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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde
Autoren: Giovannino Guareschi
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Priester und mein starker Bürgermeister aus der Bassa geboren wurden.
    Mehr als zweihundertmal habe ich sie schon in Händel verwickelt und gezwungen, die unmöglichsten Dinge der Welt zu tun; so sehr unmöglich, daß sie am Ende geradezu wahr sein können.
    Es ist schon ein Jammer. Andererseits, was soll ich mit ihnen machen, da sie nun einmal auf der Welt sind? Soll ich sie umbringen?
    Nicht daß ich auf mich das Loblied eines «Schöpfers» gesungen haben möchte, ich will gar nicht sagen, daß ich sie geschaffen habe. Ich habe ihnen nur eine Stimme gegeben.
    Wer sie geschaffen hat, ist die Bassa!
    Ich bin ihnen begegnet, ich habe sie unter den Arm genommen, und ich habe sie einfach durch das Alphabet auf und ab gehen lassen.
    Gegen Ende 1951, als der große Strom die Dämme zerstört und die glücklichen Felder der Bassa überschwemmt hatte, bekam ich von ausländischen Lesern Pakete mit Decken und Kleidern «für Don Camillos und Peppones Leute». Das rührte mich ungemein, und ich kam mir vor, nicht irgendein Idiot zu sein, sondern ein wichtiger Idiot.
    Was ich damals über die Bassa und die Kleine Welt zu sagen hatte, habe ich im ersten Band festgehalten. Heute, nach fünf Jahren, erkenne ich, daß meine damals erfundenen Gestalten Wirklichkeit geworden sind, ich befinde mich nach wie vor in voller Übereinstimmung mit meiner Person.
    Ich kenne nicht das Schicksal, das dieser zweiten Welle von Erzählungen widerfahren wird, und ich kümmere mich auch nicht darum. Ich erinnere mich, daß ich als Bub oft am Ufer des großen Stromes gesessen bin und mich gefragt habe: «Wer weiß, ob ich - wenn ich einmal groß bin - das andere Ufer erreichen werde!»
    Ich träumte davon, einmal ein Fahrrad zu besitzen.
    Jetzt bin ich fünfundvierzig Jahre alt und habe das Fahrrad erworben. Und oft setze ich mich wie früher am Ufer des großen Flusses nieder, kaue an einem Strohhalm und denke: «Wieviel besser ist es hier an diesem Ufer.»
    Und ich höre den Geschichten zu, die mir der große Strom erzählt, und die Menschen sagen von mir: «Mit dem Alter wird er eitel.» Es ist aber nicht wahr, weil ich immer eitel war.
    Gott sei Dank!

    Roncole bei Parma, im Mai 1953. Der Verfasser

Die Lampen und das große Licht

    Don Camillo blickte zum Christus am Hochaltar auf und sagte: «Jesus, es gibt auf der Welt zu viele Dinge, die nicht in Ordnung sind.»
    «Ich meine dies nicht», antwortete Christus. «Nur die Menschen sind nicht in Ordnung. Sonst ist alles in Ordnung.»
    Don Camillo ging eine Weile auf und ab. Dann blieb er wieder vor dem Altar stehen.
    «Jesus», sagte er, «wenn ich jetzt zu zählen beginne... eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben... und eine Million Jahre fortfahre zu zählen, werde ich dann jemals zum Ende kommen?»
    «Nein», erwiderte Christus. «Wenn du so tust, bist du wie jener Mensch, der einen großen Kreis auf der Erde zog, ihn abzugehen begann und sprach: Du würdest nie an ein solches kommen.»
    Don Camillo ging schon im Geiste jenen großen Kreis und verspürte den Schauer, der jeden erfaßt, welcher versucht, einen Augenblick aus dem Fenster zu blicken, das in die Unendlichkeit schaut. «Und doch», bestand Don Camillo, «ich behaupte, daß auch die Zahlen ihr Ende haben müssen. Nur Gott ist ewig und unendlich, und wenn die Zahlen kein Ende hätten, wären sie ewig und unendlich wie Gott.»
    «Don Camillo, was hast du eigentlich mit den Zahlen?»
    «Weil nach meiner Meinung die Menschen gerade wegen der Zahlen nicht in Ordnung sind. Sie haben die Zahl entdeckt und aus ihr den höchsten Maßstab der Schöpfung gemacht.»
    Wenn Don Camillo einmal in voller Fahrt war, mußte die Panne kommen. Er ging eine Weile fort, schob den Riegel vor und schritt in der leeren Kirche auf und ab. Dann blieb er wieder vor Christus stehen.
    «Jesus, ist diese Flucht der Menschen in das Blendwerk der Zahl nicht ein verzweifelter Versuch, ihre Existenz als denkende Wesen zu rechtfertigen?»
    Er schwieg eine Weile bekümmert.
    «Jesus, gibt es also keine Ideen mehr? Haben die Menschen bereits alles Denkbare zu Ende gedacht?»
    «Don Camillo, was verstehst du unter Idee?»
    «Für mich, den armen Landpfarrer, ist die Idee eine Lampe, die in der tiefen Nacht der menschlichen Unwissenheit brennt und eine neue Seite der Größe des Schöpfers ins Licht rückt.»
    Christus lächelte.
    «Du bist mit deinen Lampen der Wahrheit nicht einmal so fern, mein armer Landpfarrer.
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