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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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nichts bemerkt und am Ende nichts angemerkt, noch weniger weiß ich, welchem Autor ich folge, um sie, wie es alle machen, vor dem Anfange nach dem Abc zu ordnen, indem sie beim Aristoteles anfangen und mit dem Xenophon und Zoylus oder Zeuxis endigen, wenn jener auch ein Verleumder und dieser einMaler war. Auch wird es meinem Buche vor dem Anfange an Sonetten fehlen, wenigstens an solchen Sonetten, die Herzöge, Marquesen, Grafen, Bischöfe, Damen und weltberühmte Poeten zu Verfassern haben. Wenn ich freilich zwei oder drei meiner vertrauten Freunde bäte, so weiß ich wohl, daß ich Verse bekommen könnte, und zwar solche, daß ihnen jene nicht gleichkämen, die von den angesehensten Verfassern in unserem Spanien herrühren.
    »Kurz, mein liebster Freund«, so fuhr ich fort, »ich bin entschlossen, daß der Herr Don Quixote in den Archiven von la Mancha begraben bleibe, bis der Himmel ihn mit allen diesen Dingen schmückt, die ihm jetzt mangeln, denn meine Unerfahrenheit und wenige Wissenschaft machen mich unfähig, ihm alles dies zu verschaffen, auch weil ich von Natur zu furchtsam und zu träge bin, das in Autoren aufzusuchen, die das nämliche sagen, was ich ohne sie sagen kann. Dies alles erzeugt in mir jene Angst und tiefe Schwermut, in der du mich gefunden hast: und das, was ich dir soeben erzählt habe, ist dazu mehr als hinreichende Ursache.«
    Als mein Freund dies hörte, schlug er sich vor die Stirn, brach in das lauteste Gelächter aus und sagte: »Bei Gott, erst jetzt komme ich aus meinem Irrtum, in dem ich so lange gelebt habe, seit ich Euch kenne, indem ich Euch nämlich nach allen Euren Handlungen immer für einen vernünftigen und verständigen Menschen gehalten habe. Aber jetzt sehe ich, daß Ihr ebenso weit davon entfernt seid, wie es der Himmel von der Erde ist.
    Wie ist es möglich, daß so geringfügige Dinge, die so leicht zu machen sind, stark genug sein sollen, einen so reifen Geist, wie der Eurige ist, zu binden und zu verwirren, dem es ein leichtes ist, durch weit größere Schwierigkeiten zu brechen? Wahrlich, dies ist nicht Mangel an Geschicklichkeit, sondern nur überflüssige Trägheit. Soll ich Euch den Beweis darüber führen? Nun so hört mir aufmerksam zu, und Ihr werdet sehen, wie ich, indem man eine Hand umwendet, alle Eure Schwierigkeit hebe, allen Mangel, von dem Ihr sprecht, ersetze, der Euch so verwirrt und beängstigt, weshalb Ihr sogar der Welt nicht Euren berühmten Don Quixote schenken wollt, das Licht und den Spiegel der ganzen irrenden Ritterschaft.«
    »Nun so sagt doch«, erwiderte ich, »wie wollt Ihr die Leere meiner Furcht ausfüllen und das Chaos meiner Verwirrung in lichte Ordnung bringen?«
    Worauf er antwortete: »Zuerst was die Sonette, Epigramme und Lobgedichte betrifft, die vor Eurem Buche fehlen und die von würdigen, angesehenen Leuten sein müssen, so macht sich dies bald, denn Ihr dürft Euch nur selbst einige Mühe geben, sie zu schreiben und sie nachher taufen und Namen vorsetzen, welche Ihr nur immer wollt, Ihr könnt ja gar den Priester Johann von Indien oder den Kaiser von Trapezunt adoptieren, von denen ich weiß, daß sie berühmte Poeten sind. Sind sie es nicht gewesen und es kommt irgendein Pedant oder Bakkalaureus, die Euch deshalb necken und die Wahrheit bezweifeln wollen, so sollt Ihr das nur verachten, denn wenn sie Euch selbst der Lüge überführen können, so dürfen sie Euch doch die Hand nicht abhauen, womit Ihr es geschrieben habt.
    In Ansehung der Bücher und Autoren, die Ihr auf dem Rande zitieren wollt und aus denen Ihr Sentenzen und Phrasen in Euer Buch aufgenommen habt, dürft Ihr nur einige Sentenzen und lateinische Brocken, die Ihr auswendig wißt, durcheinanderwerfen, oder die Euch wenigstens nicht viel Mühe machen, sie aufzusuchen, wie zum Beispiel, wenn Ihr von Freiheit oder Sklaverei sprecht:
Non bene pro toto libertas venditur auro. [1]  
    Gleich nennt Ihr auf dem Rande den Horatius oder wer es sonst gesagt hat. Sprecht Ihr von der Macht des Todes, so besinnt Euch nur geschwinde auf das:
Pallida mors aequo pulsat pede
Pauperum tabernas, regumque turres. [2]  
    Sprecht Ihr von der Freundschaft und Liebe, die Gott auch gegen die Feinde befiehlt, so dürft Ihr nur gleich in die Heilige Schrift einbrechen, ja Ihr könnt so keck sein und die göttlichen Worte selbst aufführen:
Ego autem dico vobis diligite inimicos vestros. [3]  
    Handelt Ihr von schlechten Gedanken, so dürft Ihr nur das Evangelium anführen:
De corde
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