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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde
Autoren: Giovannino Guareschi
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halte mich an mein Gewissen als Priester. Ich habe mir deine Sünden angehört und verweigere dir nicht die Absolution, wenn du die Buße tust, die ich dir auferlege. Wenn du, eins nach dem anderen, vier Ave Maria, drei Gloria und fünfzehntausend Vaterunser gebetet hast, bist du deiner Sünden ledig. Gott sei gelobt.»
    Don Camillo verließ den Beichtstuhl und ging in die Sakristei.
    Ein wenig später erreichte ihn Peppone im Pfarrhaus.
    «Sie machen sich lustig über mich!» rief Peppone. «Fünfzehntausend Vaterunser!»
    «Ich kann dich nicht zwingen, sie zu beten. Wenn du die Absolution haben willst, dann betest du, wenn nicht, dann betest du eben nicht. Ich beschränke nicht deine Freiheit, du kannst beten oder nicht beten. Ich handle nach den Gesetzen Gottes und der Menschen. Ich habe dir keine Buße auferlegt, die du nicht leisten kannst. Man kann in der Minute recht schön fünf Vaterunser beten, dreihundert in einer Stunde, siebentausendzweihundert in vierundzwanzig Stunden. Wenn man ab und zu eine kleine Erholungspause einschaltet, dann siehst du, daß du in etwa zweieinhalb Tagen fertig sein kannst. Es gibt Leute, die aus Buße wochenlang fasten, du mußt es nur zweieinhalb Tage aushalten! Ich verlange nichts Unmögliches von dir. Natürlich wird dir mein geistiger Beistand nicht abgehen, und von Zeit zu Zeit werde ich kommen, um dir in der Kirche Gesellschaft zu leisten und aufzupassen, daß du nicht einschläfst.»
    Peppone knurrte.
    «Und das alles, weil ich gesagt habe, daß ich für die Kommunisten stimmen werde!»
    «Ach, was! Nur weil ich aus allen deinen Sünden die Überzeugung gewonnen habe, daß du es nötig hast, zwei oder drei Tage den Versuchungen des Lebens fern und in Christi Gesellschaft zu bleiben, wenn du den richtigen Weg wieder finden willst.»
    «Besser allein als in schlechter Gesellschaft!» brüllte Peppone. «Nach diesem Fluch mußt du zur Absolution dreißigtausend Vaterunser beten», sagte Don Camillo.

Der Unschuldige

    Der Wahltermin rückte immer näher, und die Luft wurde mit jedem Tag dicker. Und siehe, eines Abends erschien bei Don Camillo ein alter Mann, klein wie ein Zwerg und ausgedörrt wie eine Zwetschge. Es war einer jener Bettler, die mit einem Käfig und einem Vögelchen herumgehen; und wenn sie ein Almosen bekommen, dann geben sie dafür ein Glücksbrieflein, das der Vogel mit dem Schnabel aus der Schachtel holt, die am Käfig hängt.
    Don Camillo steckte die Hand in die Tasche, um nach der Geldbörse zu greifen, der Alte aber schüttelte den Kopf und reichte ihm ein Päckchen: lauter Geldscheine zu einer Lira, zwei, fünf und zehn Lire.
    «Es sind tausend Lire, Hochwürden, Sie können sie ruhig zählen», sagte der Alte. «Reichen sie für eine Messe?»
    «Sogar zuviel», antwortete Don Camillo.
    «Nun gut, ich komme morgen früh, um mir die Messe anzuhören. Es muß aber eine richtige Prunkmesse sein, mit Katafalk und Kerzen, mit geschmücktem Kirchentor und mit einer Tafel, auf der steht: Und auf dem Katafalk die Fahne.»
    Don Camillo starrte verwirrt den alten Bettler an.
    «Wieso? Geht es vielleicht nicht?» fragte der Alte.
    «Nein, nein, es geht schon.»
    «Gut», sagte zufrieden der alte Bettler. «Wann soll ich kommen?»
    «Um halb elf.»
    «Gut, Hochwürden. Aber vergessen Sie bitte nicht den Namen, der auf die Tafel am Kirchentor kommen soll.»
    «Ja, ja, ich weiß schon. Der Name ist mir nicht neu.»
    Der alte Bettler entfernte sich, und Don Camillo ging, um sich Christus am Hochaltar anzuvertrauen.
    «Wenn morgen jemand die Tafel bemerkt, dann bricht hier die Französische Revolution aus.»
    «Was nun, Don Camillo? Bereust du etwa deine Zusage?»
    «Keine Spur! Ich wollte es Dir einfach nur sagen und Dich bitten, das Tor im Auge zu behalten, wenn ich die Messe lese und nicht hinschauen kann. Und wenn Du vielleicht morgen früh einen kleinen Schneesturm organisieren könntest, wäre ich Dir besonders dankbar.»
    «Und wenn morgen früh die Sonne scheint?»
    «Die Sonne ist das schönste Geschenk, das Gott den Menschen geben kann», flüsterte Don Camillo und verneigte sich tief.
    Am Abend schrieb Don Camillo die Inschrift mit Kreide auf eine gewöhnliche schwarze Holztafel. Und als um neun Uhr der Mesner das Kirchentor aufschloß, ging er selbst hin und hängte die Tafel an den Torpfeiler. Um neun Uhr zwanzig war schon das ganze Dorf in Aufruhr, und kurz darauf erschien der Wachtmeister
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