsche, die sie extra für heute gekauft hatte. Vorher hatte sie jedoch noch etwas anderes geplant, denn sie wusste, dass sich der heutige Tag perfekt für die Zeremonie eignete, die sie abhalten wollte.
    Sie kleidete sich rasch an und wählte dafür ein langes Blumenkleid, das Marguerite immer besonders an ihr gemocht hatte. Um die Schultern schlang sie sich ein graublaues Tuch, um sich vor der kühlen Morgenluft zu schützen. Dann holte sie die Schachtel aus ihrem Kleiderschrank, die dort auf diesen besonderen Tag gewartet hatte.
    Unten in der Küche saß bereits Betty in einem schwarz-weiß getupften Kleid im Fünfzigerjahrestil und trank Kaffee. Manche Dinge änderten sich nie. Betty war an Weihnachten immer ganz aufgeregt und schlief in der Nacht davor selten mehr als ein paar Stunden. Sadie lächelte, als sie sah, dass auch ihre Tochter ein Outfit gewählt hatte, das Marguerite sehr gefallen hätte.
    »Frohe Weihnachten, mein Schatz.« Sie gab Betty einen Kuss. »Am besten machen wir uns gleich auf den Weg. Sie warten bestimmt schon auf uns.«
    So war es tatsächlich. Als sie den Strand entlanggingen, sah Sadie in der Nähe von Bradley’s Cave
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