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Dolph Heyliger (German Edition)

Dolph Heyliger (German Edition)

Titel: Dolph Heyliger (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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Kenntnisse der Gegenstand des Gespräches und der Bewunderung des gemeinen Volkes nahe und ferne waren.
    Seine Praxis war ganz verschieden von der anderer Aerzte; sie bestand in geheimnißvollen Mischungen, die nur ihm bekannt waren, bei deren Zubereitung und Anwendung er, wie man sagte, immer die Sterne zu Rathe zog. Die Meinung von seiner Geschicklichkeit, welche insbesondere die deutschen und holländischen Bewohner nährten, war so groß, daß sie in verzweifelten Fällen ihre Zuflucht zu ihm nahmen. Er gehörte zu den untrüglichen Doktoren, die immer schnelle und überraschende Kuren bewirken, wenn der Kranke bereits von allen gewöhnlichen Aerzten aufgegeben worden ist; es müßte denn sein, daß der Fall schon zu lange gedauert hätte, bevor er in seine Hände gelangte. Des Doktors Bibliothek war das Tagesgespräch und Wunder der Nachbarschaft, ja man könnte fast sagen des ganzen Fleckens. Das gute Volk schaute mit Ehrfurcht auf einen Mann, der drei ganze Repositorien voll Bücher, einige von ihnen so groß als eine Familienbibel, gelesen hatte. Die Mitglieder der kleinen lutherischen Kirche stritten sich oft darum, wer wohl der Klügste sei, der Doktor oder der Domine. Einige von seinen Bewunderern gingen gar so weit, daß sie sagten, er wisse mehr als selbst der Gouverneur – mit Einem Wort, man glaubte, daß seine Wissenschaft gar keine Gränze habe!
    Nachdem Dolph in des Doktors Familie aufgenommen worden war, wurde ihm die Wohnung seines Vorgängers übergeben. Es war eine Dachstube eines alten holländischen Hauses, in dem der Regen an die Schindeln schlug, der Blitz leuchtete und der Wind bei stürmischem Wetter durch die Risse pfiff; wo endlich ganze Schaaren hungriger Ratten, gleich donischen Kosaken, allen Fallen und dem Rattengifte zum Trotz herumgaloppirten.
    Er befand sich bald bis über die Ohren in den medicinischen Studien, mußte vom Morgen bis in die Nacht Pillen drehen, Tinkturen filtriren oder in einem Winkel des Laboratoriums die Mörserkeule führen. Während dem nahm der Doktor, wenn er nichts weiter zu thun hatte, oder Kranke erwartete, seinen Sitz in einem anderen Winkel, und überblickte in seinem Morgenanzug und in seiner Sammetmütze den Inhalt einiger Foliobände. Wahr ist es, das einförmige Schlagen der Mörserkeule oder vielleicht das dumpfe Summen der Fliegen lullte dann und wann den kleinen Mann in Schlummer, aber dann sperrte er wieder die Augen weit auf und sah emsig wieder in das Buch.
    Es befand sich auch noch eine andere Person im Hause, der Dolph zu gehorchen verbunden war. Obgleich Junggeselle und ein Mann von großer Würde und Gewicht, stand der Doktor doch, gleich manchem klugen Mann, unter dem Pantoffel. Er war vollkommen der Herrschaft seiner Haushälterin hingegeben, einer sparsamen, geschäftigen, ärgerlichen Hausfrau, mit einer kleinen, runden, gesteppten deutschen Haube und mit einem am Gürtel einer außerordentlich langen Taille klappernden Schlüsselbund. Frau Ilse (oder Frau Ilsy, wie sie ausgesprochen wurde) hatte ihn auf seinen verschiedenen Reisen von Deutschland nach England und von England nach der Provinz begleitet; sie gouvernirte seinen Haushalt, sowie ihn selbst; leitete ihn mit einer milden Hand, führte aber eine hohe Sprache gegen alle übrige Welt. Wie sie eine solche Uebermacht erlangt hatte, wissen wir nicht zu sagen. Es ist wahr, das Volk sagte – aber was sagt das Volk nicht Alles, seit die Welt steht? Wer kann sagen, wie die Frauen im Allgemeinen es anfangen, um die Oberherrschaft zu gewinnen? Es giebt Männer, das ist wahr, die hier und da Herren in ihrem eigenen Hause sind, aber wer hat je einen Junggesellen gekannt, der nicht unter dem Pantoffel seiner Haushälterin gestanden hätte?
    Aber Frau Ilsy’s Gewalt beschränkte sich nicht blos auf des Doktors Haushalt. Sie war eine von den geschäftigen Klätscherinnen, welche die Geschäfte aller Anderen besser als sie selbst verstehen; deren allsehende Augen und allsprechende Zungen der Schrecken der ganzen Nachbarschaft sind.
    Nichts von einiger Wichtigkeit verlautete in diesem kleinen Flecken, Frau Ilsy wußte es. Sie hatte ein Häuflein alter Bekannter, die immer mit einigen kostbaren neuen Bissen zu ihrer Wohnung eilten; ja, sie kramte bisweilen ein ganzes Buch geheimer Geschichten aus, während sie die Thüre zur Straße in der Hand hielt und mit einer dieser geschwätzigen Bekannten im rauhen December schwatzte.
    Man kann sich leicht denken, daß Dolph, zwischen dem Doktor und
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