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Don Juan 05 - Der zweite Ring der Kraft

Don Juan 05 - Der zweite Ring der Kraft

Titel: Don Juan 05 - Der zweite Ring der Kraft
Autoren: Carlos Castaneda
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unseren. Durch diesen Vergleich erschien die Wichtigkeit, die wir unseren Überzeugungen beimessen, geradezu lächerlich.
    »Kurz bevor Genaro und der Nagual fortgingen«, erzählte la Gorda weiter,
    »nahm er mich an jenen Ort in den Bergen mit, wo diese Käferchen leben. Ich war schon einmal dort gewesen, und die anderen ebenfalls. Der Nagual legte großen Wert darauf, daß wir alle diese kleinen Wesen kennenlernten, obwohl er uns nie erlaubte, sie anzugaffen. Und bei unserem Aufenthalt in dieser Gegend sagte er mir, was ich mit dir machen und was ich dir sagen sollte. Das meiste davon habe ich dir schon gesagt - außer einem Punkt. Und der betrifft die Frage, die du jedem von uns gestellt hast: wo sind der Nagual und Genaro? Jetzt will ich dir genau sagen, wo sie sind. Der Nagual meinte, du würdest dies besser verstehen als wir anderen. Keiner von uns hat den Wächter gesehen. Keiner von uns ist je in der schwefelgelben Welt gewesen, in der er lebt. Du bist der einzige von uns, der dort war. Damals, als du deine zweite Aufmerksamkeit auf den Wächter konzentriertest, folgte der Nagual dir in diese andere Welt. Er hatte die Absicht, mit dir zu gehen, vielleicht für immer - falls du stark genug gewesen wärst, am Wächter vorbeizugehen. Damals entdeckte er auch zum erstenmal die Welt dieser kleinen roten Käfer. Ihre Welt, sagt er, sei das Schönste und Vollkommenste, was man sich vorstellen kann. Als daher die Zeit gekommen war, daß er und Genaro diese Welt verließen, versammelten sie all ihre zweite Aufmerksamkeit und konzentrierten sie auf diese Welt. Dann öffnete der Nagual - wie du selbst gesehen hast - den Spalt zwischen den Welten und sie schlüpften hinein, in diese Welt, in der sie jetzt auf uns warten, bis wir eines Tages zu ihnen kommen. Der Nagual und Genaro liebten die Schönheit. Sie gingen in diese Welt - einfach aus Freude daran.«
    Sie schaute mich an. Ich wußte nichts zu sagen; sie hatte recht gehabt, als sie sagte, die Kraft müsse den richtigen Zeitpunkt für ihre Offenbarung bestimmen, wenn diese denn eine Wirkung auf mich haben sollte. Ich empfand unbeschreiblichen Schmerz. Mir war nach Weinen zumute, und doch war ich weder traurig noch schwermütig. Ich sehnte mich nach etwas Unsagbarem, aber diese Sehnsucht war gar nicht meine eigene. Sie war mir fremd, wie so viele Gefühle und Empfindungen, die ich seit meiner Ankunft erfahren hatte.
    Jetzt fiel mir ein, was Nestor mir über Eligio gesagt hatte. Ich erzählte es la Gorda, und sie bat mich, ihnen von meinen Visionen zu berichten, die ich, nach dem Sprung in den Abgrund, auf meiner Reise zwischen dem Tonal und dem Nagual geschaut hatte. Als ich mit meinem Bericht fertig war, schienen sie alle recht verängstigt. La Gorda sprach mich sofort auf meine Vision der Kuppel an.
    »Der Nagual hat uns gesagt, daß unsere zweite Aufmerksamkeit sich eines Tages auf diese Kuppel konzentrieren wird«, sagte sie. »An diesem Tag werden wir ganz zweite Aufmerksamkeit sein, genau wie Genaro und der Nagual; und an diesem Tag werden wir uns mit ihnen vereinigen.«
    »Du meinst also, Gorda, wir werden gehen, wie wir jetzt sind?«
    »Ja, wir werden gehen, wie wir sind. Der Körper ist die erste Aufmerksamkeit, die Aufmerksamkeit fürs Tonal. Wenn er aber zweite Aufmerksamkeit wird, geht er einfach in die andere Welt. Der Sprung in den Abgrund sammelte für eine Weile all deine zweite Aufmerksamkeit, aber Eligio war stärker, und seine zweite Aufmerksamkeit wurde durch diesen Sprung fixiert. Das ist alles, was ihm widerfuhr; sonst war er genau wie wir alle. Aber wir können nicht wissen, wo er jetzt ist; nicht einmal der Nagual selbst wußte es. Doch wenn er überhaupt irgendwo ist, dann ist er in dieser Kuppel. Oder er springt von Vision zu Vision - vielleicht in alle Ewigkeit.«
    Und dann sagte la Gorda, meine Reise zwischen dem Tonal und dem Nagual habe mir großartig die Möglichkeit bestätigt, daß unser ganzes Sein zweite Aufmerksamkeit werden kann; in geringerem Maß hätte ich dies auch heute erlebt, als wir alle durch mein Ungeschick in der Welt dieser Aufmerksamkeit verloren waren — und auch damals, als sie uns beide auf der Flucht vor den Verbündeten eine halbe Meile weit transportierte. Aber der Nagual habe es - gleichsam als Herausforderung - uns selbst überlassen, ob wir in der Lage wären, unseren Willen oder die Kraft unserer zweiten Aufmerksamkeit so weit zu entwickeln, daß wir sie unbegrenzt und nach Belieben auf alles konzentrieren
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