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Donovans Gehirn

Donovans Gehirn

Titel: Donovans Gehirn
Autoren: Curd Siodmak
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für den Arzt eines Notlande-Flugplatzes alles andere als repräsentabel aus. Webster blickte ihn mit Mißfallen an, und Higgins wandte sich bei Schratts demoralisierter Erscheinung mit Widerwillen ab.
    Er sagte schnell: »Bitte, folgen Sie mir.«
    Ich ging neben Webster, vor uns Higgins. Übersehen und als Nachhut hinten gelassen, wurde Schratt immer verzweifelter.
    Schratt ist so unberechenbar. Ich hatte Angst, er könnte mit der Wahrheit herausplatzen, wenn er gerade einen Anfall von Reue bekam. Er hatte versucht, sein Gewissen unter Alkohol zu setzen, doch wie die meisten starken Trinker tröstete ihn das nicht, sondern verstärkte nur seine verzweifelten Gewissensbisse.
    Ich verlangsamte meine Schritte etwas, damit Schratt mich einholen könne. Sein Gang war unsicher, doch ich fürchtete auch, ihn zu stützen, aus Angst, er könne sich einbilden, ich wolle ihm helfen, gerade zu gehen. Sogar solch kleine Geste hätte einen Gefühlsausbruch hervorrufen können.
    Higgins führte uns zur Leichenkammer. An der Tür machte Schratt eine tapfere Anstrengung, sich zu beherrschen, riß sich zusammen und hob die Schultern.
    Nur die eine Leiche, mit einem Laken bedeckt, lag in dem kleinen gekachelten Raum. Ich wußte, es war Donovans Körper, denn der Stoff fiel am Fußende der Bahre zusammen, wo die Füße eines Menschen ihn natürlicherweise hochgebauscht hätten.
    Higgins deckte den Körper auf, und wir starrten alle in Donovans verwesendes Gesicht. Ich fühlte, wie es mir eiskalt über den Rücken lief. An den Bandagen des Kopfes war herumhantiert worden!
    Auch Schratt merkte, daß sie jetzt anders gewickelt waren. Er trat zurück, aber sein Ausdruck veränderte sich nicht. Er nahm das Unglück immer fatalistisch entgegen.
    »Dr. Schratt stellt in dem Totenschein fest, daß Herr Donovan nach der Amputation beider Beine starb. Sie haben nicht zufällig diese Gliedmaßen mit heruntergebracht, Dr. Cory?« fragte Higgins.
    »Falls Sie die Notwendigkeit der Amputation bezweifeln, rate ich, die Beine zu exhumieren. Sie finden sie bei der Leuchtfeuer-Station begraben«, sagte ich kalt und beleidigt.
    Webster, der nichts weniger wünschte als eine weitere medizinische Untersuchung, unterbrach rasch.
    »Wenn Donovan sofort gestorben wäre, könnten wir uns diese fruchtlosen post mortems sparen.« Er wandte sich zur Tür. »Ich glaube, es hat keinen Sinn, den Fall weiter zu diskutieren. Wir machen Donovan nicht wieder lebendig und können nur Streitfragen entfesseln.« Er ließ Higgins deutlich verstehen, daß er den Fall abzuschließen wünschte, aber Higgins ignorierte den Vorschlag.
    »Der Bericht spricht nicht von einer Kopfverletzung«, fuhr Higgins hartnäckig fort.
    »Sie fanden sicher auch, daß die Rippen gebrochen sind«, erwiderte ich ruhig, denn ich wußte, auf was er aus war. »Wünschen Sie das gleichfalls festzulegen? Versuchen Sie, mich der Nachlässigkeit zu bezichtigen? Bitte, wessen klagen Sie mich an? Ich habe alles getan, was ich tun konnte.«
    Higgins überlegte. Er fühlte Schratts wachsende Panik, doch er wußte nicht, was die Ursache dazu war, und das machte ihn unsicher.
    »Lassen Sie uns gehen«, drängte Webster. »Ich fühle mich etwas schlecht ... ich bin nicht gewöhnt an ...«
    Er öffnete die Tür der Leichenkammer und atmete die Luft tief ein, als kämpfe er gegen eine Ohnmacht.
    Wir gingen hinaus. Ich fühlte den kalten Schweiß auf meiner Stirn und wagte nicht, den Kopf zu heben, aus Furcht, mich zu verraten.
    Wir gingen wieder in Higgins Büro.
    »Sie täten besser daran, die Ärzte zu wechseln, Herr Webster!« Higgins mußte unbedingt einen Sündenbock schlachten. »Dr. Schratt hat ganz offensichtlich seine Pflicht vernachlässigt. Es war seine Sache, sich sofort an den Schauplatz des Unfalls zu begeben, nicht einfach jemand anderen hinzuschicken! Doch Dr. Schratt war, wenn ich recht verstanden habe ..., nicht dazu fähig ...«
    Schratt hob sein schlaffes, gedunsenes Gesicht. Er sah zerknirscht aus.
    »Ich sehe mich genötigt, Sie zu entlassen«, sagte Webster schnell zu ihm, froh, daß er etwas gefunden hatte, womit er Higgins beruhigen konnte. »Es tut mir leid, Dr. Schratt!«
    Webster sah mich forschend an und fügte hinzu: »Da ich einen Arzt haben muß, der in der Nähe des Notlandeplatzes wohnt, würde Dr. Cory vielleicht dieses Amt übernehmen.«
    Auf Beifall wartend sah er Higgins an, doch ich war in der Stimmung, alle beide in ihre Schranken zurückzuweisen.
    »Ich habe kein
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