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Dolores

Dolores

Titel: Dolores
Autoren: Stephen King
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unerfreuliches Schulzimmer, habe ich recht? 
    »Na schön«, sagte Vera, »versuchen wir es miteinander, Dolores St. George - obwohl ich annehme, daß Sie, selbst wenn Sie Ihre Sache gut machen, in ungefähr einem Jahr wieder schwanger sein werden, und dann haben wir uns zum letzten Mal gesehen.«
    Tatsache war, daß ich schon damals im zweiten Monat schwanger war; aber das hätten keine zehn Pferde aus mir rausgebracht. Ich wollte die zehn Dollar die Woche haben, die der Job einbrachte, und ihr könnt mir glauben, wenn ich sage, daß ich jeden Heller und Pfennig davon verdient habe. Ich habe geschuftet wie eine Besessene in diesem Sommer, und als der Labor Day näherkam, fragte mich Vera, ob ich weitermachen wollte, wenn sie nach Baltimore zurückgekehrt waren - ihr wißt ja, daß jemand da sein muß, der ein so großes Haus das ganze Jahr hindurch in Ordnung hält -, und ich sagte, gern.
    Ich machte meine Arbeit bis vier Wochen, bevor Joe Junior zur Welt kam, und fing wieder an, noch bevor ich ihn entwöhnt hatte. Im Sommer ließ ich ihn bei Arlene Cullum - Vera wollte kein brüllendes Baby im Haus. Aber nachdem sie und ihr Mann wieder abgereist waren, brachte ich sowohl ihn als auch Selena mit. Selena konnte ich meistens sich selbst überlassen - schon bevor sie drei war, konnte man ihr die meiste Zeit vertrauen. Joe Junior schleppte ich auf meiner täglichen Runde mit mir herum. Er tat seine ersten Schritte im Schlafzimmer der Donovans; das hat Ver. natürlich nie erfahren, das könnt ihr mir glauben.
    Sie rief mich eine Woche nach der Entbindung an (fast hätte ich ihr keine Anzeige geschickt, doch dann kam ich zu dem Schluß, wenn sie glauben sollte, ich wäre auf ein hübsches Geschenk aus, dann wäre das ihr Problem), gratulierte mir zur Geburt eines Sohnes, und kam dann auf den Punkt, um dessentwillen sie in Wirklichkeit angerufen hatte - daß sie die Stelle für mich offenhielt. Ich glaube, sie wollte, daß ich mich geschmeichelt fühlte, und das tat ich. Es war so ziemlich das größte Kompliment, das eine Frau wie Vera machen kann, und es bedeutete mir wesentlich mehr als die Gratifikation von fünfundzwanzig Dollar, die in Form eines Schecks im Dezember dieses Jahres mit der Post kam.
    Sie war hart, aber gerecht, und in ihrem Haus war immer sie der Boss. Ihr Mann war ohnehin von zehn Tagen nur einen anwesend, selbst in den Sommern, in denen sie ständig dort wohnten; aber auch wenn er da war, wußte man immer noch, wer das Sagen hatte. Kann sein, daß es zwei- oder dreihundert leitende Angestellte gab, die die Hosen fallen ließen, wenn er Scheiße sagte, aber auf Little Tall Island war Vera der Boss beim Preisschießen, und wenn sie ihm sagte, er sollte die Schuhe ausziehen und aufhören, auf ihrem hübschen, sauberen Teppich Dreck zu hinterlassen, dann tat er es.
    Und wie ich schon sagte, alles mußte auf eine bestimmte Art und Weise getan werden. Ich weiß nicht, wo sie ihre Ideen herhatte - obwohl ich so das Gefühl habe, daß es da einmal ein Mädchen gab, das eine Menge Fußböden geschrubbt hat, bevor es eine Goldmine heiratete -, aber ich weiß, daß sie eine Gefangene dieser Ideen war. Wenn die Dinge nicht auf eine bestimmte Art erledigt wurden, bekam sie Kopfschmerzen. Sie verbrachte einen so großen Teil ihres Tages damit, alles mögliche zu überprüfen, daß ich oft gedacht habe, daß es um ihren Seelenfrieden wesentlich besser bestellt gewesen wäre, wenn sie einfach aufgegeben und das Haus selbst in Ordnung gehalten hätte.
    Alle Badewannen mußten mit Spic n Span saubergemacht werden. Nicht mit Lestoil, nicht mit Tide, nicht mit Top Job, nicht mit Mr. Clean. Nur mit Spic n Span. Wenn sie einen dabei erwischte, daß man eine Wanne mit etwas anderem saubermachte, dann gnade dir Gott.
    Wenn es ums Bügeln ging, mußte man eine spezielle Sprühdose mit Stärke für die Kragen der Hemden und Blusen verwenden, und es gab ein Stück Gaze, das man über den Kragen zu legen hatte, bevor man ihn einsprühte. Soweit ich das beurteilen kann, hat die dämliche Gaze nicht das geringste bewirkt, und ich muß in diesem Haus mindestens zehntausend Hemden und Blusen gebügelt haben; aber wenn sie ins Wäschezimmer kam und sah, daß man Hemden bügelte ohne dieses Stückchen Gaze auf einem Kragen oder daß es nicht wenigstens am Ende des Bügelbrettes hing, dann gnade dir Gott.
    Wenn man vergessen hatte, den Ventilator in der Küche anzustellen, wenn man irgendwas briet, dann gnade dir Gott.
    Die
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