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Doppelgänger

Doppelgänger

Titel: Doppelgänger
Autoren: John Brunner
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Bier – nach dem sein Atem auch an diesem Abend stank, nach dem er jeden Abend stank – und eine angeborene Trägheit hatten ihm zu einem Bierbauch und einer roten Nase verholfen. Aber er war in seinem Job recht tüchtig – auf seine Art.
    Der junge Constable, der an diesem Tag Nachtdienst hatte und am Schreibtisch saß, blickte auf und sah den Besucher an, der ein offenes Hemd mit einem Seidenschal, eine Tweedjacke mit Lederflecken auf den Ellbogen und eine graue Flanellhose trug, die er wegen seines Bauches so weit herunterlassen musste, dass die Kanten der Hosenbeine auf seinen Schuhen aufstießen und ausgefranst waren.
    »Guten Abend, Mr. Warden«, sagte der Constable ohne Enthusiasmus.
    »Mein Name ist Leigh-Warden, bitte! Haben Sie heute etwas für mich?«
    »Ich glaube nicht«, sagte der Constable und setzte mit kalkulierter Verzögerung hinzu: »Sir! Es war ein ziemlich ruhiger Abend, abgesehen von einer Schlägerei zwischen zwei Betrunkenen vor dem Red Bull. Sergeant Branksome kümmert sich gerade darum.«
    Leigh-Warden runzelte die Stirn und setzte sich auf die Besucherbank, gegenüber dem Schreibtisch. »Na ja, ich werde auf jeden Fall warten und ein paar Worte mit ihm sprechen«, murmelte er. »Übrigens, könnten Sie mir Ihren Namen noch einmal sagen?«
    »Constable Sellers, Sir«, sagte der junge Polizist müde. Die ständigen Sticheleien Leigh-Wardens begannen ihn zu langweilen. Es war jede Nacht dasselbe, wenn er Dienst hatte.
    »Natürlich«, grunzte Leigh-Warden. »Mögen Sie eine Zigarette?«
    »Nein, danke. Ich rauche noch immer nicht. Und jetzt müssen Sie mich entschuldigen, ich habe noch einen Bericht zu schreiben.« Sellers wandte ihm den Rücken zu und setzte sich an die Maschine, die auf einem kleinen Metalltisch stand.
    »Sie werden es in Ihrem Job nicht weit bringen, wenn Sie nicht mit der Presse zusammenarbeiten, junger Mann!« sagte Leigh-Warden.
    »Ich kann Ihnen heute Abend nichts anbieten«, sagte Sellers und spannte geräuschvoll Papier und mehrere Kohlepapierbogen in die Maschine. »Wie ich bereits sagte, es war ein ruhiger Abend … ah, da kommt Sergeant Branksome«, setzte er spürbar erleichtert hinzu.
    »Ach, Sie sind hier«, sagte der Sergeant nicht gerade begeistert, als er hereintrat. »n’Abend! Heute haben wir nicht viel für Sie – aber das hat Sellers Ihnen sicher bereits gesagt.«
    »Betrunkene, die sich gegenseitig vermöbelt haben.« Leigh-Warden zuckte die Achseln. »Wer waren sie?«
    »Zwei Arbeiter, die einen heuen Fischteich oder so was Ähnliches bei der Meeres-Forschungsstation gebaut haben. Sie waren entschlossen, ihren ganzen Lohn zu versaufen, bevor sie sich nach einem neuen Job umsehen, nehme ich an.« Der Sergeant fuhr mit den Fingern durch sein kurzes, braunes Haar. Er wirkte müde und erheblich älter als seine dreißig Jahre.
    »Wieder Iren?« fragte Leigh-Warden.
    »Ich weiß nicht, was Sie mit dem ›wieder‹ sagen wollen«, knurrte der Sergeant.
    »Es sind doch nur die Iren, die hier Stunk machen, und die Teenager-Boys, die von London herkommen. Oder stimmt das etwa nicht?«
    »Sie sollten ihnen verdammt dankbar sein«, erwiderte Branksome. »Nur ihretwegen können Sie doch ab und zu ein paar Zeilen an die Londoner Zeitungen verkaufen, nicht wahr? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Leute in der Fleet Street Sie für Berichte von einer Blumenschau oder über das Jahresfest des Womens’ Institute bezahlen würden!«
    »Warum werden Sie gleich so aggressiv?« fragte Leigh-Warden empört.
    »Tut mir leid, aber ich bin geschafft«, murmelte der Sergeant. »Es war ein langer, harter Tag und … was ist denn jetzt schon wieder! «
    Sie wandten sich alle um, als ein junger Mann hereintrat. Er trug eine offene, gestreifte Windjacke über einem Hemd, das mit Schlamm verschmiert und durchnässt war. An der Tür blieb er unsicher stehen und blickte von einem zum anderen, dann bemerkte er Branksomes Winkel am Ärmel seiner Uniformjacke und trat auf ihn zu.
    »Sergeant, wir haben etwas sehr Merkwürdiges erlebt, und ich dachte mir, wir sollten Sie darüber informieren.«
    Branksome nahm sich mit sichtbarer Anstrengung zusammen.
     
    »Wir sind immer dankbar, wenn Bürger uns verdächtige Tatsachen melden«, sagte er. »Sellers! Was starren Sie so her wie ein toter Fisch?«
    Der Constable, der den neuen Besucher fasziniert angeblickt hatte, schluckte und senkte den Kopf.
    »Entschuldigen Sie, Sarge, aber ich glaube, ich kenne diesen Gentleman. Sind Sie
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