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Donovans Gehirn

Donovans Gehirn

Titel: Donovans Gehirn
Autoren: Curd Siodmak
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einer Frequenz von sechzig Zyklen. Eine Feder kratzte eine schwache Linie auf das sich bewegende Papier. Ich verstärkte die unendlich kleinen Strömungen, die das Hirn aussandte, bis ihre Kraft groß genug war, die Feder zu bewegen.
    Auf dem Papierstreifen zeigte sich die Aktivität von Donovans Denkprozeß in exakten, gleichmäßigen Kurven. Die Kurven wiederholten sich; das Hirn ruhte, dachte jetzt nicht richtig. Die Feder zog kleine Alpha-Kurven, exakt wie die Atmung.
    Ich versuchte die Hinterhauptleitung. Die Abweichungen waren beständig, zehn Zyklen pro Sekunde; mit sehr niedrigen Wellen sieben bis acht Zyklen pro Sekunde.
    Ich berührte das Glas – und sofort verschwanden die Alpha-Wellen. Das Hirn im Glas merkte, daß ich hier stand!
    Auf dem sich bewegenden Papierstreifen erschienen Delta-Wellen, ein sicheres Anzeichen, daß das Hirn gefühlsmäßig gestört war. Jedoch es schien müde zu sein, und plötzlich fiel es wieder in Schlaf. Ich sah das sich wiederholende Muster erneut erscheinen. Das Hirn schlief fest, seine Energien waren durch die schwere Operation erschöpft.
     

Neunzehnter September
     
    Das Krankenhaus in Phoenix rief dreimal an, ich solle herüberkommen und einige Fragen betreffs Donovans Tod beantworten.
    Janice sagte ihnen, ich sei zu stark beschäftigt und würde später kommen.
    Auch Schratt rief an. Janice nahm das Telefon mit in ihr Zimmer und sprach lange mit ihm. Im allgemeinen liebt sie keine langen Telefongespräche, also ahnte ich, daß die Lage in Phoenix verwickelt wurde.
    Als das Hospital zum viertenmal anrief, entschloß ich mich hinzufahren, ehe sie Verdacht schöpften.
    Janice wollte gern mit mir in die Stadt fahren. Schweigend und verschlossen saß sie im Wagen. Es ärgerte mich zu fühlen, daß sie mich aus dem Augenwinkel beobachtete.
    Ich faßte den Entschluß, all die angehäuften Fragen zwischen uns so bald wie möglich zu klären. Ich nahm ihre Intensität übel – sie störte mich bei meiner Arbeit. Die Disharmonie im Haushalt mußte ein Ende haben!
    Als wir in der Stadt ankamen, wünschte Janice im Wagen zu bleiben. Ich fragte sie nicht, warum sie ihren Sinn so plötzlich geändert oder weshalb sie darauf bestanden hatte, überhaupt mitzukommen. Ich ging ins Krankenhaus.
    Am Eingang stand ein dünner, schäbig aussehender Mann mit einer Kamera und machte eine Aufnahme von mir. Das mißfiel mir sehr. Die Schwester am Empfangspult schickte mich direkt zu Dr. Higgins, dem Direktor.
    In Higgins' Wartezimmer saß Schratt, verfallen und grün aussehend. Ich nickte ihm zu, aber seine unruhigen Augen schienen mich nicht zu sehen. Als ich auf ihn zuging, um mit ihm zu sprechen, öffnete Higgins eine Tür und rief mich zu sich hinein.
    Webster, der Leiter der Luftlinie, war bei ihm. Webster wartete keine Formalitäten ab. »Dr. Cory«, sagte er zu mir, »Schratt erzählte mir, daß Sie die Rettungsexpedition zum Lichtwart hinauf geführt haben.«
    »Ja«, erwiderte ich. »Es war das Nächstliegende. Wenn Dr. Schratt in Konapah eine Rettungsmannschaft hätte bilden müssen, wäre er viel später angekommen.«
    »Wenn ich recht verstand – Sie sind nicht praktizierender Arzt in diesem Bezirk?« Higgins sprach scharf, aber ich war auf seine Frage vorbereitet.
    »Ich bin Doktor der Medizin, Herr Higgins«, antwortete ich ebenso scharf wie er. »Bei einem Unfall hat jeder Arzt seine Pflicht zu erfüllen!«
    Ich wandte mich an Webster. Er nickte leichthin, als hätte ich ihn aufgefordert, meine Worte zu bestätigen.
    Webster war unsicher. Der Tote war zu bedeutend, als daß man die Sache mit dem gewöhnlichen Bericht hätte erledigen können. Jede Zeitung im ganzen Land würde diesen Unfall aufblasen und ausschlachten. Websters Handlungen in der Nacht des Unfalls würden in allen Einzelheiten diskutiert werden.
    Donovan hätte nicht gerettet werden können, wenn sämtliche Spezialisten der Mayo-Klinik an der Stelle des Unfalls schon auf ihn gewartet hätten, und das schien Higgins zu wissen. Doch Webster war zu tadeln, daß ein alter Knacker von Arzt in der Nacht des Unfalls Dienst gehabt hatte und ein unbekannter Mediziner eine schwere Operation an einem der reichsten Männer Amerikas vornehmen mußte.
    Es war günstig für mich, daß Webster dringend wünschte, die Tatsachen zu verschleiern und den Zwischenfall so schnell wie möglich abzuschließen. Aber Higgins war auf dem Kriegspfade und wollte Blut sehen. Er rief Schratt herein.
    Schratt war zittrig in den Knien. Er sah
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