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Dolph Heyliger (German Edition)

Dolph Heyliger (German Edition)

Titel: Dolph Heyliger (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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konnte. Er war z. B. ein tüchtiger Spieler und gewann an den Weihnachtsfeiertagen alle Gänse und Truthühner. Ebenso war er ein geschickter Reiter; er war berühmt als Springer und Ringer; er spielte erträglich die Geige, schwamm wie ein Fisch und war der Erste im Ball-oder Kegelspiel.
    Alle diese Talente aber setzten ihn in den Augen des Doktors nicht in Gunst; dieser wurde im Gegentheil immer mürrischer und unerträglicher, je näher der Termin seiner abgelaufenen Lehrzeit rückte. Dazu suchte Frau Ilsy jede Gelegenheit auf, einen Sturmwind ihm um die Ohren sausen zu lassen, und selten traf sie außer dem Hause mit ihm zusammen, ohne ihrer Zungenfertigkeit freien Lauf zu geben, so daß endlich das Klappern ihrer Schlüssel, wenn sie in seine Nähe kam, für Dolph wie das Läuten der großen Glocke klang. Nur die nie verschwindende gute Laune des unbedachtsamen Burschen setzte ihn in den Stand, alle diese häusliche Tyrannei ohne offene Empörung zu ertragen. Es war klar, daß der Doktor und seine Haushälterin daran waren, zur Zeit, wenn der Termin zu Ende ging, den armen Jungen aus dem Neste zu werfen, ein kurzer Prozeß, dessen sich der Doktor öfter bei unnützen Schülern zu bedienen pflegte.
    Wirklich war der kleine Mann in der letzten Zeit in Folge verschiedener Sorgen und Plagen, die ihm aus seinem Landsitze erwuchsen, ungewöhnlich reizbar geworden. Der Doktor wurde häufig durch die über sein altes Haus umgehenden Gerüchte und Erzählungen beunruhigt und fand es schwer, den Landmann und seine Familie zu bewegen, auch unentgeltlich da zu bleiben. Jedesmal, wenn er nach dem Landgut ritt, wurde er durch neue Klagen über seltsame Geräusche und furchtbare Erscheinungen, durch welche die Bewohner bei Nacht geängstigt wurden, belästigt; und der Doktor kam ärgerlich und zornig nach Haus und ließ seine Galle an dem ganzen Haushalt aus. Es war ihm aber der Aerger nicht zu verübeln, denn die Sache ging sowohl seinen Stolz als seinen Beutel an. Es drohte ihm der gänzliche Verlust irgend eines Ertrags seines Eigenthums, und dann, welche Demüthigung für einen Landgutbesitzer, Herr eines verzauberten Hauses zu sein!
    Man bemerkte sehr bald, daß der Doktor trotz aller Plagen sich niemals entschloß, in dem Hause selbst zu schlafen; ja er konnte nie dazu beredet werden, auf dem Gut zu bleiben, wenn es dunkel geworden war, sondern trat seinen Rückweg nach der Stadt an, sobald die Fledermäuse anfingen im Zwielicht herumzufliegen. Die Sache war aber die, der Doktor glaubte im Geheimen an Geister, da er den früheren Theil seines Lebens in einem Lande zugebracht hatte, wo sie ganz besonders häufig zu finden waren; ja es wird erzählt, daß, als er noch ein Knabe war, er einmal sogar den Teufel auf dem Harzgebirge in Deutschland gesehen habe.
    Endlich kamen des Doktors Aergernisse über diesen Punkt zu einer Krise. Eines Morgens, als er eben halb schlummernd über einem Buch in seinem Studirzimmer saß, fuhr er plötzlich zusammen, weil die Haushälterin hereinstürmte.
    »Das ist eine schöne Geschichte«, rief sie, als sie eintrat. »Da ist Claus Hopper mit Sack und Pack von dem Landgut gekommen und schwört, daß er nichts mehr damit zu thun haben wolle. Die ganze Familie hat fast vor Furcht den Verstand verloren, denn es herrscht ein solches Lärmen und Toben in dem alten Hause, daß sie nicht ruhig in ihren Betten schlafen können.«
    »Donner und Blitz!« rief der Doktor ungeduldig. »Hat das Geschwätz über das Haus denn kein Ende? Was sind das für Narren! lassen sich von einigen Ratten und Mäusen so in Furcht setzen, daß sie ihre schöne Wohnung aufgeben.«
    »Nein, nein«, sagte die Haushälterin, indem sie ihren Kopf schüttelte und beleidigt that, daß man ihre schöne Geistergeschichte in Zweifel zog, »da handelt es sich um etwas Anderes als um Ratten und Mäuse. Die ganze Nachbarschaft spricht von dem Hause und von den Erscheinungen, die darin gesehen worden sind. Peter de Groodt sagt mir, daß die Familie, die Ihnen das Haus verkauft hat und nach Holland gezogen ist, mehre seltsame Anspielungen darüber habe verlauten lassen und geäußert habe: sie wünschte Ihnen viel Glück zu dem Handel, und Sie wissen ja selbst, daß keine Familie darin leben kann.«
    »Peter de Groodt ist ein Pinsel, ein altes Weib«, sagte der Doktor empfindlich; »ich will dafür thun, daß er nicht die Köpfe des Volks mit solchen Geschichten anfüllt. Es ist dasselbe wie mit seinem Unsinn von dem Geiste, der auf
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