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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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warnen.
    Literarhistorisch bedeutend, beginnt so mit dem zweiten Teil des Quixote bereits die kritische Auseinandersetzung mit dem ersten Band von 1605. Den handelnden Figuren sind – als Lesern – nicht nur der erste Teil, sondern auch die Fassung Avellanedas bekannt, und beide Werke werden eifrig kommentiert. In der Häufung von Inszenierungen und karnevalesken Umkehrungen zeigt der zweite Teil eine deutlich barocke Mentalität. Erzähltechnisch ist das Werk sehr komplex angelegt. Die Handlung ist verschachtelt, eingeschobene Geschichten vertiefen und reflektieren das Geschehen; so etwa die Erzählung vom »törichten Vorwitz« (»curioso impertinente«), die der Pfarrer in der Schenke vorliest, während Don Quixote sich im Keller einen Kampf mit Weinschläuchen liefert. Als vielstimmiges Geflecht unterwandert der Text die Instanz des auktorialen und allwissenden Erzählens. Am Ende von Kap. I 8 etwa brechen das Manuskript und damit die Erzählung am dramaturgischen Höhepunkt ab. In I 9 berichtet der »zweite Autor« vom Fund einer arabischen Version des Quixote , verfasst von Cide Hamete Benengeli und von einem Mozaraber ins Spanische übersetzt, die nun wiedergegeben wird – unter ständigen Hinweisen auf die Unzuverlässigkeit des maurischen Gewährsmannes. In mehrfacher Hinsicht ist der Quixote somit ein metaliterarischer Roman. Die Literatur der Zeit und ihre Protagonisten werden besprochen: Erweisen sich im ersten Band der Wirt oder der Pfarrer als ebenbürtige Experten für Ritterromane, sind viele Figuren des zweiten Bandes Leser des ersten Quixote und damit gewissermaßen dessen Rezensenten. In der satirischen Konfrontation und Ablehnung zeitgenössischer Genres – Ritter-, Schäfer-, pikaresker Roman – fungiert der Quixote als literaturkritischer und -geschichtlicher Kommentar. Insbesondere die Bücherverbrennung durch den Pfarrer im sechsten Kapitel des ersten Teils, die nur einige wenige Titel verschont – darunter die eher durchschnittliche Galatea von Miguel de Cervantes –, vermittelt ein ästhetisches Werturteil über die Literatur des spanischen Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. Der Besuch bei einer Druckerei in Barcelona (II 62) gibt Einblicke in den zeitgenössischen Literaturbetrieb und die frühkapitalistische Ökonomie. Darüber hinaus entwirft der Quixote ein ungeschminktes Bild der frühneuzeitlichen spanischen Gesellschaft und der Alltagsrealität der Wirte, Gauner, Prostituierten, Studenten. Don Quixote ist als »hidalgo« Alonso Quijano ein kleiner Landadliger mit bescheidenem Besitz und damit die Karikatur der strahlenden Ritter. Historische Figuren treten auf wie der Räuberhauptmann Roque Guinart, der Schiller für Karl Moor inspirierte. Auch fließen autobiographische Erfahrungen des Verfassers C. ein, etwa in der Episode des Sklaven aus Algier (I 39). Die Reichweite des Romans erschöpft sich nicht in der bloßen Gegenüberstellung von Realem und Imaginärem. Vielmehr wird die Trennung beider Bewusstseinsebenen kontinuierlich infrage gestellt, so auch in der Doppelfigur von Don Quixote und Sancho Pansa, deren Rollen sich im zweiten Band zeitweise umkehren. Als Geschichte eines komplexen Protagonisten, der eine Entwicklung vom Narren zum Weisen durchläuft, steht der Quixote auch in seiner Figurenzeichnung am Beginn der Moderne. In der Figur des fahrenden Ritters vertritt Quixote das ethische Ideal eines »Vorkämpfers für die Wahrheit, wenn auch ihre Verteidigung ihn das Leben kosten sollte« (II 18).
    Zum Nachleben des Quixote müssen Superlative bemüht werden, gilt er doch in der abendländischen Kultur als das nach der Bibel meistrezipierte Buch. Die erste Übersetzung ins Deutsche erschien 1621, unter anderem wurde der Roman von Ludwig Tieck und Ludwig Braunfels übertragen. Stand die frühe Wahrnehmung des Quixote noch ganz im Zeichen der Komik und des satirischen Nachweises spanischer Rückständigkeit, avancierte der »Ritter von der traurigen Gestalt« bei Friedrich Schlegel und den Romantikern zum universellen Helden. Spanien deutete den »quijotismo« ab dem späten 19. Jahrhundert (Miguel de Unamuno) als Essenz seiner nationalen Identität. Im 20. Jahrhundert wurde der Quixote etwa von Michail Bachtin, Jorge Luis Borges und Carlos Fuentes als Auslöser der literarischen Moderne bewertet. Michel Foucault sieht den Quixote am Übergang von Renaissance zu Klassik als epistemologische Wende von Ähnlichkeit zu Repräsentation.
    Zwischen den beiden
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